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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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»Aber ich habe neue Infos. Eine Freundin von mir hat eine Karibikreise gewonnen. Genau so, wie sie es sich in meiner Umfrage damals gewünscht hatte.«
    »Die will ich im Studio haben. Sofort!« Das war keine Frage, das war ein Befehl.
    »Sie arbeitet«, wagte ich schüchtern einzuwerfen.
    »Ist mir egal, bringen Sie sie hierher!«
    Ich versprach, mein Bestes zu tun.
    Eine Stunde später stand tatsächlich Verena im Studio. Es hatte mich mehrfaches Flehen und Betteln gekostet, dann hatte siesich bei ihrem Chef krank gemeldet. Hoffentlich hörte der nicht unseren Sender. Verena erzählte André vom Anruf der Dame von der »Glückskleespirale«, der Reise und allem, was noch so passiert war. Es war ein lockerer Plausch, wie gesagt, Verena war es ja gewohnt, in Mikrofone Statements zu den unterschiedlichsten Themengebieten abzugeben.
    »Mit wem fahren Sie denn in die Karibik?«, fragte André.
    »Na, mit Jule Claussen, eurer Reporterin. Ihr hat die ganze Lottogeschichte nämlich nicht so viel Glück gebracht. Die Reise kann sie gut gebrauchen.« Ich war gerührt über diese Ansage meiner Freundin.
    »Was heißt: kein Glück gebracht?«, fragte Daniel aus dem hinteren Teil der Redaktion. »Du brauchst doch nun wirklich keine Reise. Wo hast du das ganze Geld eigentlich gebunkert?«
    Melanie grätschte gerade noch dazwischen, als ich mich auf Daniel stürzen und ihn unschädlich machen wollte.
    »Das lohnt sich doch nicht!«, flüsterte sie mir zu. Daniel lachte nur höhnisch und nannte mich eine »wilde Furie«.
    Dotz, der gerade in den Raum kam, hatte von der Auseinandersetzung glücklicherweise nichts mitbekommen. Er bedankte sich persönlich bei Verena für ihr Kommen. Auch mich grinste er an und hob seinen rechten Daumen.
    Das hatte ich auch noch nie erlebt. Typisch weibliche Charakterzüge: himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt.
    Vor der Sendertür quatschte ich mit Verena noch lange. Wir wurden nur durch einen Mann unterbrochen, der uns fragte, wie er zur Elbe-Welle käme. »Fahrstuhl, dritter Stock, linke Seite«, entgegnete ich in Stenoform. »Zu wem wollen Sie denn? Ich arbeite auch dort«, fragte ich noch.
    »Zu Werner. Und zu meinem Sohn.« Der Mann platzte offenbar vor Stolz, einen Sohn beim Radio zu haben. Ich fragte mich, wer das sein sollte. Außerdem stolperte ich darüber, dass erschlicht zu »Werner« wollte. Soweit ich wusste, war unser Chef der Einzige, der auf den Namen Werner hörte.
    »Meinen Sie Herrn Dotz?«, fragte ich.
    »Ja, genau. Beim Angeln nennen wir uns immer alle beim Vornamen.« Der Mann erzählte so offenherzig über seine Bekanntschaft mit Dotz, dass ich das Gefühl hatte, er habe noch nie einen Schritt auch nur in die Nähe einer Sendeanstalt getan und die Medien seien ihm so fremd wie uns Marsmenschen.
    »Sie sind also ein Angelkollege, Herr …?«, erkundigte ich mich höflich, weil er mir irgendwie leidtat. So unbedarft, ohne Ahnung, in welch ein Haifischbecken er sich da gerade begab.
    »Kellwig ist mein Name, angenehm!« Er gab Verena und mir tatsächlich die Hand. Während ich seine Hand schüttelte, ging mir ein Licht auf.
    »Kellwig? Sind Sie der Vater von Daniel?« Ich konnte nicht glauben, dass unser vorlauter Volontär so einen zurückhaltenden Vater hatte. Aber was hatte der mit Dotz zu tun?
    »Ja, genau. Wie gesagt, Werner und ich angeln zusammen. Er ist ja wirklich ein ganz Netter.« Verena nickte dem Mann zu, weil ich leider kurzzeitig nicht mehr antworten konnte.
    Auf meinen Chef passten etliche Attribute von cholerisch bis hin zu größenwahnsinnig, aber nett war in etwa so unpassend wie grazil für Cindy aus Marzahn. Doch Herr Kellwig ließ sich nicht abbringen, Werner Dotz zu loben.
    »Er hat meinem Daniel dieses Volontariat besorgt.« Ich traute meinen Ohren kaum. Werner Dotz hatte ohne Gegenleistung noch nie für irgendjemanden etwas getan.
    »Echt?«, hakte ich ungläubig nach.
    »Na ja, aber erzählen Sie es niemandem weiter. Es war eine Wette. Daniel wollte so gerne zum Radio. Eigentlich mag ich diese Vitamin-B-Geschichten ja nicht. Aber Werner hat gesagt, wenn ich für ihn einen großen Fisch aus dem Wasser hole und er den Angelwettbewerb gewinnt, dann macht er das mit demVolontariat klar.« Nur langsam erschloss sich mir, was Herr Kellwig da erzählte.
    »Wieso hat Werner, äh, Herr Dotz, den Fisch denn nicht selber geangelt?«
    »Na ja!«, Herr Kellwig drehte sich zur Seite, um zu sehen, ob uns jemand belauschte. »Er ist ja nicht gerade der Geduldigste.

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