Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
wenn wir uns mit dem Teufel verbünden müßten.«
»Was immer wahrscheinlicher wird«, erwiderte der Computer düster.
Wuckl
Nach ihrer Flucht ging es nicht mehr so einfach. Mavras Gehirn schien seine Fähigkeiten zurückzugewinnen; hier und dort gab es noch Lücken, und wie es zu der jetzigen Lage gekommen war, entzog sich ihrem Verständnis, aber es fiel ihr immer leichter, sich an die Vergangenheit zu erinnern.
Als sie und Joshi sich im Hügelland vor dem enthüllenden Licht der Sonne verbargen, das nun den Horizont zu überfluten begann, gab sie sich Rechenschaft über das, was sie wußte und was sie tun mußte.
Das letzte, woran sie sich erinnerte, war der Zaun. Auf irgendeine Weise hatte er ihnen das Bewußtsein geraubt – und sie waren als eigenartige Schweine erwacht. Warum und wie, würde erst viel später geklärt werden können, wenn überhaupt.
Ich bin also ein Schwein, dachte sie leidenschaftslos. In mancher Beziehung war das entschieden ein Vorteil. Ihre Gattung war offenbar dem Leben in der Wildnis angepaßt, also mit Überlebensmechanismen ausgestattet, an denen es ihnen vorher gemangelt hatte.
Wenn man bedachte, womit man sie im Zoo gefüttert hatte, konnte die Ernährung kein Problem sein. Mavra war nicht stolz; wenn sie etwas hinunterschlingen konnte, ohne sich damit zu schädigen, würde sie es essen. Und alle Lebensformen im Süden waren auf Kohlenstoff aufgebaut; manche waren Pflanzen-, andere Fleisch-, wieder andere Allesfresser, aber in der Regel würde die Nahrung einer Rasse Angehörige einer anderen nicht schädigen, selbst wenn sie nicht viel Nutzwert besitzen mochte.
Am bedeutsamsten war die neue Kopfhaltung. Zum erstenmal seit langer Zeit blickte Marva wieder geradeaus, nicht zu Boden. Das enorme Maß an Sicherheit, das damit verbunden war, entschädigte durchaus für die Kurzsichtigkeit, die immer noch ein besseres Sehvermögen lieferte, als sie es vorher besessen hatte. Schließlich stellten die scharfen Stacheln eine Abwehrwaffe dar, die sich als nützlich erweisen mochte.
Alles in allem ist es besser, ein Schwein zu sein, dachte sie. In vieler Hinsicht hatten die Wuckl ihnen einen Gefallen getan. Das einzige große Problem war die Verständigung. Sie begriff, daß ihre Körper in hohem Maß modifiziert, nicht verändert worden waren, da sie von dem winzigen Kristall, der chirurgisch in ihr Gehirn eingepflanzt worden war, noch immer Übersetzerkapazität erwarten konnte. Der Kristall erlaubte es ihr, die Wuckl und andere zu verstehen, aber er ließ keine Kommunikation zu. Joshi, der keinen Übersetzerkristall besaß, tappte zum großen Teil im dunkeln.
Entweder waren ihre Kehlköpfe gelähmt oder entfernt worden; die Geschöpfe konnten nur die klassischen Grunzlaute der Hausschweine hervorbringen.
Sie fragte sich, woran Joshi sich überhaupt noch erinnerte. Ging es ihm geistig besser als ihr oder schlechter? Gab es irgendeinen Weg, sich zu verständigen? Sie würde es versuchen müssen. Sie konnten am hellichten Tag kaum umherlaufen, und die Erscheinungsformen des Tierlebens in ihrer Umgebung überzeugten sie davon, daß in diesem Hex Schweine nur in Zoos gehörten. Sie würden gezwungen sein, weiterhin nur nachts zu laufen.
Sie überlegte sich, was Joshi wußte. Den allgemeinen Code, ja – er hatte ihn gelernt, um den Versorgungsschiffen bei schlechtem Wetter Zeichen zu geben. Wenn es ihr gelang, die Grundlaute zu regulieren, und wenn er begriff und geistig dazu in der Lage war, die Zeichen zu verstehen, mochte das gehen.
Sie stieß ihn mit der Schnauze an, und er schnob.
Sie versuchte einen einfachen Satz – ›Wir sind frei‹ –, um zu sehen, ob sie etwas zu vermitteln vermochte. Es ging überaus langsam, und sie wiederholte ihn unablässig, in der Hoffnung, er werde auf die Wiederholung aufmerksam.
Es vergingen mehrere Minuten, und er wirkte verwirrt. Sie befürchtete schon, er begreife nicht, als plötzlich seine Ohren zuckten.
Tatsächlich hatte Joshi weit weniger heftige Stromstöße erlitten und sich dadurch früher erholt. Er besaß einfach nicht ihren Antrieb und Ehrgeiz. Aber nun fing er ein Wort auf, nachdem er endlich begriffen hatte, daß sie mit ihm zu reden versuchte. Die Zeichengruppe für ›wir‹ war kurz und einfach. Er registrierte und wiederholte sie. Sie geriet in Aufregung, versuchte es schneller, und er folgte ihrem Beispiel erneut, nun selbst erregt. Sie verstummte. Nun war er an der Reihe. »Wir sind Schweine«, grunzte er.
Der
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