Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt
wird man feststellen, daß er nicht mehr unterbrochen werden kann. Ich habe den Prozeß bereits ausgearbeitet.«
»Weiß Zinder das?« fragte sie nach einer kurzen Pause.
»O ja«, sagte Obie. »Schließlich bin ich in dieser Form eine Spiegelung von ihm. Ben ist ein kluger Junge, aber er versteht die Komplexität dessen, was ich bin oder mache, überhaupt nicht. Er ist eher ein brillanter Ingenieur als ein theoretischer Wissenschaftler. Er kann Dr. Zinders Prinzipien anwenden, aber sie nicht vollständig durchschauen. Und in dieser Beziehung gleicht er einem Menschen, der beim Kartenspiel geschickt betrügt und dann versucht, seinen Lehrer zu übertölpeln.«
Sie seufzte.
»Dann hat Trelig sein Spiel verloren«, sagte sie leise.
»In gewisser Weise, ja«, bestätigte Obie. »Aber seine Niederlage bedeutet nicht unseren Sieg. Wenn morgen die Energie zugeführt wird, erreiche ich eine Macht, die sich jeder Vorstellungskraft entzieht. Ich habe die Absicht, mit dem großen Spiegel eine negative Einstellung zu erzeugen, keine positive. Das wird ganz Neu-Pompeii unter das blaue Licht bringen.«
»Was wird dann aus uns allen werden?« fragte sie stockend.
Obie erwiderte nach einer Pause: »Ich werde nichts machen. Wenn ich kann, werde ich die Schwammsüchtigen gesund machen, und zwar so, daß sie es wahrnehmen. Das sollte Mr. Trelig den Rest geben. Aber ich erhalte vielleicht nicht die Gelegenheit dazu.«
»Es besteht also Gefahr?« fragte sie.
»Trelig hat Ihnen das mit der markovischen Stabilität erklärt. Er hat von der Möglichkeit eines markovischen Zentralgehirns irgendwo gesprochen, das alle Wirklichkeit aufrechterhält. Wenn ich die Einstellung umkehre, besteht theoretisch eine gute Möglichkeit, daß Neu-Pompeii, während es sich im Feld befindet, in der Primärgleichung nicht existiert. Ich habe diese leichte Zugkraft bei Versuchspersonen unter dem Spiegel gespürt. Die Zugkraft auf eine Masse von diesem Umfang mag vielleicht nicht beherrscht werden können, weil meine Energie begrenzt ist, oder es mag auf jeden Fall mehr Zeit erfordern, als uns zur Verfügung steht, ihr entgegenzuwirken.«
Mavra Tschang dachte angestrengt nach, konnte der Logik aber nicht ganz folgen und sagte es.
Obie antwortete: »Nun, es besteht eine Chance von neunzig Prozent oder mehr, daß eine von zwei Möglichkeiten eintritt. Entweder werden wir alle aufhören, zu existieren, werden wir jemals existiert haben – was auf jeden Fall das gegenwärtige Problem lösen wird –, oder wir werden augenblicklich zu dem zentralen markovischen Gehirn gezogen, das sich fast mit Sicherheit nicht innerhalb von einem Dutzend Galaxien in unserer Umgebung befindet. Ich meine Galaxien , Bürgerin Tschang, nicht Sonnensysteme. Es besteht eine Wahrscheinlichkeit, daß in diesem Augenblick die Bedingungen für das Leben auf Neu-Pompeii aufhören werden zu existieren.«
Mavra nickte grimmig.
»Es besteht auch die Möglichkeit, daß du damit zusammenstoßen wirst. Du könntest das große Gehirn und alle Existenz damit vernichten!«
»Diese Möglichkeit besteht«, räumte Obie ein, »aber ich schätze sie gering ein. Das markovische Gehirn hat im endlichen Raum lange Zeit bestanden; es besitzt ungeheures Wissen, Ressourcen und Schutzmechanismen, davon bin ich überzeugt. Es besteht eine gleiche Möglichkeit, daß ich es ersetzen werde – und das beunruhigt mich am meisten, weil ich nicht genug weiß, um ganz Neu-Pompeii zu stabilisieren, geschweige denn das ganze Universum. Eine unserer Theorien besagt, daß die Markovier genau das vorhatten. Es sollte die Wirklichkeit aufrechterhalten, bis eine neue, frischere Rasse erscheint, um ihm eine neue Richtung zu geben. Die Aussicht erschreckt mich, aber es handelt sich natürlich nur um eine Theorie mit ganz geringem Wahrscheinlichkeitsfaktor. Nein, vieles spricht dafür, daß morgen mittag ich und ganz Neu-Pompeii auf die eine oder andere Weise aufhören werden zu existieren.«
»Warum sagst du mir das?« fragte Mavra dumpf.
»Wenn ich registriere, registriere ich alles«, erklärte der Computer. »Da Erinnerung von chemischer Art ist und von einer mathematischen Beziehung mit selbsterzeugter Energie abhängt, wußte ich gestern, als ich Sie registrierte, was Sie wissen, besitze ich Ihr ganzes Wissen, Ihre ganze Erinnerung. Von allen sind – bis jetzt – allein Ihnen die einzigen Eigenschaften eigen für eine geringe Chance davonzukommen.«
Mavras Herz zuckte.
»Das Schwamm-Lieferschiff wird
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