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Sechs Brüder wie wir

Sechs Brüder wie wir

Titel: Sechs Brüder wie wir
Autoren: Ravensburger
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sauber geschrubbt seid, Kinder, geht nach draußen spielen und genießt die frische Landluft!“
    Papa war schon im Hof und half Opa Jean bei Ausbesserungsarbeiten.
    Papa liebt das Heimwerken. Er stand gerade ganz oben auf einer Leiter und strich das schmiedeeiserne Tor neu an, als Jean Fünf wie eine Rakete auf seinem Dreirad angeschossen kam. Jean Fünf versuchte noch zu bremsen, aber weil die Zufahrt mit Sand ausgestreut war, geriet er mit seinem Dreirad ins Schleudern und – wumm!, raste er in die Leiter hinein.
    Papa stieß einen Fluch aus, die Leiter mitsamt Farbeimer kippte um und Papa baumelte am Träger der blauen Latzhose, die Opa Jean ihm ausgeliehen hatte, von der Spitze eines schmiedeeisernen Gitterstabs.
    Daraufhin mussten wir alle kräftig lachen, bis auf Papa, der unseren Sinn für Humor diesmal nicht teilte. Opa Jean kletterte die Leiter hoch, um Papa zu befreien. Sobald er wieder Boden unter den Füßen hatte, das wussten wir, würde es für Jean Fünf was setzen.
    „Auf dein Zimmer, und zwar sofort!“, brüllte Papa.
    Danach waren Jean Drei und Jean Vier an der Reihe.
    Papa, dem das Heimwerken nicht mehr so viel Spaß zu machen schien, half Opa Jean dabei, rings um den kleinen Weiher einen Maschendrahtzaun anzubringen, damit keiner von uns ins Wasser fiel. Jean Drei hatte im Schuppen einen alten Fußball gefunden und spielte mit Jean Vier Elfmeterschießen. So lange, bis der Ball wie eine Rakete durch die Luft geschossen kam, über den Zaun hinwegflog und – platsch! – im Tümpel landete, sodass Papa einen Schwall grünes Wasser und Entengrütze abkriegte.
    „Auf euer Zimmer, und zwar sofort!“, brüllte Papa.
    Da waren nur noch Jean Eins und ich übrig.
    Während Papa Opa Jean dann dabei half, die Fensterläden abzubeizen, weil die das wahrlich nötig hatten, schaukelte Jean Eins träge auf der Schaukel hin und her und schimpfte, dass ihm langweilig sei und Ferien auf dem Land finde er sowieso blöd.
    „Hier ist doch gar nichts los! Außerdem ist es viel zu heiß und die frische Luft stinkt nach Kuhfladen …“
    Die Schaukel knarzte und Jean Eins schaukelte vor und zurück … bis er ganz grün wurde und kotzen musste, wobei er knapp neben die heiß geliebten Hortensien von Oma Jeannette traf.
    „Und wenn wir uns Steinschleudern basteln und Texas Rangers spielen?“, schlug ich vor.
    „Genial!“, sagte Jean Eins. „Aber ich bin der Boss.“
    „Kommt nicht infrage“, sagte ich. „Es war meine Idee.“
    „Blödmann, dafür fängst du eine!“, rief Jean Eins drohend.
    „Selber Blödmann!“, rief ich und gab ihm auch eine Ohrfeige.
    „Auf euer Zimmer, und zwar sofort!“, brüllte Papa.
    Und so haben wir unseren ersten Ferientag auf dem Land alle in unserem Zimmer verbracht.
    Es wurde noch ein supertoller Tag.
    Wir hatten alte Tim-und-Struppi-Heftchen gefunden, die ziemlich modrig rochen, lagen auf unseren dicken Federbetten und lasen sie hintereinander alle durch, ein Heft nach dem anderen. Sogar Jean Fünf, der noch gar nicht lesen konnte und nur die Bilder anschaute. Zwar kannten wir sie längst auswendig, aber trotzdem fühlte sich alles anders an als sonst: Um uns herum war das große alte Haus, man hörte das Parkett knacken und durch das Fenster kam der Duft von frisch gemähtem Heu herein …
    Alles war wie verzaubert.
    Als man uns zum Abendessen rief, hatten wir alle rote Backen und unsere Haare klebten platt gedrückt an unseren Köpfen, so benommen waren wir von unserer Lektüre.

    „Sieh mir mal einer alle diese gesunden Gesichter an!“, triumphierte Oma Jeannette und drehte sich zu Papa. „Ich hab doch gesagt, dass nichts über die gute, frische Landluft geht.“
    „Ich möchte darum bitten, dass …“, fing Papa an und suchte nach einer bissigen Antwort.
    „Ja?“, fragte Oma Jeannette.
    „Ähm … mir jemand bitte das Salz reicht“, sagte Papa mit gequältem Lächeln.
    Zum Abschluss dieses glorreichen Tages spielten wir nach dem Abendessen mit Opa Jean noch Mau-Mau.
    Währenddessen trank Papa im Salon ein Gläschen Likör mit Mama und Oma Jeannette, die ununterbrochen miteinander redeten und Fotos anschauten. Wegen seiner Heimwerkerarbeiten hatte er an den Händen überall Pflaster und machte eine Miene wie sieben Tage Regenwetter. Die gute Landluft schien ihm überhaupt nicht zu bekommen, denn sein Kopf fiel in diesem Augenblick nach vorn und er schlief in seinem Sessel ein, ohne dass Mama und Oma Jeannette neben ihm zu reden aufhörten.
    Jean Sechs lag im
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