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Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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Gelegenheit, mich zu äußern.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß du vor Gericht gestellt würdest, sondern daß du für schuldig befunden worden bist. Es gibt keine mildernden Umstände. Im Norden pochen Heiden an unsere Tür, Heiden töten brutal und auf grausame Weise Zehntausende von Auserwählten des Schachts im Süden. Jetzt kommst du. Du bist gewiß nicht von den Olborniern. Ebensowenig kommst du auf Einladung oder mit Erlaubnis des Hohen Priesterrates. Du bist eine Spionin, und so frage ich dich: Kannst du deine Unschuld auf irgendeine Art schlüssig beweisen?«
    Was für eine einseitige Frage! dachte sie. Beweise, daß du nicht gelächelt hast. Beweise, daß du deine Mutter nicht getötet hast, die der Gerichtshof nicht kennt.
    »Sie wissen, daß niemand einen negativen Beweis erbringen kann«, gab sie zurück.
    Er nickte.
    »Versteht sich. Aber es gibt einen endgültigen Schiedsrichter.«
    »Sie wollen mich töten?«
    Der Priester sah sie entsetzt an. Mavra fragte sich, warum sie früher Katzen gemocht hatte.
    »Natürlich töten wir nicht, außer in Notwehr. Alles Leben kommt vom Heiligen Schacht und darf nicht leichthin genommen werden. Da du im Gegensatz zu deinen Begleitern kein Leben genommen hast, könnten wir dir das deine nicht nehmen.«
    Das gab ihr ein wenig Hoffnung.
    »Der Schacht hat in Seiner unendlichen Weisheit und Barmherzigkeit unter den Olborniern eine gerechtere Methode des endgültigen Urteilens geschaffen – endgültig, absolut und schlüssig. Der Stein, vor dem du stehst, ist einer von sechs Steinen an den sechs Ecken von Olborn. Er ist Beweis für die Bevorzugung Olborns durch den Heiligen Schacht. Seine Kraft kommt aus dem Schacht selbst. Was er tut, kann nie ungeschehen gemacht werden.«
    Sie erschrak. Sie dachte an Renard, der in ein anderes Wesen verwandelt worden war. Was konnte dieser Stein bewirken?
    »Der Schacht sah in Seiner unendlichen Weisheit, daß Sein auserwähltes Volk in einem rauhen Land war, reich, aber ohne Lasttiere, die ihm hätten helfen können, das Land zu bestellen, die Lasten zu schleppen, die Wasserräder zu drehen. So haben wir die Heiligen Steine. Wenn ein Missetäter, ob ein fremder oder ein olbornischer, beschuldigt wird, bringt man ihn vor einen der Hohen Priester des Heiligen Schachts und dann in seiner Begleitung zum Heiligen Stein. Bist du unschuldig, dann wird dir nichts geschehen. Du darfst frei deiner Wege gehen, geschützt vom Siegel des Heiligen Schachts. Bist du aber schuldig, dann wird er dir die wunderbarste Gerechtigkeit zuteil werden lassen.« Er machte eine Pause. »Du hast den Detik gesehen, auf dem man dich hergebracht hat?«
    Sie dachte kurz nach. Die kleinen Maultiere mit den großen Ohren und den traurigen Augen.
    »Ja«, sagte sie.
    Wo, zum Teufel, blieben Renard und die Lata?
    »Sie sind geschlechtslos, freudlos. Völlig gehorsam, sind sie unfähig, irgend jemandem etwas anzutun, und müssen allen Befehlen gehorchen. Bist du schuldig, dann wirst du dich in einen Detik, ein Tier, verwandeln, das dazu verurteilt ist, für den Rest seines Lebens in stummer Arbeit den Olborniern zu dienen.«
    Sie starrte ihn ungläubig an.
    »Sie meinen, die Maultiere – sie alle – waren einmal Leute? «
    Der Priester nickte. »So ist es.« Er wandte sich an die Wachen. »Haltet ihre Arme fest.«
    Dann trat er näher auf Mavra zu. Sie spürte, wie ihre Arme an den Handgelenken festgehalten wurden. Der Priester bewegte die Arme, und sie spürte, daß sie ihren ganzen Körper wieder bewegen konnte.
    »Führt ihre Hände an den Heiligen Stein!« befahl der Priester mit hallender Stimme. Die kraftvollen Arme überwanden ihren Widerstand und drückten ihre Hände auf den facettierten gelben Stein.
    Etwas, das wie ein starker, brennender Elektroschock wirkte, fuhr durch ihre Arme zu den Schultern. Die Wirkung war so stark und schmerzhaft, daß sie aufschrie und sich zurückwarf.
    »Das war Mavra!« rief Vistaru.
    »Schnell! Beeilt euch!« schrie sie Hosuru und Renard zu.
    Im Inneren der Kammer schien der Priester zu lächeln. Er sagte noch einmal: »Hin mit ihr!«
    Diesmal drang der heftige Stoß von ihren Hüften zu ihren Zehen und endete seltsamerweise in ihren Ohren. Wieder kreischte sie und versuchte sich loszureißen.
    »Erneut!« befahl der Priester, aber in diesem Augenblick griffen Lata und Agitar an, und Renard stieß markerschütternde Schreie aus, die grauenhaft von den Steinwänden widerhallten.
    Der Priester fuhr entsetzt herum. Wie viele

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