Search inside yourself
Abend kam sie über dreiÃig Schritte weit. Als sie diese Hürde genommen hatte, konnte sie laufen. An jenem Tag lernte sie das Laufen. (Seufz.)
Ich habe deutliche Parallelen zwischen dieser Erfahrung und meiner Meditationspraxis entdeckt. Wie es scheint, vollzieht
sich der Meditationsfortschritt in zwei Stufen, die ich »Einstieg« und »Konsolidierung« nenne. Die »Einstiegsphase« beginnt, wenn Sie erstmals Zugang zu einem geistigen Zustand erhalten, in dem Sie ruhig und wachsam sind, in dem Ihr Denken von einem Gefühl tiefer Freude durchdrungen wird, aus dem Sie aber nach nur zwei Minuten wieder herausfallen. Dieses Stadium ähnelt der Situation eines Kindes, das seinen allerersten Schritt macht. Endlich hat es Zugang zur Erfahrung des Gehens. Endlich weià es, wie sich das anfühlt. Aber dieser Zustand hält nur einen oder vielleicht zwei Schritte lang an, dann ist er wieder vorbei.
Die Konsolidierungsphase umfasst den langen Prozess, bis das Kind nach diesem einen Schritt in der Lage ist, durchs ganze Haus zu laufen. Beim Meditationsschüler entspricht dies der Fähigkeit, sich auf Kommando in einen geistigen Zustand der gewünschten Intensität und Dauer versetzen zu können. In dieser Phase ähnelt der Fortschritt einer Exponentialfunktion, die graphisch dargestellt wie ein Hockeyschläger aussieht. Das heiÃt, Sie erleben ein frustrierend langes Stadium, in dem Sie scheinbar keine gröÃeren Fortschritte machen, um dann mit einem Mal â wumm  â innerhalb von sehr kurzer Zeit enorm voranzukommen und zur vollen Konsolidierung zu gelangen. Es ist wie bei meiner Tochter, die monatelang nicht mehr als zwei Schritte machen konnte und mit einem Mal innerhalb von zwei Tagen das Laufen lernte. Bei einem oberflächlichen Betrachter mag dadurch der Eindruck entstehen, sie hätte in nur zwei Tagen das Laufen gelernt. In Wirklichkeit hat sie über drei Monate dazu gebraucht. Nur ihr unermüdliches Ãben über drei Monate hinweg hat diese letzten beiden Tage des plötzlichen Fortschritts und der Meisterschaft möglich gemacht.
Ich denke, Sie sollten daraus lernen, sich nicht entmutigen zu lassen, wenn es den Anschein hat, als blieben die Meditationsfortschritte
aus. Wenn Sie den Prozess verstehen, wissen Sie auch, dass sich Veränderungen sehr plötzlich einstellen, und jeder Moment der Anstrengung bringt Sie diesem Punkt näher. Die klassische Analogie dazu ist der Augenblick, in dem die Eisschicht auf einem zugefrorenen See bricht. Dem oberflächlichen Betrachter mag dies recht plötzlich erscheinen. In Wirklichkeit aber ist diesem Augenblick eine lange Phase vorangegangen, in der die tieferliegenden Eisschichten nach und nach geschmolzen sind. Im Zen bezeichnen wir das als fortschreitendes Bemühen und plötzliche Erleuchtung.
»Sie ist schon sehr weit fortgeschritten.«
Passen Sie deshalb das nächste Mal gut auf, wenn Sie sehen, wie ein Baby Laufen lernt. In Wirklichkeit ist dieses Kind ein Zen-Meister und kann Ihnen das eine oder andere über den Fortschritt beim Meditieren beibringen. (Alle mal seufzen, bitte.)
KAPITEL VIER
Natürliches Selbstvertrauen aus garantiert biologischem Anbau
Von der Selbstwahrnehmung zum Selbstvertrauen
»Probleme lassen sich niemals auf der Ebene des Denkens lösen,
auf der sie auch entstanden sind.«
â Albert Einstein
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Es war einmal vor langer Zeit ein Dieb in Indien, der auf seiner Flucht vor den Wachen einen Bettler bemerkte, welcher in einer dunklen Gasse schlief. Heimlich steckte er ihm das kleine, aber unermesslich kostbare Schmuckstück, das er gerade gestohlen hatte, in die Rocktasche. Dann machte er sich davon. Wenn er die Wachen abgehängt hatte, wollte er wiederkommen und sich den Schmuck zurückholen. Doch dann kam der Dieb noch in derselben Nacht bei einem Kampf mit seinen Verfolgern ums Leben. Der Bettler war nun ein reicher Mann. Der Schatz in seiner Tasche war so wertvoll, dass er bis an sein Lebensende davon angenehm hätte leben können. Doch da er
nicht ein einziges Mal in seine Rocktasche sah, wusste er nichts davon und blieb sein Leben lang ein Bettler.
Man weià nie, was einen erwartet, wenn man den Blick nach innen wendet. Es könnte sein, dass man verborgene Schätze findet.
Klarheit
In diesem Kapitel geht es darum, einen Blick ins eigene Innere zu werfen. Wollte man das ganze Kapitel mit einem
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