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Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi

Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi

Titel: Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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den Korridor hinunter und schob die schwere Holztür auf.
    Eine weißhaarige Dame saß neben dem Fenster in einem Sessel. Ihr Bein war komplett eingegipst. Es lag auf einem Hocker. Neben ihr auf einem Tischchen stand ein Tablett mit einer Thermoskanne, einer Tasse, einem Glas und einer Flasche Wasser.
    „Oh, da ist die Zeitung. Danke Ihnen. Ich muss wohl eingenickt sein. Sonst hätte ich den Zusteller gebeten, sie mir durchs Fenster zu reichen. Welch ein Glück, dass Sie vorbeigekommen sind.“
    Sola legte die Zeitung auf den Tisch. Sie redete weiter. „Sie wollen sicher zu meinem Sohn. Eigentlich hatte er heute Vormittag frei, aber so ist das bei der Polizei. Wenn was passiert, muss er los. Aber das wissen Sie ja wahrscheinlich. Arbeiten sie auch für die Polizei? Setzen Sie sich doch, bitte.“
    Sola starrte die alte Frau an und fragte sich, ob sie immer so vertrauensselig war oder ob sie ihm etwas vorspielte. Ihr Sohn arbeitete bei der Polizei, und sie ließ jeden x-Beliebigen herein, obwohl sie ihn nicht kannte?
    Selten dämlich oder senil?
    „Ich würde Ihnen ja einen Kaffee anbieten, junger Mann, aber Sie müssten sich die Tasse aus der Küche holen. Ich kann nicht aufstehen, es ist schon ein Kreuz“, sagte sie.
    Sola überlegte nur kurz. Sie gab ihm quasi die Erlaubnis, das Haus zu durchsuchen. Sollte er die Gelegenheit nutzen?
    Im Moment konnte er keinen Vorteil daraus ziehen. Besser die Alte blieb arglos. Er musste Lisa erst die Gelegenheit geben, ihre Angst mit ihrem Partner zu teilen. Ob sie schon mit ihm darüber gesprochen hatte?
    Dann konnte er wiederkommen. Jederzeit.
    Jetzt kam es darauf an, gehen zu können, ohne dass die Alte ihrem Markus von seinem Besuch erzählte.
    „Hören Sie, ich wollte gar nicht stören. Wir Kollegen wollen …, sehen Sie, es soll eine Überraschung werden.“
    „Zu seinem Geburtstag nächsten Monat. Ja, ja, 44 wird der Junge dann. Aber das wissen Sie ja.“
    Wusste ich nicht, trotzdem danke für die Information.
    „Worüber würde er sich denn freuen?“
    „Er sammelt diese Öfen, aber das wissen Sie ja, Kochmaschinen und kleine Kachelöfen, die halbe Scheune steht schon voll.“ Sie schüttelte den Kopf, als spräche sie über ein kleines Kind, das die Taschen voller Schnecken oder Regenwürmer gesammelt hat. „Ha, da fällt mir was ein. Kennen sie den Zwetschenkreuger? In Westerfeld? Bei Freden. Da kann man nicht nur essen gehen. Die verkaufen Wurst in Dosen. Die liebt er. Und die Mettwurst, die auch. Das wär doch ein passendes Geschenk.“ Sie lachte lauthals. „Da können Sie gleich querschneiden, nach dem Verschenken. Da kommt wenigstens nichts um.“
    „Das ist eine wunderbare Idee. Ich danke Ihnen. Naja, ich muss dann mal los.“
    „Junger Mann, es war nett, sich mit Ihnen zu unterhalten. Schauen Sie doch mal wieder vorbei.“
    Wünsch dir das lieber nicht.
    Sola lächelte. „Nichts verraten, es soll ja eine Überraschung werden.“
    „Selbstverständlich.“ Sie lachte wieder schrill und vergnügt. „Er wird sich freuen, der Junge.“
    ‚Das glaube ich weniger‘, dachte Sola, verabschiedete sich und verließ das Gebäude.

32
    Schloss Marienburg, Freitag, der 9.9.2011
    Furcht war nicht das richtige Wort.
    Angst? Erst recht nicht.
    Unbehagen traf es auch nicht.
    Beklommenheit? Vielleicht.
    Es war dunkel.
    Und es war ihr Zuhause.
    Lisa war langsam die Straße heruntergefahren, hatte gewendet und war zurückgekehrt. Scheinbar auf der Suche nach einem Parkplatz.
    Sie hatte keinen Menschen gesehen.
    Hinter einigen Fenstern flackerte das bläuliche Licht der Fernsehgeräte. Die meisten waren bereits dunkel.
    Es war nach 23 Uhr. Da schlief die arbeitende Bevölkerung schon.
    Nachdem sie am Nachmittag ergebnislos alle Schlösser des Landkreises Hildesheim abgeklappert hatten, war sie eine Kleinigkeit essen gegangen. Anschließend hatte nichts sie nach Hause gezogen. Deshalb war sie in die Alfelder Kinowelt geschlendert und hatte sich einen albernen Film mit Til Schweiger und seiner Tochter angesehen. Gags und Story hatte sie vergessen, da waren sie noch nicht ganz verklungen.
    Sie hatte nicht zugehört.
    Sie hatte nicht hingesehen.
    Sie hatte sich beklommen gefühlt.
    Irgendwann konnte sie es nicht länger aufschieben.
    Sie musste nach Hause gehen.
    Sie wollte ins Bett, sich ausstrecken, schlafen, träumen.
    Energisch zog sie den Zündschlüssel ab und stieg aus. Ihr Blick wanderte die Häuserfassaden hinauf. Ihre Nase versuchte, die Gerüche zuzuordnen.

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