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SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
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können. Darauf war er nicht eingestellt. Er musste bluffen.
    „Vom Staatsanwalt bis zum Richter kenne ich jeden. Dass ich einsitze, ist etwa so unwahrscheinlich wie, dass du fünf Kilo abnimmst!“, spottete er.
    „Die fünf Kilo nehme ich schon ab, wenn ich nicht mehr mit so einem Schlappschwanz zusammen bin, der es im Bett nicht bringt.“
    „Okay. Ausgleich. Es steht damit wohl eins zu eins.“
    „Falsch. Du hast verloren. Du weißt es nur noch nicht.“
    Es gab eine Sache, die er im Laufe seines Lebens gelernt hatte: Am Ende gewann immer er. Daran glaubte er fest. Das Siegen lag in seiner Natur. Er war hier der verdammte Wolf, der Jäger. Er war nicht der Gejagte. Und dieses verrückte Weib wäre die Letzte, die daran etwas ändern könnte. Aber er wusste auch, dass es manchmal nötig war, den Rückzug anzutäuschen, den Gegner in dem Glauben zu lassen, er sei es, der die Dinge kontrolliere. Dann, in seiner Vorwärtsbewegung, stieß man zu.
    „In Ordnung. Ich denke, wir sind wohl im Geschäft", antwortete er betont resignativ.

-45-
     
    In der Nacht fiel der erste Schnee. Die Temperaturen sanken rapide. Alle lagen in ihren Betten - einige davon wach, die anderen schliefen. Zwei davon unfreiwillig.

-46-
     
    Als Juliane Fay öffnete, stand ein Polizist vor der Tür. Sie kannte ihn. Es war Bent Jasper. Was wollte der noch? Sie hatte den Unfallhergang doch bereits geschildert! Sie überlegte, ob in ihrer Schilderung irgendwelche Unstimmigkeiten gelegen haben mochten.
    „Guten Morgen, Frau Fay. Ich hätte nicht gedacht, Sie anzutreffen!“, begrüßte er sie.
    „Ich bin krankgeschrieben. Schleudertrauma. Deswegen auch dieses Ding hier.“ Sie deutete auf die Halskrause.
    Jasper musterte sie kurz. Zweifellos eine Dienstkrankheit oder auch ein Reflex, der ihm möglicherweise eines Tages das Leben retten würde.
    Beim ersten Mal hatte er nicht die nötige Ruhe gehabt, um die Einzelheiten ihrer Erscheinung zu studieren, aber jetzt sah er eine durchschnittliche Frau vor sich stehen. Sie war keine makellose Schönheit, aber dennoch nicht unattraktiv.
    Dunkelbraunes, mit einer Holznadel aufgestecktes Haar. Sie war relativ groß und weiblich geformt. Ihre Hüfte signalisierte Gebärfreudigkeit, stand aber, ebenso wie ihre etwas stämmigen Beine, in deutlichem Gegensatz zu ihrem schlank geformten Oberkörper. Mit einem Satz: Die Körperhälften harmonierten einfach nicht miteinander, so als sei die Frau versehentlich aus zwei ungleichen Hälften zusammengesteckt worden.
    „Frau Fay, ich habe noch ein paar Fragen. Dürfte ich hereinkommen? Ich werde Sie auch nicht lange aufhalten.“
    Juliane Fay zögerte einen Moment, trat dann aber mit einem Nicken beiseite und zog die Eingangstür weiter auf.
    „Möchten Sie einen Kaffee?“ Jasper nickte.
    Wenige Minuten später saßen beide in einem Wohnzimmer, das aussah, als sei es geradewegs dem Ikea-Katalog entsprungen.
    „Was kann ich für Sie tun?“, fragte sie.
    Jasper schaute von seiner Kaffeetasse auf.
    „Ich habe mir noch einmal die Bremsspuren vorgenommen. Es hat den Anschein, als haben Sie zweimal gebremst?“
    „Ach ja? Ich kann mich nicht so genau erinnern. Wo ist das Problem?“
    „Nun, Sie haben zwischen den zwei Bremsungen offensichtlich noch einmal Gas gegeben. Die erste Spur ist kürzer als die zweite.“
    Die Frau begann ihre Tasse langsam zwischen den Händen zu drehen.
    „Ja? Und?“
    Fay wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte in ihre Tasse.
    „Finden Sie das nicht ungewöhnlich?“
    „Wahrscheinlich hatte ich dafür einen Grund! Ich weiß es nicht mehr. Ich bin einfach noch durcheinander.“ Ihre Stimme klang ein wenig gereizt.
    „Verstehe. Das ist ja auch für Sie nicht leicht.“
    „Wie geht es Herrn Brenner?“, fragte sie.
    „Das kann ich Ihnen nicht sagen. Alles was ich weiß, ist, dass er im Koma liegt.“
    „Oh ...“
    Juliane Fay blickte abwesend an Jasper vorbei.
    „Würden Sie sich als gute Autofahrerin bezeichnen? Fahren Sie beruflich viel?“, fragte er.
    Erneut blickte sie in den Kaffee, rührte bedächtig um und beobachtete den Wirbel, der dabei entstand.
    „Ich denke schon. Ich fahre sicherlich einige Kilometer. Als Produktmanagerin muss man das. Wie viele Kilometer genau, das weiß ich aber beim besten Willen nicht.“ Sie schaute ihn fragend an. „Spielt das eine Rolle?“
    Jasper schüttelte den Kopf.
    „Bei einem Taxifahrer schon. Bei Ihnen aber wohl nicht.“
    „Da bin ich beruhigt", antwortete

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