Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
mal resümieren: Maria Resche hat Kaschis Lottogewinn so angelegt, dass jetzt das ganze Haus renoviert werden kann, das ›Würz‹ modernisiert wird und wir alle sorgenfrei und mietfrei wohnen können?«, wollte ich auf Nummer sicher gehen.
»Genau so ist es.«
Inzwischen standen wir in einer kleinen Runde um den Schreibtisch des Notars herum, aber ich musste mich wieder setzen. Was für eine großherzige Frau hinter der tristen Fassade. Mein Leben würde um einiges sorgenfreier sein, wenn mir die Wohnung gehörte. Plötzlich fiel mir noch etwas ein.
»Hat sie auch Verena die Karibikreise geschenkt?«
Der Notar blätterte durch einen weiteren dicken Katalog, der die Aufschrift »Resche« trug.
»Ja, hier sind alle Investitionen vermerkt. Kindergarten, Babysitter, Haus, Gewürzladen und Karibikreise.« Er betete die unglaublichen Geschenke wie eine Einkaufsliste herunter.
Maria Resche hatte Verena und mir einfach so einen Trip ins Glück geschenkt. Ich schämte mich für all die Momente, in denen ich Bonny und ihr die übelsten Dinge an den Hals gewünscht hatte.
»Das muss ich erst einmal verarbeiten. Woher wusstest du denn das alles?« Ich drehte mich zu Markus um, den ich glatt vergessen hatte.
»Herr Telgmann ist damals von meinem Vorgänger bei Lotto beraten worden.« Mit Herrn Telgmann war Kaschi gemeint. »Und Frau Resche hat sich dann an mich gewandt. Sie hatte zwar selber nicht im Lotto gewonnen, aber immerhin hat sie das Geld von Herrn Telgmann mehr oder weniger übernommen.Sie brauchte nicht sonderlich viel Hilfe, war eine sehr kluge Frau.«
»Du wusstest das alles und hast zugelassen, dass über mich solche Gerüchte verbreitet werden?« Ich wusste nicht, ob ich beleidigt sein sollte.
»Das hast du dir selber eingebrockt. Ich habe bei der ›Mopo‹ sogar noch angerufen und die zurückgepfiffen, obwohl ich das eigentlich gar nicht durfte.« Na gut, dann war ich eben nicht sauer.
»Und wer hat nun den Lottojackpot gewonnen?«, wollte ich noch wissen.
»Na, der Mann von der Autobahnraststätte.« Markus gefiel das Spielchen.
Obwohl ich mehr Informationen kaum verarbeiten konnte, fegte noch eine Frage durch meinen Kopf. »Und was meinte sie, als sie schrieb: Er soll es endlich wissen. Und sie auch?« Ich starrte den Notar, Markus, Carl und Kaschi fragend an. Alle schüttelten den Kopf, bis auf Carl. Ich sah ihn zum ersten Mal verlegen. »Was ist los?«, fragte ich ungeduldig.
»Na ja, es ist so … Du kannst es ihr ja wohl mal endlich sagen!« Carl zischte Kaschi angriffslustig an. Der zuckte mit den Schultern. »Du weißt es wirklich nicht?« Carl fixierte Kaschi.
»Was meinst du denn?« Kaschi und ich schossen die Frage gleichzeitig ab.
»Na ja, Kaschi. Ich habe mich ja etwas von dir zurückgezogen, weil ich so sauer war, weil du nie die Verantwortung übernommen hast.« Carl sprach und blickte mich zugleich besorgt von der Seite an.
»Welche Verantwortung?« So ungehalten hatte ich Kaschi noch nicht erlebt.
»Na, wegen Jule!«, platzte es aus meinem Carl heraus.
»Was ist mit mir?« Ich wollte jetzt sofort wissen, was hier los war. Heiß lief es mir übers Gesicht und kalt den Rücken hinunter.Mein Instinkt hatte schon längst erahnt, was mein Gehirn noch nicht realisieren wollte. Es war alles einfach zu viel. Kaschi war noch langsamer als ich. Oder ein verdammt guter Schauspieler.
»Was ist denn mit Jule?«
Carl runzelte die Stirn. Er sah so besorgt aus, wie nur ein Vater schauen konnte, fand ich.
»Du hast mit Jules Mutter mal eine Nacht verbracht. Erinnerst du dich?«
Kaschi riss die Augen auf. »Was habe ich? Ich kannte Regina, aber ich habe doch nie …« Den Rest des Satzes sprach er nicht zu Ende, weil er offenbar langsam verstand.
Wenn er vor vierunddreißig Jahren eine Nacht mit einer Frau verbracht hatte, deren dreiunddreißigjährige Tochter ihren Vater nie kennengelernt hatte … Ich spürte einen unangenehmen Riesendolchstoß im Magen, und dann spürte ich meine Hand in Markus’ Hand
Kaschi wurde kreidebleich. »Daran erinner ich mich nicht!«
»Kann nicht wahr sein!«, fuhr Carl auf. »Wirklich nicht?«
»Nein! Woher weißt du es denn?«
»Regina hat es mir mal erzählt, und Maria wusste es offenbar auch. Regina wusste, dass es nichts Ernstes war. Sie war ja eigentlich viel zu jung für dich, und du hast dich doch mit ihr nur über Maria weggetröstet. Aber, wie auch immer: Ich dachte, du würdest dich vor der Verantwortung drücken.«
Ich beobachtete
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