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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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dich denn? Wir finden das schon.«
    »Erst war da ein Mülleimer für Biosachen, Pflanzenreste und so, und danach musste man beim Buchstaben H rein. Und dann die dritte Zeile kurz vor den Wasserhähnen.«
    »Sieh mal, da hinten sind doch Mülleimer.«
    Markus führte mich geschickt durch das Labyrinth aus Grabsteinen. Bei jedem rechnete ich kurz nach, wie alt der Begrabene geworden war. Das tat ich seit Jahren schon, wenn ich die Todesanzeigen in der Zeitung studierte. Wie alt? Und was für ein Spruch der Zurückgebliebenen? Es gab ja die bizarrsten Todesanzeigen.
    »Guck mal, kann es das hier sein?« Markus deutete auf ein Messingschild im Boden, auf dem ein H eingraviert war.
    »Ja, das muss es sein.« Eilig überflog ich die Grabsteine, und tatsächlich. Dort war es. Das Grab meiner Mutter.
    Es war ordentlich gepflegt. Ich verharrte kurz still vor dem Stein, mir wurde aber nach ein paar Minuten unbehaglich. Was sollte ich tun, denken, sagen? Gab es das Richtige zu tun, wenn man an einem Grab trauerte? Markus bewegte sich nicht und wartete. Aus der mitgebrachten Tasche beförderte ich eine Sonnenblumezutage. Ich grub ein kleines Loch in die Erde und setzte die Pflanze ein. Ein schöner Farbklecks.
    »Komm, lass uns in das Café zu den anderen fahren. Danke, dass du mitgekommen bist.«
    Markus fand das nicht weiter der Rede wert.
    In der Nähe des Friedhofs hatte Carl eine Ecke in einem kleinen Café reserviert. Ich war überrascht darüber, dass er der Hauptorganisator der Resche-Beerdigung war. Aber er wollte es so. »Durch die ganze Renovierung habe ich momentan eh nichts zu tun«, meinte er bloß dazu.
    Carl, Kaschi, zwei Nachbarn und eine ältere Freundin waren da, aßen Schnittchen, Käsekuchen und tranken Kaffee. Maria Resche hatte keine Verwandten gehabt. Ihre einzige Schwester war schon länger tot. Und Bonny musste zu Hause bleiben. Wir waren keine sehr große Gesellschaft. Ein Mann im Anzug, den ich noch nie gesehen hatte, saß auch in der Runde und plauderte mit Carl und Kaschi. Kaschi war frisch rasiert, etwas, das er nur in besonderen Fällen tat, wie er mir bei unserem ersten Zusammentreffen erklärt hatte.
    Carl und ihm war die Beerdigung sehr nahe gegangen. Vor allem bei Kaschi hatte ich das Gefühl gehabt, Tränen in den Augen zu sehen.
    Wir grüßten alle und bekamen ein freundliches »Hallo, ihr beiden, setzt euch« von Carl zurück.
    »Hallo, Herr Röck!« Der Mann im Anzug war aufgestanden und gab Markus die Hand. Kannten die sich? Ich sah ihn fragend an, aber Markus klärte mich nicht auf. Carl stellte uns vor.
    »Jule, das ist Herr von Ranken, der Notar. Es geht um das Testament von Maria Resche.«
    »Ach so.« Mir war nicht klar, was ich damit zu tun hatte.
    »Wir sollen gleich noch mit in die Kanzlei kommen zur Testamentseröffnung.«
    »Wieso soll ich dabei sein?«
    Herr von Ranken drehte sich zu mir und sagte etwas gestelzt, dass ich auch Erwähnung im Testament fände.
    Es war wie im Film. Wir waren über dicke Teppiche in einen Raum geführt worden, in dem wir uns auf teuren Holzstühlen mit Lederbezug niederließen und umgeben waren von pompös gerahmten Hamburgensien an den Wänden. An einem feudalen Eichenschreibtisch saß der Notar und schlitzte ein Kuvert mit einem Brieföffner auf. Er rückte seine Brille zurecht und las aus dem Brief vor. Als ich das nun Folgende hörte, wurde mir klar, dass ich sehr wohl etwas mit diesem Testament zu tun hatte.
    »Mein ganzes Geld ist weg!« So begann das Schreiben. Kurz bekam ich Panik, weil ich vermutete, ich als langjährige Nachbarin müsse vielleicht für die ausstehende Wasserrechnung oder für Bonnys Hundefutter aufkommen. »Ich habe alles für euch investiert.« Wieso für uns? Ich stupste Carl an, der neben mir saß, aber nicht auf mein Drängen reagierte.
    Der Notar las weiter. Es klang unecht, Maria Resches Worte aus dem Mund dieses Unbekannten. Vor allem klang es nicht nach der Frau, die ich meinte gekannt zu haben, die in dem unförmigen Zeltmantel mit dem grimmigen Gesichtsausdruck.
    »Mein lieber Carl. Du weißt, dass du die Liebe meines Lebens warst.«
    Ruckartig drehte ich meinen Kopf nach links und starrte Carl an. Er rührte sich nicht. Nur von Kaschi vernahm ich ein Seufzen.
    »Leider hast du diese Liebe nie erwidert. Ich werde niemals unseren Griechenlandurlaub vergessen, in dem ich mich so Hals über Kopf in dich verliebte. Wie leider auch fast alle anderen Mädchen auf der Insel.«
    Verzeihung, falscher Film, darf ich mal

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