Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi
dem er Landkarten sammelte. Er hatte beim Fallen ein Regal umgerissen, sodass er auf und unter den Karten lag. Deshalb ging man anfangs davon aus, dass die Farbe auf seinem Kopf von einer der Karten stammte. Irgendwann ist dem Hausarzt aufgefallen, dass ein Abdruck seitenverkehrt gewesen wäre. Außerdem wäre die Schrift undeutlicher gewesen. Dann hat die Putzfrau so etwas gesagt wie ‚Er schreibt nur mit Bleistift‘ oder so. Da schöpfte er Verdacht, suchte nach dem Edding oder einer passenden Notiz auf den Karten. Als er nichts fand, untersuchte er den Toten genauer. Dabei entdeckte er die beiden für einen Stromschlag typischen Brandmarken an den Fingern. Erst danach hat er die Polizei informiert.“
Markus stöhnte: „Das heißt, er hat zunächst alles angegrabbelt und umgeschichtet, damit wir gar keine Chance mehr haben, Spuren des Täters erkennen zu können.“
„Genau. Die Verbindung zu eurem Fall zog ich, als ich hörte, wie die Kollegen die Kennzeichnung eins von acht diskutierten. Mir fiel sofort unser ‚Weil ich’s kann‘-Gedicht ein.“
Lisa fragte: „Ging Senftleben zum Geocachen?“
„Danach hat bisher niemand gefragt.“
„Dann sollten wir das schleunigst tun, wenn wir das hier hinter uns gebracht haben“, sagte sie, wappnete sich innerlich für den Anblick von Senftlebens Leiche und den Geruch, bevor sie die Tür öffnete.
3
Mit Schwung
20
Alfeld, Dienstag, der 6.9.2011
Lisa und Markus fuhren gemeinsam zum Einfamilienhaus von Lothar Senftleben. In den Gärten „An den Steinköpfen“ standen Grüppchen zusammen und diskutierten offenbar die Geschehnisse bei ihrem Nachbarn. Lisa entdeckte Sina und ihren Partner Artjom Hahn, die gerade aus einem roten Backsteinbau mit Sonnenkollektoren auf dem Dach traten.
Als sie unmittelbar vor Senftlebens Haus anhielten und einparkten, richteten sich alle Augen auf sie. Lisa erkannte in einer der Gruppen einen der Redakteure der Alfelder Zeitung. Sie seufzte und machte Markus auf ihn aufmerksam.
Der grummelte: „War ja nicht anders zu erwarten. Was glotzen die so?“
Lisa verkniff sich ein Grinsen.
„Wir benehmen uns verdächtig. Du weißt doch, dass die Täter immer an den Ort ihres Verbrechens zurückkehren müssen.“
„Sind wir hier beim Tatort, oder was?“
„Nicht beim, am. Komm, lass uns hineingehen, bevor jemand die Polizei ruft.“
„In den Keller könnt ihr noch nicht“, begrüßte sie der Kollege, der auf ihr Klingeln hin öffnete. „Erdgeschoss und erste Etage sind fertig. Wir haben nichts Ungewöhnliches entdeckt.“
„Danke für die Infos. Wie lange benötigt ihr für den Keller noch?“
„’Ne halbe Stunde, denke ich.“
„Habt ihr ein Geocaching-Gerät gefunden?“, fragte Lisa.
„Wie sieht das aus?“
„Ungefähr wie ein Telefon, nur ohne Wähltasten.“
„Glaube nicht.“
„Gibt es Einbruchsspuren?“
„Keine.“
„Steht sein PC im Keller?“, erkundigte sie sich.
„Nö, im Wohnzimmer.“
Lisa spürte Ärger in sich aufsteigen. Zwar beantwortete der Kollege alle Fragen, aber irgendwie nervten seine kurzen, unvollständigen Antworten sie mindestens genauso wie sein schläfriger Tonfall. Sie ließ ihn stehen, ging durch einen schmalen Flur direkt zur guten Stube. Als sie den Raum betrat und sich umsah, fiel ihr ein einziges Wort ein: „gutbürgerlich“. In diesem Wohnzimmer gab es nichts Modernes, ein Sofa, zwei Sessel, einen Esstisch mit Stühlen und eine Schrankwand. Lisa fragte sich, ob die große Klappe im Zentrum ein Barfach oder einen Fernseher verbarg. Das Ölgemälde mit dem Holstentor hing genau in der Mitte der Wand über dem Sofa. Die Tischplatte war gefliest, und Lisa wusste, dass man sie hinauf- und hinunterkurbeln konnte, weil ihre Omi einen ziemlich ähnlichen besessen hatte. Im Eck zwischen Sessel und Sofa stand eine Stehlampe mit Troddeln am unteren Rand und … Lisa musste sich vorbeugen, um es sehen zu können … ja, da war ein Zeitungsständer aus Messing. Während ihre Omi darin die Fernsehzeitung und ihre Strickhefte aufbewahrt hatte, befanden sich hier die ADAC-Zeitung und eujeujeujeu, ein Herrenmagazin. Lisa hob den Playboy hoch und zeigte ihn Markus. „Ein bisschen Leben war noch drin.“
„Du bist gemein. Retro ist längst wieder modern.“
‚Oder er hat sein ganzes Leben bei Mama verbracht und konnte selbst nach ihrem Tod nichts verändern‘, dachte Lisa. Laut fragte sie: „Senftleben wohnte allein, oder?“
„Habe ich so verstanden, ja. Abgesehen von
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