Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
Basilikumbäumchens. Unser aller Zumbagott Rafael hatte nach dem Telefonat mit mir nicht lange gezögert. Mit Methoden, die sicher weit über die Grenzen der Legalität hinausgingen, hatte er nicht nur Verenas Telefonnummer recherchiert, sondern auch ihre Adresse.
»Der stand nicht wirklich mit einem Strauß roter Rosen vor deiner Tür?«, fragte ich zum zehnten Mal.
»Dohoch! Total peinlich. Mein Nachbar hat sich bepisst über den komischen Kerl.«
»Trug er sein …« Ich musste kurz würgen und brachte den Rest des Satzes vor Übelkeit nicht hervor. Aber Verena hatte auch so verstanden. Sie nickte bloß bestürzt. Er trug also tatsächlich auch privat Stirnband.
»Und dann?«
»Hab ich doch alles schon erzählt. Er fiel mir um den Hals.«
»Wie furchtbar!«
»Besser so. Ich konnte ihn grade noch davon abhalten, vor mir auf die Knie zu gehen. Jedenfalls hat er behauptet, du hättest ihm Mut gemacht.«
»Iiich?« Vor lauter Wut schnitt ich mit dem Messer konzeptlos auf meiner bisher unangerührten Pizza herum. Das Stück wollte sich nicht lösen, und so riss ich es mit einem Ruck mit der Hand ab. Zwei Rucolablätter flogen bei diesem ungelenken Kraftakt auf den Tisch, ein Stück Serranoschinken samt Pizza landete halb auf dem Fußboden und halb auf meiner Hose.
»Ich habe ihm gesagt, das könne er komplett vergessen. Er sei nicht dein Typ, und überhaupt, was er sich einbilde.« Ich redete mich so in Rage, während ich versuchte, die Tomate von der Jeans zu tupfen, dass Verena schmunzeln musste.
»Das kriegst du nicht weg.«
» Den kriegst du offenbar auch nicht mehr weg. Mann, ich bin doch nicht bescheuert und würde dich an diesen Rammel-Ralf verschachern.« Wir amüsierten uns beide über meine neue Wortschöpfung.
»Weiß ich doch. Aber irgendwas musst du gesagt haben, das ihm Hoffnung gemacht haben könnte. Er war felsenfest überzeugt, dass wir zusammengehören.«
Ich überlegte krampfhaft, während ich ein Stück Pizza unfallfrei in den Mund bugsierte. Die wirklich knusprigste Pizza außerhalb Italiens, wie ich jedes Mal wieder feststellte. Ganz leise vernahm ich, wie mein Unterbewusstsein anklopfte, um mich daran zu erinnern, dass ich sehr wohl etwas zu Rafael gesagt hatte. Was war das nur? Verena half mir auf die Sprünge.
»Und dann fragt er mich, ob ich mit ihm zum Friseur komme, er überlege, ein bis zwei Zentimeter seiner Pracht zu kürzen, wolle ohne meine Genehmigung aber keine Entscheidung treffen!« Verena schüttelte in Gedanken an diesen entwürdigenden Moment den Kopf. »Da hat Andreas, mein Nachbar, glücklicherweiseeingegriffen. Er kam dazu, legte lässig seinen Arm um meine Schulter und fragte, wie lange ich ihn noch warten lassen wolle, er wolle mir mal seinen Haarwuchs zeigen. Megapeinlich, aber das vergess ich ihm trotzdem nie.«
»Und Rafael? Hat er’s wenigstens kapiert?« Es musste unangenehm für ihn gewesen sein, so ausgebootet zu werden. Andererseits, selbst schuld.
»Der kapiert gar nichts. Er meinte, er würde jetzt zum Friseur gehen und dann könne ich mich ihm nicht mehr lange entziehen. ›Tschüs, du Lenden-Göttin‹, hat er gesagt. Ich schwöre! Dabei hat er mir zugezwinkert.«
»Lenden- was? « Ich erinnerte mich daran, wie gekränkt ich gewesen war, als Rafael Verenas körperliche Vorzüge pries.
»Hab ich gelacht! Lenden-Göttin hat noch nie jemand zu mir gesagt. Heiß, oder?« Verena kratzte sich kurz am Kopf und hielt inne. »Sag mal, haben Lenden nicht nur Männer? Oder Frauen auch?« Ich stutzte und ratterte im Kopf neun Jahre Biologieunterricht bei Frau Paustius runter, der drögesten Trockenpflaume zwischen D, N und A.
»Meine Biolehrerin hatte bestimmt keine Lenden, erogene Zonen waren für sie so unerreichbar wie für mich Sven aus der 7b. Was weiß ich, Lenden, ist doch egal.« Verena hatte mir gar nicht richtig zugehört, zu beschäftigt war sie damit, die Worte Lende und Frau bei Google in ihr Smartphone einzugeben. Kurz darauf atmete sie erleichtert aus.
»Doch, Frauen haben Lenden.«
»Toll. Aber vergiss den Quatsch jetzt. Ich weiß, welchen Satz er meinte. Ich hab Rafael am Ende geraten, seine Frisur zu überdenken. Das könnte es gewesen sein.« Reuevoll sah ich sie an, weil es mir unendlich leidtat, dass ich meine beste Freundin in eine so rufschädigende Situation gebracht hatte.
»Ach, was soll’s. Andreas hatte seinen Spaß. Ich habe schon drei SMS von ihm bekommen: Hallo, lüsterne Lenden-Lady undso ’n Mist. Aber alleine gehe
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