Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
zu verpacken.
»Das hatte mit Terrorismus nichts zu tun. Es war ein Verbrechen, und ich war das Opfer.«
»Sie haben siebenunddreißig Einschusslöcher in Ihrem Fahrzeug, Mr. King. Laut unseren Geschäftsbedingungen ist das kein Verbrechen, sondern Terrorismus.«
»Das bestimmen Sie anhand der Zahl der Einschusslöcher? Das ergibt doch keinen Sinn!«
»Sie können jederzeit gegen die Entscheidung Einspruch einlegen.«
»Wirklich? Was sagen denn Ihre Geschäftsbedingungen über die Chancen, dass ich den Prozess gewinne? Weniger als null?«
Miss Gutgelaunt hatte ihm daraufhin kurz und knapp für sein Vertrauen gedankt und aufgelegt.
Sean ließ den Motor an und wollte gerade losfahren, als jemand an die Scheibe klopfte. Er drehte sich um. Es war eine Frau, Anfang dreißig, blondes Haar, gut gebaut, ein bisschen zu viel roter Lippenstift und ausgetrocknete Haut von zu viel Make-up im Kampf gegen hochauflösende Kameras. Die Frau hielt ein Mikrofon in der Hand.
Sean schaute an ihr vorbei und sah den Ü-Wagen, der die Ausfahrt versperrte.
Scheiße.
Sean ließ das Fenster herunter.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Sean King?«
»Ja. Hören Sie, ich habe eine Presseerklärung abgegeben. Die können Sie sich gerne besorgen.«
»Die neuesten Entwicklungen rechtfertigen ein erneutes Nachfragen.«
»Was denn für Entwicklungen?«
»Haben Sie vertrauliche Daten aus dem Büro von Tuck Dutton gestohlen?«
Sean zog sich der Magen zusammen, und die Galle kam ihm hoch.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Leugnen Sie, in seinem Büro gewesen zu sein?«
»Ich leugne weder etwas, noch gebe ich etwas zu.«
»Tuck Duttons Firma arbeitet an streng geheimen Projekten für das Heimatschutzministerium.«
»Sind Sie Reporterin oder Pressesprecherin eines Unternehmens? Ich kann das nicht mehr so recht unterscheiden.«
»Ist Ihnen klar, dass es ein Verbrechen ist, das Eigentum anderer zu stehlen? Und dass man Sie des Landesverrats anklagen könnte, sollten Sie vertrauliche Informationen zum Zweck der Spionage entwendet haben?«
»Okay, jetzt reden Sie wie ein Möchtegernanwalt. Ich hingegen bin echt. Wenn Sie Ihrem Freund jetzt also nicht sagen, er soll seinen Van zur Seite fahren, werde ich mal sehen, wie weit ich ihn mit meinem Wagen schieben kann. Und dann werde ich ihn aus der Fahrerkabine zerren und einen Akt der Körperverletzung begehen. Allerdings werde ich es Notwehr nennen. Und die ist nicht strafbar.«
»Wollen Sie uns drohen?«
»Ich stehe kurz davor, die Cops zu holen und Sie wegen Freiheitsberaubung und Nötigung anzuzeigen. Schlagen Sie das ruhig mal in Ihrem Jura für Anfänger nach. Es könnte sich lohnen.«
Sean ließ den Motor aufheulen und legte den Rückwärtsgang ein.
Die Frau sprang zurück, und der Ü-Wagenfahrer trat gerade noch rechtzeitig aufs Gas, um Sean auszuweichen.
Eine halbe Stunde später ging Sean zu Tucks Krankenzimmer. Seine Laune verschlechterte sich mit jedem Schritt. Natürlich hatte er sich die Informationen besorgt, aber nicht, weil er ein Spion war, sondern weil er feststellen wollte, ob Tuck mit dem Mord an seiner Frau zu tun hatte. Sicher, das konnte man als Straftat auslegen, aber es war nicht das erste Mal, dass er die Regeln ein wenig gebeugt hatte. Deshalb war er auch nicht wütend. Irgendjemand wollte ihm eins auswischen, und er wollte wissen, wer und warum.
Sean zeigte seinen Ausweis einem der Secret-Service-Agenten im Flur. Da die First Lady anwesend war, nahmen sie sich besonders viel Zeit, ihn zu filzen. Dann winkten sie ihn durch. Tuck saß auf einem Stuhl neben dem Bett. Jane Cox stand neben ihm, die Hand unterstützend auf die Schulter ihres Bruders gelegt.
Zwei Agenten standen an der Wand, bis Jane sagte: »Bitte warten Sie draußen.« Ein stämmiger Agent schaute Sean durchdringend an, als er und sein Partner sich zur Tür bewegten. »Wir sind direkt draußen, Ma'am.« Er schloss die Tür hinter sich. Sean drehte sich zu den beiden Geschwistern um.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte Jane.
»Es hörte sich nach einer wichtigen Sache an. Ich hoffe, so ist es auch.«
Seans schroffe Art schien Jane zu überraschen. Bevor sie etwas erwidern konnte, richtete Sean seine Aufmerksamkeit auf Tuck. »Offenbar fühlst du dich schon besser. Die Mutter aller Gehirnerschütterungen verheilt anscheinend gut, oder?«
»Es tut noch immer höllisch weh«, erwiderte Tuck abwehrend.
Sean zog sich einen Stuhl heran und setzte sich den beiden
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