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Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug

Titel: Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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eine Theorie, und noch dazu nicht allzu plausibel. Denk mal darüber nach. Warum sollte jemand wegen eines Regierungsauftrags deine Frau töten und Willa entführen? Dawson kann dich schon mit Cassandra fertigmachen. Er hat also kein Motiv. Gibt es sonst noch Mitbewerber, die die Todesstrafe für den Vertrag riskieren würden?«
    »Ich glaube nicht. Die Konkurrenz bei Regierungsaufträgen ist brutal, aber nicht so brutal.«
    »Sehr gut. Danke, dass du zur Logik zurückfindest. Eine andere Theorie wäre, dass der Typ etwas mit Willas Verschwinden und Pams Tod zu tun hat - und das hat mit dem, was du angerichtet hast, nun wieder gar nichts zu tun.«
    »Aber wie kann das sein? Warum sollte der Kerl Pam anrufen und sich mit ihr treffen, wenn er so was vorhat?«
    »Hast du je davon gehört, dass man sich unter falschem Vorwand mit jemandem trifft, um intime Einblicke zu bekommen? Ihr Jungs im Regierungsgeschäft scheint das doch zu einer Wissenschaft entwickelt zu haben.«
    »Ja«, sagte Tuck, »ich weiß, was du meinst.«
    »Hast du dem FBI etwas davon erzählt? Über Cassandra und den Kerl, den du mit Pam gesehen hast?«
    »Natürlich nicht. Warte mal ... muss ich?«
    »Frag nicht mich. Ich bin nicht dein Anwalt. Aber wenn ich wieder in der Stadt bin, werden du und ich mal ein paar Dinge mit deiner Schwester klarstellen.«
    »Wieder in der Stadt? Wo bist du denn?«
    »In Tennessee.«
    »Warum?«
    »Beerdigung.«
    »Himmel! Jetzt fällt es mir wieder ein. Pam wird am Freitag beerdigt. Jane kümmert sich um alles.«
    »Ja, da bin ich sicher.«
    »Bist du bis dahin wieder zurück?«
    »Ja. Aber weißt du was, Tuck?«
    »Was?«
    »Ich werde wegen Pam kommen, nicht wegen dir. Und wo du gerade so wahrheitsverliebt bist ... Ist Willa adoptiert?«
    »Was?« Tuck klang schockiert.
    »Bei der Autopsie wurde festgestellt, dass Pam nur zwei Kaiserschnitte hatte, und auf normalem Weg konnte sie keine Kinder bekommen. Ihr habt aber drei Kinder. Also, welches ist adoptiert? Willa?«
    Tuck legte auf.
    »Danke für die Antwort«, knurrte Sean vor sich hin.

36.
    Q uarry holte den dicken Schlüsselbund heraus, fand den richtigen und öffnete die zehn Zentimeter dicke Tür, die vor fast zwei Jahrhunderten gezimmert worden war. Atlee war ein Gewirr unterschiedlicher Elemente: teils Südstaatenadel, teils White Trash, teils amerikanische Geschichte. Letzteres wurde vor allem von dem Zimmer verkörpert, das Quarry nun betrat. Es lag im Innersten des Haupthauses und war so tief in der Erde vergraben, dass man dem Übelkeit erregenden Geruch von feuchtem rotem Ton nicht entkommen konnte. In dieses Zimmer hatten Quarrys Vorfahren die widerspenstigsten Sklaven geschickt und längere Zeit dort festgehalten, damit sie den Rest der »unfreien« Bevölkerung nicht mit ihren Ideen anstecken konnten. Quarry hatte die Hand- und Fußfesseln von der Wand entfernt wie auch die hölzernen Trennwände der Zellen. Auf diesen Teil der Familiengeschichte konnte er durchaus verzichten.
    Hier unten waren Menschen gestorben. Quarry wusste das aufgrund der umfassenden Aufzeichnungen seiner Familie von Sklavenhaltern. Männer, Frauen, sogar Kinder. Manchmal, wenn er nachts hier unten war, glaubte er ihr Stöhnen zu hören, ihre letzten Atemzüge und ihr kaum hörbares Lebewohl.
    Quarry zog die Tür hinter sich zu und schloss wieder ab. Wie immer bemerkte er dabei die tiefen Kratzspuren auf der dicken, handgesägten Eiche, Zeugnis der verzweifelten Versuche der hier Eingesperrten, wieder in Freiheit zu gelangen. Wenn man genau genug hinschaute, sah man sogar die Spuren von uraltem Blut auf dem Holz. Den Aufzeichnungen nach, die Quarry gesehen hatte, wusste er, dass keinem Einzigen die Flucht von hier gelungen war.
    Die Wände waren inzwischen mit bemaltem Sperrholz verkleidet. Quarry hatte das selbst gemacht. Es war eine schwere Arbeit gewesen, doch es hatte ihm gefallen. Er hatte es schon immer gemocht, wenn er am Ende des Tages müde von der Arbeit war.
    Auf der Holzverkleidung waren Arbeiten, die ganze Jahre in Quarrys Leben repräsentierten. Da waren Schiefertafeln, die er aus vom Abriss bedrohten Schulen gerettet hatte, und Whiteboards aus Firmenauflösungen. Und alle diese Flächen waren mit Quarrys präziser, im Heimunterricht erlernter Schrift bedeckt. Eine ganze Sammlung von Fakten war hier miteinander verbunden, alle in unterschiedlichen Farben hervorgehoben. Es sah aus wie das Kunstwerk eines Mathematikers oder Physikers. Manchmal fühlte Quarry sich wie

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