Sechs Richtige (German Edition)
fallen.»
«Hä?» Fridtjof traute seinen Ohren nicht. «Bist du jetzt total übergeschnappt? Nicht ins Wasser fallen? Wir sind hier auf einem Boot. Es wäre total unnormal, wenn du nicht mal ins Wasser fallen würdest. Jetzt steuer doch nach backbord. Die Pinne nach rechts.»
«Das ist ja alles umgekehrt», klagte Jan. «Wenn ich nach links will, muss ich nach rechts ziehen und umgekehrt. Das ist doch völlig unsinnig. Ich glaub, ich probier das besser mal allein, du bist ja nur am Rumnölen.»
«Ich finde eher, dass
du
am Nölen bist», sagte Fridtjof, der langsam sauer wurde, weil er nicht begriff, dass man rechts nicht von links unterscheiden konnte. Brauchte man das in Frankfurt nicht? «Du sagst, du willst das lernen, und wenn es nicht gleich auf Anhieb klappt, bist du beleidigt.»
«Weil du besserwisserisch bist», sagte Jan, der sich schon wieder ducken musste.
«Gut», sagte Fridtjof und nickte. «Siehst du die Tonne da drüben? Da fahren wir jetzt mal hin. Schaffst du das?»
Böse drückte Jan die Pinne nach backbord, und das Segel fing an zu flattern.
«Wir bewegen uns in die falsche Richtung.»
«Alleine kann ich das bestimmt besser», sagte Jan, während das Boot schon wieder fast umkippte, was ihn noch wütender machte.
Fridtjof nahm ihm die Pinne ab und steuerte das Boot Richtung Tonne.
«So», sagte er dann. «Ich hocke mich jetzt auf das Ding drauf, und du segelst ein bisschen allein durch die Gegend.»
«Wie?» Jan starrte ihn an.
«Na, du kannst es doch besser allein», sagte Fridtjof. «Wenn du was wissen willst, musst du halt zu mir segeln und fragen. Oder traust du dir das nicht zu?»
«Wie willst du denn auf diese Tonne kommen?»
«Ganz einfach.» Fridtjof sprang ins Wasser und kletterte dann an der Tonne hoch. «Wahnsinn, oder? Wir sind auf der Nordsee, und ich springe ins Wasser! Das muss mir erst mal einer nachmachen.»
«Angeblich war ja Störtebeker hier auf der Insel», sagte Bonnie. «Hast du über den schon gelesen?»
«Nein», sagte Lilly. «Ich weiß nur, dass das ein Pirat ist.»
«Ein Pirat
war
. Er ist schon lange tot. Wenn es ihn überhaupt gegeben hat. Da ist man sich nicht so einig.»
«Aber was ist daran so besonders, dass er hier war?», wollte Lilly wissen.
«Er ist hier vor der Insel besiegt worden», sagte Bonnie. «Und wurde gefangen genommen. Dann hat man ihn nach Hamburg gebracht und da geköpft, mit vielen anderen. Klaus Störtebeker war ein
berühmter
Pirat. Also eigentlich war er ein guter Pirat. Also wenn es ihn gegeben hat. Er hat Armen geholfen, sagt man.»
«Wie denn?»
«Er hat Schiffe überfallen und das dann den Armen gegeben.»
«Was denn?»
«Alles, was man da so bekommt, wenn man andere Schiffe überfällt», sagte Bonnie. «Gold, Silber, Diamanten. Und angeblich war er auch wirklich hier auf der Insel. Wenn es ihn gegeben hat.»
«Wahnsinn. Und hat er den Leuten hier auch was gegeben?»
«So genau weiß ich das nicht. Opa Wilfried hat mal was darüber gesagt, aber dann hat er’s wieder vergessen. Er vergisst so viel, weißt du. Er hat … Mama hat’s mir mal gesagt, aber ich hab’s auch wieder vergessen.»
«Wahrscheinlich hat er Alzheimer», sagte Lilly klug. «Ich habe darüber gelesen.»
«Ist schon klar. Jedenfalls hat der Opa gesagt, dass Störtebeker genau hier einen großen Schatz versteckt hat. Opa sagt, er war vorher schon mal hier und hat ihn hiergelassen.»
Lilly schaute sich um. Sie saßen vor der Jugendherberge auf dem Boden.
«Natürlich nicht
genau
hier», sagte Bonnie und verdrehte die Augen. «Aber auf der Insel. Sagt Opa Wilfried.»
«Hat er gesagt, wo?» Lilly stellte sich eine riesige Schatztruhe vor, aus der Goldkelche, Diamantdiademe und Münzen quollen, und ihr Herz begann zu rasen. Sie würde, wenn sie den Schatz fänden, eine Krone tragen. Einfach so. Sie könnte mit beiden Händen in den Münzen wühlen und aus einem der edelsteinbesetzten Kelche Cola trinken. Vielleicht lag in der Truhe auch Besteck, dann könnte sie mit einem goldenen Messer Nutella auf ein Toastbrot streichen. Unglaublich, einfach unglaublich.
«Wie blöd, dass der Opa das vergessen hat. Aber vielleicht fällt es ihm wieder ein, wenn er nächstes Jahr kommt. Dann bin ich ja leider nicht mehr da, aber du musst mir das unbedingt erzählen.»
«Wieso nächstes Jahr?», fragte Bonnie. «Wir können ihn gleich nachher fragen, er ist schon da. Ziemlich spät dieses Jahr, er war irgendwie auf Reisen, und ab heute muss ich im
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