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Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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an den armen Nathan, und es wurde ihr so übel, daß sie geraume Zeit brauchte, um sich wieder auf den Murnie konzentrieren zu können.
    »Lähbterr noch?« fragte sie stockend.
    »Er lebt noch«, erwiderte der Murnie. »Sozusagen.«
    »Ährr isd pöh – böwußtloss?«
    »Bewußtlos, ja. Aber die Ärzte hier – es sind wirklich Ärzte – besitzen enorme Kräfte, die sie ein halbes Leben lang entwickelt haben. Als Brazil ins Lager gebracht wurde, war er schon das legendärste Wesen, das es hier jemals gegeben hat. Der Geheiligte, der ihn untersuchte, tat, was er konnte, aber er sah, daß der Tod nicht aufzuhalten sein würde. Er holte fünf andere – sechs ist hier aus naheliegenden Gründen eine magische Zahl – und sie nahmen eine Übertragung der Ehre vor. Das ist, seit ich hier bin, nur drei- oder viermal geschehen – es verkürzt das Leben der Geheiligten um ein Jahr oder mehr. Sie behalten es sich für den Gipfel an Ehre und Mut vor.« Er sah sie an und unterbrach sich. »Ich sehe, du begreifst nicht. Es ist schwer zu erklären. Hängst du einer Religion an?«
    Der Gedanke an Religion war für sie sehr komisch, aber sie sagte nur leise: »Nein.«
    »Wenige von uns tun es – oder taten es zu meiner Zeit, und jetzt wird es noch schlimmer sein. Aber hier lernt man, daß man von den meisten Dingen nichts weiß. Man mag es mechanisch nennen, wenn man will, einen Teil der Kräfte des markovischen Gehirns, aber man muß es akzeptieren: Was wir sind, unsere Erinnerungen, unsere Persönlichkeit, was auch immer, kann nicht nur verwandelt, sondern auch weitergereicht werden. Sieh mich nicht so an – ich bin nicht wahnsinnig. Ich habe es gesehen.«
    »Wohlennsüh mirr sahken, daßn Athan jötzt ein Murnie isst?« fragte sie ungläubig.
    »Kein Murnie«, erwiderte er ruhig. »Das würde verlangen, daß sein – nun, nennen wir es sein ›Wesen‹ – auf jemand anderen übertragen wird. Nein, wenn jemand so hochgeachtet ist, daß ihm eine Übertragung der Ehre zugebilligt wird, gelangt er in den besten Vollblut-Antilopenhirsch oder in ein Reh. Sieh mich nicht so entsetzt an – sie sind von so hervorragenden Eigenschaften, daß sie sofort erkannt werden. Niemand würde sie töten oder auch nur belästigen. Wenn der Körper dann gesundgepflegt werden kann, was selten vorkommt, sonst würden die Geheiligten das Verfahren gar nicht anwenden – wird er wieder zurückgetauscht. Wenn nicht, wird er verehrt, versorgt und führt ein glückliches und friedliches Leben auf den Ebenen.«
    »Nathan üßt einne Ahntiloppe?« ächzte sie.
    »Ein wunderschöner Vollblut-Hirsch«, bestätigte der Murnie. »Ich habe ihn gesehen. Er ist noch betäubt. Ich wollte nicht, daß er aufwacht, bevor wir beide dort sind und es ihm erklären können.«
    »Bestött ürrgeneine Ausücht, daß ein Kärrper amLähben bleipt?«
    »Ob sein Körper am Leben bleibt? Ich weiß es nicht. Ich bezweifle es sehr, aber ich nehme an, der Ausgang hängt davon ab, was mit ihm noch geschieht.« Er berichtete von der Entführung des Körpers durch Cousin Bat. »Er konnte uns offenbar nicht als zivilisiert betrachten und mußte Brazil für das Opfer primitiver Medizin ansehen. Er bringt Brazils Körper nach Czill, wo es ein modernes Krankenhaus gibt. Wenn der Körper die Reise überlebt, werden die Czillaner wissen, was geschehen ist. Einer unserer Leute unterrichtet sie heute für alle Fälle. Sie können die Funktionen des Körpers, wenn er noch lebt, unbegrenzt aufrechterhalten, auch wenn er nur eine leere Hülse ist. Ihre Computer wissen von der Übertragung der Ehre. Wenn sie den Körper zu heilen vermögen, kann er zur Rückübertragung hierhergebracht werden, aber ich würde meine Hoffnungen nicht daran knüpfen. Ich habe in meinen achtzig Jahren drei Übertragungen erlebt, und keiner der Körper hat die Nacht überstanden.«
    Nathan Brazil erwachte mit einem merkwürdigen Gefühl. Alles sah ganz anders aus.
    Er befand sich auf der Murnie-Prärie – und es war Tag.
    Ich habe also wieder einmal überlebt, dachte er.
    Allerdings sah alles höchst sonderbar aus, wie durch ein Fischauge-Kameraobjektiv gesehen. Sein Gesichtsfeld war etwas größer als vorher, es war ein Rundbild, das starke Verzerrungen aufwies. Am Rand schien alles ganz nah zu sein, aber zum Mittelpunkt hin entfernte sich alles, wie durch einen langen Tunnel gesehen. Und die ganze Welt war braun – eine unfaßbare Anzahl von Braun- und Weißtönen.
    Brazil drehte den Kopf und schaute sich

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