Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
Büro, schloss sie hinter sich, zog ihre Schreibtischschublade auf und nahm den Brief und den Schlüssel heraus.
Wann würde sie es bekommen? Was würde darin stehen? Und was würde sie dann tun?
Jane schaute auf die Uhr. Es war schon spät, aber sie war die First Lady.
Sie rief an und weckte ihn.
»Jane?«, fragte Sean King benommen.
»Tut mir leid, dass ich so spät noch anrufe«, sagte Jane. »Du kommst natürlich zur Beerdigung.« Es war keine Frage.
»Ironischerweise war ich gerade auf einer.«
»Was?«
»Das ist eine lange Geschichte. Ja, ich habe zumindest vor zu kommen.«
»Tuck hat mir erzählt, dass du angerufen hast.«
»Hat er dir auch erzählt, worüber wir gesprochen haben?«
»Das war ein Fehler, Sean. Tut mir leid. Wir hätten von Anfang an ehrlich zu dir sein sollen.«
»Ja, stimmt.«
»Ich habe mir nur Sorgen gemacht, weil ...«
»Weil dein Bruder seine Frau nach Strich und Faden betrogen hat?«, half Sean ihr aus.
»Weil das dem Präsidentschaftswahlkampf hätte schaden können.«
»Und das können wir natürlich nicht zulassen.«
»Sei bitte nicht so zynisch. Das kann ich im Augenblick nicht gebrauchen.«
»Deine Sorge war übrigens berechtigt. Aber im Nachhinein betrachtet war es für mich eher ein Umweg, eine Zeitverschwendung, die ich mir genauso gut hätte sparen können.«
»Dann glaubst du also nicht, dass es etwas mit Willas Verschwinden zu tun hat?«
»Ob ich das mit Sicherheit weiß? Nein. Aber mein professioneller Instinkt sagt mir, dass dem nicht so ist.«
»Und was jetzt?«
»Erzähl mir von Willa.«
»Warum?«
»Pam hatte nur zwei Kinder, beide per Kaiserschnitt zur Welt gebracht.«
Jane gefror das Blut in den Adern. »Pam hatte drei Kinder, wie du ganz genau weißt.«
»Okay, aber sie hat nicht alle drei geboren. Das hat die Obduktion bestätigt. Ich habe schon mit Tuck darüber gesprochen. Ich dachte, er hätte es dir erzählt.«
Natürlich hatte Tuck es ihr erzählt, aber sie hatte nicht die Absicht, das Sean zu verraten. »Was genau willst du damit sagen?«, fragte sie.
»Dass eines der Kinder nicht von Pam ist. Hat Tuck ein Kind mit einer anderen Frau gehabt? Und war dieses Kind Willa?«
»Das kann ich nicht beantworten.«
»Kannst du nicht oder willst du nicht?«
»Warum ist das so wichtig?«
Sean setzte sich in seinem Hotelbett auf. »Ist das dein Ernst? Wenn Willa nicht Pams Tochter ist, könnten ihre echte Mom oder ihr echter Dad die Entführer sein.«
»Willa ist zwölf. Warum sollte jemand so lange warten?«
»Das habe ich auch zuerst gedacht. Tatsache aber ist, dass ich diese Frage nicht beantworten kann. Und ich bin überzeugt, dass ich die Antwort darauf brauche, wenn wir diesen Fall lösen und Willa finden wollen. Also, kannst du mir nun helfen oder nicht?«
»Ich weiß nichts darüber.«
»Nun, wenn Willa wirklich Pams Tochter ist, muss sie vor zwölf Jahren mit ihr schwanger gewesen sein. War sie?«
»Ich ... Sie ... Jetzt erinnere ich mich. Sie haben damals nicht in den Staaten gelebt. Sie waren in Italien. Tuck hat da gearbeitet. Und wenn ich jetzt darüber nachdenke ... Sie sind kurz nach Willas Geburt wieder zurückgekehrt.«
Sean lehnte sich auf dem Bett zurück. »Wie passend. Du weißt also nicht mit Sicherheit, dass sie schwanger war? Hast du je Fotos gesehen? Von der Mutter und dem Neugeborenen im Krankenhaus vielleicht? Oder hast sie mal drüben besucht? Eltern halten doch jedem ungefragt Bilder ihrer Sprösslinge unter die Nase.«
»Du lässt schon wieder den Zyniker raushängen«, sagte Jane kalt.
»Nein, ich hake nur höflich nach.«
»Okay, ich gebe zu, dass ich nicht mit absoluter Sicherheit sagen kann, dass Willa Pams Tochter ist. Aber ich habe es immer geglaubt. Lass es mich so formulieren: Ich hatte nie einen Grund, es nicht zu glauben.«
»Wenn du irgendwas vor mir verbirgst, finde ich früher oder später die Wahrheit heraus, und die könnte dir gar nicht gefallen.«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Ein Mitglied der First Family zu bedrohen, ist eine Straftat, wie du genau weißt, und ich bin einer von den guten Jungs. Wir sehen uns dann auf der Beerdigung, Mrs. Cox.«
Sean legte auf.
Jane schaute auf den Brief und den Schlüssel in ihrem Schreibtisch, stand auf und wäre fast in ihre Wohnung zurückgerannt. Dort angekommen zog sie sich aus, legte sich wieder ins Bett und lauschte dem leisen Schnarchen ihres Mannes. Dan hatte nie Probleme mit dem Einschlafen. Selbst wenn er bis früh am Morgen am
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