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SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
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auf sie zu. Frauke aber wich zurück, nickte nur einmal kurz.
    „Was können Sie mir erzählen?“, fragte Sirkowsky.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und legte den Kopf schief.
    „Sagen Sie? Haben wir uns schon einmal gesehen?“
    Sirkowsky lupfte die Schultern.
    „Sie sind nicht von der Polizei? Richtig?“
    Sie trat einen Schritt zurück, er einen auf sie zu.
    Das war es also! Sie erwartete die Polizei. Das war wirklich amüsant.
    „Nicht direkt. Denken Sie das?“, er grinste.
    „Und wer sind Sie dann? Was wollen Sie von mir?“
    Er tat noch einen weiteren Schritt auf sie zu. Und in diesem Moment sah er in ihrem Gesicht endlich ein Zeichen des Wiedererkennens. Das stimmte ihn fast versöhnlich. Aber nur fast.
    „Jetzt weiß ich es! Sie waren gestern im Krankenhaus!“
    Sirkowsky grinste nur – immer noch. Seine rechte Hand glitt in die Manteltasche.
    „Sie haben mich nicht vorgelassen. Erinnern Sie sich? Das war nicht höflich.“
    „Wie bitte? Wegen einer solchen Banalität dringen Sie in mein Haus ein?“
    „ Sie haben mir doch die Tür geöffnet! Bin ich damit nicht ihr Gast?“, Sirkowsky setzte einen beleidigten Gesichtsausdruck auf. „Jetzt stoßen Sie mir schon wieder vor den Kopf. Ihre Gastfreundschaft ist“, er grinste, „enttäuschend.“
    „Sie verlassen auf der Stelle mein Haus!“, schrie sie. Sirkowsky war verblüfft. Diese Frau zeigte keine Angst. Eine weitere Beleidigung. Wenn nicht sogar die Größte.
    „Zu dumm. Hätten Sie mitgespielt, dann wäre ich vielleicht einfach gegangen. Aber jetzt ...“
    „Ich warne Sie! Mein Mann kommt jeden Moment!“
    „Aber sicher.“
    Jetzt hatte er genug. Das Rätsel war gelöst, seine Neugier befriedigt und, sie hatte ihn erkannt. Es war Zeit das Spiel zu beenden. Er hielt sich schon deutlich zu lange hier auf, denn wenn die Frau die Polizei erwartete, dann würde die wohl auch kommen. Mit einem letzten Schritt auf sie zu, war er so nah, dass er sie problemlos greifen konnte. In diesem Moment sprang Frauke nach rechts, griff sich blitzschnell einen der Becher und schüttete ihm den kochend heißen Inhalt ins Gesicht. Sirkowsky schrie auf.

-51-
     
    Frauke rannte los - wie schon eine alte Frau wenige Stunden zuvor. Sie wusste: Lange würde ihn der heiße Kaffee nicht außer Gefecht setzen. Darum sah sie ihre einzige Chance darin, den kürzesten Weg zu nehmen. Und der war raus, nur raus. Durch den Flur, die Eingangstür, auf die sichere Straße. Bei etwas weniger als zehn Metern rechnete sie sich gute Chancen aus, vor ihm an der Tür zu sein - auch wenn sie sich selbst nicht gerade für eine Sportskanone hielt. Hinter sich hörte sie es rumpeln. Sie vermutete, dass der Mann gegen einen Stuhl oder den Türrahmen geprallt war. Das aber auch nur mit einem schnellen Blick nach hinten zu überprüfen, wagte sie nicht. Sie spürte seine Präsenz. Er war dicht hinter ihr.
    Die wenigen Meter dehnten sich. Während sie rannte, fragte sie sich, wie sie nur so dumm sein konnte? Ausgerechnet sie, die sie auf der Station immer alles unter Kontrolle hatte, es schon einer Panzerfaust bedurfte, um ungeprüft an ihr vorbeizukommen. Aber hier? Hier hatte sie versagt und rannte nun wie ein Hase. Um was eigentlich? Ihr Leben? Und warum rannte sie? Sie könnte doch einfach stehenbleiben. Dann wären diese Nächte der Selbstqual endlich vorbei, jemand erledigte das, wozu sie sich selbst bislang noch nicht hatte durchringen können. Jedoch: So verlockend das war, wollte sie selbst entscheiden, wie, wann und wo sie ging, um Mann und Tochter wiederzusehen. Und plötzlich wurde ihr klar, dass sie noch nicht so weit war! Und so hörte Frauke nicht auf zu rennen.
    Zwei Schritte. Noch zwei Schritte!
    Sie streckte den Arm nach der Klinke aus. Nur einen Lidschlag später umschlossen ihre Finger endlich das Metall des Türgriffs und drückten ihn hinunter. Frauke bemerkte gerade noch ein schmales Lichtband durch den Türspalt brechen, als sie herumgerissen wurde. Danach blieb ihr noch eine Sekunde, um in sein wutverzerrtes Gesicht zu sehen - dann wurde es dunkel.

-52-
     
    Als Frauke wieder zu sich kam, fand sie sich auf einem der Wohnzimmerstühle wieder. Gefesselt. Der Knoten, mit dem ihre Hände hinter der Stuhllehne zusammengebunden waren, saß fest. Ihr Kopf dröhnte, sie war benommen und ihre Augen nahmen die Umgebung wie durch Milchglas wahr. Aber das reichte, um zu erkennen, dass sich ein breiter, dunkler Schatten vor ihr hin und her bewegte.
    Sie ließ den

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