Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi
leise, dass das Rascheln der Blätter ihn beinahe übertönte. „Ich, ich hatte einmal eine eigene Firma, einen Familienbetrieb, von meinem Vater geerbt. Wir, ich bin pleitegegangen und musste meine Mitarbeiter Knall auf Fall entlassen. Das hat einiges böses Blut gegeben. Damals.“
Corinnas Arm zuckte in Steinwands Richtung. Sie beherrschte sich, bevor sie ihn berührt hatte.
Gabriel Sola trat instinktiv einen Schritt zurück. Er prüfte die Szene. Dieser Steinwand spielte eine Rolle. Definitiv. Er gab den unschuldig zum Verlierer gewordenen, den jedermann bemitleiden sollte, perfekt ab.
Dieser Metallbauer imponierte ihm. Er zog alle Register. Corinna zerfloss vor Mitleid. Wenn die Möglichkeit bestünde, gäbe sie ihm das Geld, das er brauchte, um seine Firma zu retten, sofort und in bar.
Hatte er es darauf abgesehen?
Merkte Dennis denn nichts? Sola versuchte, ihn aufmerksam zu machen, doch der begriff kein Jota.
Später. Er würde ihn später informieren.
Und er brauchte Informationen, dringend.
Grundberg reagierte mit der naheliegenden Frage. „Wie lange ist das her?“
Wie aus der Pistole geschossen antwortete Steinberg: „Im Sommer 2006.“
„Das sind fünf Jahre. Unwahrscheinlich, dass jemand so lange unverrichteter Dinge auf Rache sinnt, oder?“, fragte die Polizistin.
‚Da kann man sich täuschen‘, dachte Sola. ‚Zecken warten noch viel länger auf ihr nächstes Opfer, wenn es sein muss.‘
40
Alfeld, Montag, der 12.9.2011
Nachdem Lisa gestern Nachmittag in ihre Wohnung zurückgekehrt war, hatte sie angefangen, ihre Kasseler Kollegen anzurufen. Fitz hatte in der Zwischenzeit in ihrer Küche Bratkartoffeln zubereitet.
Schon ihr dritter Anruf war erfolgreich. Der Kollege Kelplin war im Ruhestand und verriet ihr bereitwillig, dass Frank Futterer nach Papenburg gegangen war. „Er arbeitet da als Wachmann bei der Meyer-Werft“, hatte Kelplin erklärt. „Ich habe ihn zufällig bei einer Werksbesichtigung getroffen.“ Dann hatte Kelplin gelacht. „Er hat den Mädchennamen seiner Mutter angenommen, der Schlawiner.“
Als Lisa ihn gefragt hatte, wie er darauf gekommen war, hatte Kelplin erneut heiser gelacht: „Er war ganz offensichtlich nicht erfreut, mich zu sehen. Aber da hat er bei mir keine Chance. Das lass ich mir nicht gefallen. Schließlich haben wir eine halbe Ewigkeit zusammen Dienst geschoben. Ich habe ihn zur Rede gestellt, und die Sicherheitsjungs tragen bei der Werft alle Namensschilder.“
Wieder lachte er.
„Wahrscheinlich zur Sicherheit der Besucher, damit die Wachleute nicht übermütig werden.“
Bei der Frage, woher er Franks Telefonnummer hatte, kam der Kollege Kelplin kurz ins Stocken, sagte dann aber umso fröhlicher: „Ist ’ne alte Dienstkrankheit. Informationen, die es gibt, finden wir auch, dauert manchmal nur ein bisschen länger.“
Lisa hatte sich bedankt und aufgelegt. Kam der Kollege gar nicht auf die Idee, dass Frank untergetaucht sein könnte, dass er in Gefahr schwebte?
Hätte er jedem die Telefonnummer gegeben oder nur ihr?
Sie ging in die Küche, lehnte sich an die Spüle und schaute Fitz beim Zwiebelschneiden zu.
„Erfolg gehabt?“, fragte er.
„Ja.“
„Dann ruf ihn doch gleich an.“
„Ist schon so spät.“
„Um die Zeit ist er wenigstens zu Hause.“
„Hm.“
Sie kehrte in die Stube zurück, wählte die Nummer aber nicht. Ihr war mulmig zumute.
Als Fitz sich während des Essens erkundigte, ob sie ihn erreicht hatte, schüttelte sie den Kopf. Er fragte nicht nach, doch er schien zu wissen, dass sie es nicht versucht hatte.
Fitz bot nicht an, bei ihr zu übernachten, und lud sie auch nicht zu sich nach Hause ein. Er verabschiedete sich mit einem knappen: „Pass auf dich auf!“
Nun saß Lisa allein in ihrem Büro. Sie hatte den Wagen stehen lassen, war zu Fuß die wenigen Meter zwischen den Wohnhäusern hindurchgegangen. Sie hatte akzeptabel geschlafen, war früh aufgewacht und fühlte sich bereit, mit Frank zu telefonieren. Dass sie dabei hinter ihrem Schreibtisch saß, quasi dienstlich anrief, erleichterte ihr die Angelegenheit.
Um Frank nicht unnötig zu beunruhigen, rief sie ihn auf der Arbeit an. Tatsächlich hatte er Dienst, und es dauerte wenige Sekunden, bis sie Franks Stimme so klar hörte, als säße er ihr gegenüber.
„Hi!“, sagte sie leise. „Ich muss dringend mit dir sprechen.“
Stille
„Lisa?“
„Ja. Hilfst du mir?“
Er zögerte.
Räusperte sich. „Ruf mich auf dem Handy an - 0177 344 64
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