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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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kurz durch, ja, ich muss hier raus, können Sie mal kurz aufstehen, tut mir leid, bin gleich aus dem Bild, muss weg.
    »Es war sehr nett, dass du mich trotzdem hast weiter in dem Haus wohnen lassen, für eine Miete, davon träumt man. Gerne hätte ich mal dein Gewürzgemisch, du weißt schon welches, persönlich ausprobiert.«
    Ich grinste kurz, biss mir aber sofort auf die Backen.
    »Natürlich war es nicht immer leicht, dich so nah um mich zu haben. Vielleicht habe ich manchmal etwas unwirsch auf dich reagiert.«
    Ich lachte kurz auf, verstummte aber sofort wieder, als ich Carls ernstes Gesicht sah.
    »So habe ich versucht, meine Gefühle zu verstecken.«
    Das ist dir gelungen, dachte ich. Ich wusste gar nicht, dass so eine Testamentseröffnung derart dramatisch vonstattengehen konnte. Ich dachte immer, da würde nur das Kassenzeichen erklingen, und jeder bekam einen Betrag X zugewiesen. Und es war ja noch nicht zu Ende. Der Notar hatte noch mehr romantischen Stoff.
    »Genau so, wie du mir wehgetan hast, habe ich vermutlich dir, Kaschi, wehgetan« , fuhr er mit ernster, leiernder Stimme fort.
    Nun lehnte ich mich abrupt vor, um Kaschis Reaktion zu sehen. Er drückte sein Kreuz durch und setzte sich noch gerader hin, das Kinn stolz nach vorne gereckt.
    »Ich war immer sehr stolz, einen so fürsorglichen Verehrer zu haben. Dass du für den Lottoschein meine Geburtsdaten und mein Gewicht genommen hast, das ist ein großer Liebesbeweis. Nur leider hat es bei mir nie gefunkt. Wahrscheinlich hast du all die Jahre so gelitten, wie ich wegen Carl gelitten habe. Na ja, und dann hast du dich ja anders getröstet.«
    Ich riss meine Augen auf. In meinem Kopf ratterte es. Wurde ich hier gerade Zeugin einer jahrelangen Ménage à trois, und zwar einer sehr unglücklichen? Alles direkt vor meinen Augen, und ich hatte rein gar nichts davon mitbekommen?
    »Der Urlaub in Griechenland – unser Waterloo.«
    Maria Resche hatte eine Gabe, prägnant zu formulieren, registrierte mein Reporterhirn.
    »Wie im Kindergarten war es. Ich zerstritt mich mit Carl, weil er mich nicht wollte. Kaschi zerstritt sich mit mir, weil ich ihn nicht wollte, und ihr beide habt euch auch verkracht.«
    Ich erinnerte mich an das Foto in Kaschis Wohnwagen mit ihm, Carl und einem Mädchen darauf. Ich wusste doch, dass ich die Frau irgendwoher kannte.
    »Sehr glücklich bin ich darüber, dass ihr euch nach all den Jahren wieder nähergekommen seid.«
    Carl und Kaschi, die direkt nebeneinander saßen, schauten betreten zu Boden. Sollte uns tatsächlich dieser Notar in seinem geschäftsmäßigen Singsang die Antwort darauf liefern, wieso Carl jahrelang so ein Einsiedler gewesen war?
    »Ich denke, ihr werdet wieder dicke Freunde werden, so wie früher, jetzt, wo ich weg bin. Carl, sorg doch bitte dafür, dass Kaschi in meine Wohnung zieht. Gemeinsam mit Bonny. Die Formalitäten sind erledigt. Und dann, Carl, sorg bitte dafür, dass er es endlich erfährt. Und sie auch.«
    In meinem Kopf schwirrte schon alles, und ich bekam eins und eins nicht mehr zusammen, aber dennoch fragte ich mich, wieso Frau Resche bestimmen konnte, wer in Carls Haus einzog. Und was wer erfahren sollte.
    »Und nun zu dir, Jule.«
    Auch ich nahm sofort eine angemessene Haltung ein. Markus rechts neben mir warf mir einen aufmunternden Blick zu. Er hatte das Schauspiel bisher regungslos verfolgt.
    »Es hat mir so leidgetan, als deine Mutter starb. Gerne hätte ich ein wenig ihre Rolle übernommen. Das war nie möglich. Du hast ja auch deinen eigenen Kopf. Deshalb habe ich mich nie getraut, dir zu erzählen, was sie mir in einer schwachen Stunde anvertraut hat. Damals, als ich bei dir gebabysittet habe.«
    Zum ersten Mal spürte ich, wie Markus sich regte. Ich blickte nicht zur Seite, sondern starr auf den Notar, der einen Schluck Wasser trank. Das Ganze hatte ja schon Ausmaße einer literarischen Lesung.
    »Ich weiß, dass du an der Wohnung so sehr hängst, wie du an deiner Mutter gehangen hast.«
    Woher wollte sie das jetzt wissen? Es stimmte ja, aber das musste doch nicht in aller Öffentlichkeit breitgetrampelt werden.
    »Ich schenke dir die Wohnung. Du musst keine Miete mehr zahlen. Carl weiß Bescheid.«
    Ich konnte mich nicht weiter zurückhalten und flüsterte Carl zu, ob ich träumte.
    »Nein, nein, das stimmt schon alles«, raunte er. Der Notar warf mir sogleich einen strengen Blick zu.
    »Ich wollte dir danken, Jule, dass du mich im Radio immer so gut unterhalten hast. Wenn man so

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