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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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Er hat noch nie einen Fisch rausgeholt. Irgendwann fängt er immer an zu fluchen, wenn sie nicht beißen. Aber das hätte ich vielleicht nicht erzählen sollen …«, fiel es Herrn Kellwig etwas zu spät ein.
    »Ach, machen Sie sich keine Sorgen. Ich behalte es für mich.« Zumindest mal für die nächsten fünf Minuten … Amüsiert wurde mir so einiges klar.
    »Daniel weiß gar nicht, dass ich komme«, merkte Herr Kellwig noch an.
    »Ach, gehen Sie ruhig hoch, er wird sich bestimmt freuen.«
    Sicherlich wäre es Daniel megapeinlich, wenn sein Vater gleich auftauchte. Uns immer als Rentner beschimpfen, aber selbst noch den Papi als Babysitter dabeihaben.
    Nachdem Herr Kellwig in den Fahrstuhl gestiegen war und ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, wurde mir klar, dass Daniels familiäre Verhältnisse meine geringste Sorge waren. Ich erzählte Verena beiläufig, was ich heute noch vorhatte, nämlich meine familiären Verhältnisse zu sortieren. Als ich geendet hatte, stand sie stumm vor mir und nahm mich einfach in den Arm, das, was wir am Abend zuvor bei der Versöhnung versäumt hatten. Eine Umarmung von Verena würde ich immer einem neuen Paar Schuhe vorziehen. Dann wünschte sie mir: »Viel Glück!«
    Wie oft benutzte man diesen Ausdruck. Zwei Worte: viel Glück. Das sagte sich so einfach daher. Wenn jemand eine Führerscheinprüfung hatte, ein passendes Kleid für eine Feier suchte, sich mit dem Ex traf, zum Arzt ging, jedes Mal gab es ein »Viel Glück!« mit auf den Weg. Was war Glück? Den Lottojackpot zu knacken?Nein, ganz gewiss nicht, konnte ich mit Bestimmtheit sagen. Mir fiel Herr Schneider ein, der ohne Geld, Villa und Frau an der Elbchaussee um einiges glücklicher gewesen wäre. Erst recht war man nicht glücklich, wenn man nur scheinbar den Jackpot geknackt hatte.
    Glück war, so hatte ich im Zuge meiner Lottorecherchen im Internet gefunden, zunächst einmal ein sehr vielschichtiger Begriff und schwer zu fassen. (Das konnte ich aus dem echten Leben nur bestätigen!) Es war angesiedelt irgendwo zwischen einem momentanen Glücksgefühl und anhaltender Glückseligkeit und konnte einhergehen mit der Erfüllung eines Wunsches oder dem Erreichen eines Ziels. Am schönsten fand ich aber nach wie vor eine Definition, die ich einmal in einem (offenbar sehr, sehr schönen) Film aufgeschnappt haben musste: »Glück bedeutet, sagen zu können: An keinem Ort der Welt wäre ich jetzt lieber als genau hier.« Dieser Satz rührte mich. Und er war angenehm konkret.
    Das Wort Glück, so hatte ich weiter recherchiert, kam vom Mittelhochdeutschen g(e)lücke, was so viel bedeutete wie Schicksal oder Ausgang eines Geschehens (sowohl zum Guten als auch zum Bösen hin).
    Wehmütig musste ich an den Film ›The Best Exotic Marigold Hotel‹ denken, aus dem das Zitat stammte: »Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, dann ist es eben noch nicht zu Ende.«
    Richtig, es war noch lange nicht zu Ende. Ich hatte noch sehr viel vor.
    Um halb sieben, eine halbe Stunde vor dem Treffen mit Carl und Kaschi, platzierte ich mich auffällig in Fensternähe im »Piazza« mit Blick auf die Straße und Herzklopfen. Kurz danach kam er. Jetzt, wo ich es wusste, war es wirklich verblüffend. Ich dachte, ich würde zittern oder ohnmächtig werden. Nichts dergleichengeschah, als ich mich vom Stuhl erhob, ihm die Hand gab und völlig neutral »Guten Tag, Herr Röck!« sagte. Er war sehr erfreut, mich zu sehen.
    »Danke vielmals für Ihre Nachricht auf dem Anrufbeantworter, Frau Claussen. Schön, dass Sie mit mir über die Anlagemöglichkeiten sprechen möchten.«
    Er breitete einen Haufen Zettel auf dem Tisch aus, redete leidenschaftlich über Zahlen und Konten, Rente und Rendite und winkte ab, als Mario mittendrin eine Getränkebestellung entgegennehmen wollte. Ich schaute Herrn Röck reglos zu.
    »Was sagen Sie dazu?«, fragte er begeistert, als er seinen engagierten Vortrag beendet hatte.
    »Was ich dazu sage?«, wiederholte ich. »Eine Sache habe ich zu sagen. Wussten Sie, dass die Wahrscheinlichkeit, im Lotto zu gewinnen, bei 1:140 Millionen liegt?«
    Er wollte etwas antworten, sicherlich hatte er auch schon von dieser Statistik gehört und einige kluge Kommentare in petto, er verstummte aber prompt, als er meinen kalten, bestimmten Gesichtsausdruck sah. Was in mir vorging, konnte er nicht erahnen. Bevor ich einen Rückzieher machen konnte, schickte ich eine kurze abwehrende Handbewegung in Richtung Carl, der in diesem

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