Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
»Den sollten Sie schon mal checken. Wer weiß. Nicht, dass Ihnen ein Riesengewinn durch die Lappen geht.« Ich nahm mir fest vor, das bei nächster Gelegenheit nachzuholen.
Markus Röck hatte inzwischen vor dem Haupteingang des Radiogebäudes gehalten, und ich hätte mir gewünscht, dass Dotz sehen konnte, wie ich elegant aus so einem coolen Auto stieg. Natürlich war nur der Pförtner da, und der sah gar nichts außer dem Fernsehprogramm.
»Das ist supernett von Ihnen, Sie retten mir das Leben«, bedankte ich mich bei meinem Fahrer. Liebend gerne wäre ich ihm noch ein wenig auf die Pelle gerückt. Natürlich nur, um ihn unauffällig abzutasten und den Zettel aus seiner Tasche zu ziehen. Ich war mir sicher, dass dort die Adresse des Jackpot-Glücklichen stand. Wäre ich besser vernetzt gewesen, hätte ich Markus Röck einen Privatdetektiv hinterhergeschickt. Oder, wenn ich es nicht so eilig gehabt hätte, selbst die Verfolgung aufgenommen. War vielleicht besser so, es sein zu lassen, denn ich war in etwa so unauffällig wie ein Teenager, der zum ersten Mal verliebt war und versuchte, seinen Schwarm nicht zu direkt anzustarren.
»Tschüs, melden Sie sich gern, wenn noch etwas unklar ist«, sagte Markus Röck zum Abschied. Kurz bevor er losdüste, lehnte er sich noch in meine Richtung, winkte mich zu sich heran und schob seine Sonnenbrille ins Haar.
»Ich finde Ihre Knie übrigens konkurrenzlos anbetungswürdig.« Ich riss die Augen weit auf, lachte los und hielt mir die Hand vor den Mund. Ich wusste nicht, wann ich mich das letzte Mal so über etwas gefreut hatte. War auch lange her, dass ein Mann etwas Nettes über mich gesagt hatte. Mal abgesehen von Carl.
»Echt?«, fragte ich beglückt.
»Na ja«, meinte Markus Röck noch schelmisch grinsend, bevor er dann wirklich Gas gab. »Diese Angaben sind natürlich ohne Gewähr.«
Die meisten Menschen sind unglücklich,
weil sie, wenn sie glücklich sind,
noch glücklicher werden wollen.
Ingrid Bergman
»Na, endlich, wo bleibst du denn?« Daniel stand großkotzig an einen Schreibtisch gelehnt im Redaktionsraum. »Wir warten schon alle auf dich.« Täuschte ich mich, oder dachte unser Volontär, dass er innerhalb eines Tages zum Chefredakteur aufgestiegen war?
»Was willst du eigentlich? Wann warst du denn hier?«, fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.
»Vor einer halben Stunde ungefähr.«
»Aha, scheint ja auch ganz schön lange gedauert zu haben mit den Fotos, oder?« Offensiv betrachtete ich unseren kleinen Gigolo. Aber der wurde nicht mal rot. »Ja, ich habe mir besonders viel Mühe gegeben.«
»Das glaube ich dir ungesehen!«, platzte es aus mir heraus.
In einem der kleinen Schnittstudios richtete ich mich auf die Schnelle ein. Ich warf den Computer an, spielte das Tonmaterial ein und blickte dabei ungeduldig auf die große Uhr. Der Zeiger wanderte unerbittlich weiter, mir blieb nicht mehr viel Zeit.
Die Umfrage von meinen Zumbakollegen schnitt ich zusammen, so dass man alle Lottowünsche hintereinander anhören konnte. Fix durchsiebte ich das Interview mit den Schneiders. Als die Stimme der Frau erklang, meinte ich einen Hauch von Erregtheit herauszuhören, der mir vorher entgangen war. Vielleicht war meine Einbildung aber auch bloß genauso großwie Daniels Ausbildung im horizontalen Gewerbe. Von Herrn und Frau Schneider nahm ich je einen Satz, die konträrer nicht sein konnten. Diese würde ich einander gegenüberstellen. Uneinigkeit zwischen Neureichen. Abrunden würden das Studiogespräch Markus Röcks goldene Regeln für Lottogewinner.
Ich hackte einen Text ins Schreibsystem, eine Anmoderation, die der Moderator verlesen würde, so von wegen neuer Lottogewinner in Hamburg hat sich jetzt gemeldet, bleibt anonym, unsere pfiffige Kollegin Jule Claussen hat dafür aber andere Hamburger Jackpotgewinner ausgegraben und zu Glanz und Gloria befragt, blabla. Dann wäre ich mit meinem launigen Text dran rund ums Thema Vorher/Nachher, eben noch Hartz 4, jetzt Millionär, Neid, Geiz, Träume und, und, und.
Mit dem ausgedruckten Skript ging ich zu Melanie, die noch mal drüberlesen sollte. Im Großraumbüro stieß ich mit Dotz zusammen.
»Da sind Sie ja, Claussen. Wie geht’s Ihrem Bein?«
»Meinem Bein?«, fragte ich unkonzentriert, während ich Melanie das beschriebene Papier auf den Tisch legte.
»Na, hier, Ihre Operation.« Dotz war es schon wieder zu viel, mehr als zwei private Sätze miteinander zu wechseln.
»Ich hatte eine Zahn -OP«,
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