Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi
im Affekt, wenn man wütend ist, weil ein Projekt nicht geklappt hat oder viel teuerer geworden ist als erwartet, wenn man einen Mitarbeiter entlassen muss oder den Zulieferer wechselt, dann gibt es böses Blut, ganz klar. Da werden auch schon mal Drohungen ausgestoßen, besonders auf den Baustellen.“
„Sie hatten trotzdem einen speziellen Fall im Kopf?“
„Na ja, klar, macht man sich so seine Gedanken. Vor ziemlich genau vier Monaten haben wir eine ganze Kolonne nach Hause geschickt, weil außer dem Polier nur illegale Arbeiter beschäftigt wurden. Als der Bauunternehmer nicht protestiert hat, dachte ich noch, er hält die Klappe, weil er fürchtet, wir könnten ihn anzeigen.“
„Dann kam Ihnen die Idee, er könnte sich auf die Art rächen?“
„Bis dieser Damian Fuchs in Söhlde ermordet wurde.“
„Den kennen Sie nicht?“
„Genau, nie gehört, den Namen. Außerdem habe ich noch nie in Söhlde gebaut. Trotzdem hat mir die Sache keine Ruhe gelassen. Ich habe versucht, eine Verbindung herzustellen.“
„Ist es Ihnen gelungen?“
„Nein, aber dann rief mein Schwager von der Polizei heute Morgen an und sagte, es wäre ein Cache gefunden worden, der nach Sarstedt weist. Das muss so gegen zehn, halb elf gewesen sein. Ich habe sofort meinen Juniorpartner Arved angerufen. Er hat mich ausgelacht, als ich ihm von meinem Verdacht erzählt habe.“ Dorn stockte.
„Und dann?“, fragte Lisa.
„Dann hat er aufgelegt, weil es an der Tür geklingelt hat. Er hatte gesagt, er ruft gleich zurück.“
„Das hat er nicht getan.“
Dorn schüttelte den Kopf.
„Er hat dem Täter die Tür geöffnet“, sagte Lisa sanft.
„Das heißt doch, er kannte ihn.“
„Nicht unbedingt“, widersprach Markus. „Die meisten Menschen auf dem Land machen einfach auf, wenn es klingelt. Sie rechnen nicht mit einem Überfall, höchstens mit einem Staubsaugervertreter.“
„Oder den Zeugen Jehovas“, ergänzte Lisa.
„Aber, wenn er ihn gekannt hat, kenne ich ihn wahrscheinlich auch. Welches Körperteil hat man ihm zugeordnet?“
„Ein Auge.“
„Und mir?“
Lisa räusperte sich. „Den Kopf.“
Dorn nickte wieder. „Zutreffend. Arved ist auf die Baustellen gefahren, hat kontrolliert, abgenommen und reklamiert, während ich im Büro bleibe, alles koordiniere, plane und neue Kunden und Projekte akquiriere.“
„Ihr Partner ist übrigens nicht verstorben. Er wurde ins Krankenhaus gebracht. Weitere Informationen dazu haben wir noch nicht. Sie leben auch.“
„Ja, Gott sei Dank..“ Dorn zeigte auf ein Paket, das auf dem Tisch neben der Mappe mit den Zeitungsartikeln stand. „Das kam heute Morgen. Hat ein Bote abgegeben. Etwa so groß wie Sie, blond, blaue Augen, auffällig große Hände, habe ich Ihrem Kollegen schon erzählt.“
„Was ist in dem Paket?“, fragte Lisa und schaute von oben hinein.
„Hausgemachte Marmelade, Wurst und Kräutersalz, alles aus der Region Hildesheim. Es war ein gedrucktes Kärtchen dabei, mit dem Aufdruck ‚A Gift for you‘. Gift groß geschrieben, alles andere klein. Ich konnte nur das Wort Gift anstarren und habe gleich die Polizei angerufen.“
Lisa wandte sich an den Kollegen, der in der Türöffnung stand und ihr Gespräch beobachtete. „Haben Sie Proben entnommen?“
„Es war ein Kollege aus Hildesheim da. Er wollte das ganze Paket mitnehmen. Dem haben wir widersprochen. Sie sollten sich einen Eindruck verschaffen können.“
„Danke, sehr umsichtig“, sagte Lisa. „Darf ich das Paket auspacken?“
„Selbstverständlich. Es wurden keine Fingerabdrücke gefunden.“
„Gar keine?“
„Alles sehr sorgfältig abgewischt.“
Lisa nahm ein Glas Marmelade in die Hand. „Liebevoll verpackt.“
Dorn zeigte auf den Deckel. „Da haben Sie gleich das richtige herausgepickt. Ich liebe Rosenmarmelade. Aber sehen Sie mal, da ist ein Löchlein im Deckel, ziemlich nah am Rand. Gefunden?“
„Tatsächlich.“ Sie drehte das Töpfchen auf und betrachtete die Innenseite des Deckels. „Da hat jemand mit einem spitzen, sehr feinen Gegenstand ein Loch durch das Metall gepiekt.“
„Zum Beispiel mit einer Spritze.“
Lisa roch an dem Inhalt. „Riecht … hm … blumig.“
Markus nahm das Glas aus Lisas Hand, schnupperte ebenfalls und fragte: „Man wollte Sie also vergiften. Warum?“
„Ich liebe gutes Essen. Ich besiegele jeden Vertragsabschluss mit einem gemeinsamen Mahl, am liebsten asiatisch.“ Er lachte hohl. „Deswegen haben Sie den Cache sicher am Kipphut
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