Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt
der Seelen.« Sie schilderte kurz und in Umrissen, was sich bisher zugetragen hatte, berichtete von dem Riß im Raum, dem Schaden an der Sechseck-Welt und damit an der gesamten Wirklichkeit, erzählte, daß Brazil zum Schacht wollte, um ihn praktisch abzuschalten, instand zu setzen und wieder in Betrieb zu nehmen.
Er war ihr voraus.
»Ich sehe einen großen Kampf«, sagte er, als sie verstummte. »Wenn er abschaltet, hört alles auf zu bestehen, und das Gedächtnis, oder was das sein mag, wird gelöscht. Sehen Sie mich nicht so erstaunt an; weil Dillia ein halbtechnologisches Hex ist, heißt das noch lange nicht, daß wir die Maschinen von anderen nicht kennen oder nicht damit umgehen können. Nur hier geht das eben nicht. Ein bißchen Zusammenarbeit. Davon gibt es mehr, als Sie ahnen. Es gab einmal eine Pest, und die Leute wurden der Seuche nicht Herr – keine Technologie. Aber weit entfernte Hexagons mit Labors und Computern machten sich an die Arbeit, stellten ein Serum her und produzierten so viel davon, daß ich es über viertausend Kilometer weit zu den Leuten bringen konnte, die es brauchten, aber es nicht herzustellen vermochten. Wir retteten vielen das Leben, und ich bekam meinen Titel.«
»Warum gerade den?« fragte sie. »Von allen, die Sie erworben haben?«
Er lächelte schwach und blickte versonnen.
»Der einzige, den ich je dafür bekommen habe, Leben zu retten «, erwiderte er leise. Dann erwachte er aus seiner Versunkenheit und kam wieder zum Thema. »Sie und ich kennen die Regeln«, betonte er. »Wenn er das Universum neu aufbaut, dann braucht er lebende Modelle. Uns. Hört sich nicht so an, als hätte ich Aussichten bei Ihnen – oder sonst irgend jemand auf dieser Welt.«
»Er wird die Sechseck-Welt nicht zerstören«, versicherte sie ihm. »In Kürze wird unsere Armee durch den Schacht hereinfluten. Vermutlich ist das schon im Gange. Ungeheuer viele. Sie werden seine Streitmacht sein und auch die Prototypen für sein neues Universum. Nicht Sie.«
»Und Sie?« gab er zurück. »Wo werden Sie sein, wenn er das macht?«
Sie lächelte grimmig.
»Wenn ich das wüßte. Eines nach dem anderen. Ich bin nicht sicher, ob ich das noch erlebe – und wenn, dann befasse ich mich mit den Dingen, sobald sie auftreten. Nehmen wir Gedemondas. Ich muß hin. Ich muß mit den Bewohnern reden, ihnen die Situation erklären und feststellen, in welche Richtung sie neigen.«
Er nickte.
»Das ist eine Antwort, die ich akzeptieren kann. Und die Aussichten?«
Sie begriff, daß er sich selbst meinte.
»Und danach? Nun, es wäre gut, auf Brazils Seite zu sein, wenn er den Schacht erreicht, nicht? Ich möchte jedenfalls lieber auf seiner Seite sein, wenn er hineinkommt, als einer seiner Feinde.«
Er überlegte.
»Alles der Reihe nach. Gedemondas genügt fürs erste. Sie glauben, man wird mit Ihnen reden?«
»Ich denke schon«, erwiderte sie. »Jedenfalls hat man es damals getan. Und ich bin die einzige, die dabei war, bei der sie zugelassen haben, daß sie sich genau an das Geschehene, daß sie sich überhaupt an sie erinnert.«
»Hm. Würde nicht viel nützen, wenn wir da hineingingen und ich wieder herauskäme, ohne mich an irgend etwas zu erinnern, wie?«
Sie zog die Schultern hoch.
»Keine Garantien. Es wundert mich, daß sie mir jetzt glauben. Niemand sonst hat es getan.«
»Aber Ortega«, widersprach er. »Er konnte es sich nicht leisten, dem Ganzen gründlich nachzugehen. In den Behauptungen der anderen gab es gerade genug kleine Widersprüche, um Zweifel zu erregen, und davon bemerkte er bei Ihnen nichts. Er kam zu dem Schluß, daß Sie die Wahrheit sagten. Einmal bot er mir sogar Ihre Geschichte als Köder für einen Auftrag an. Er wußte, daß ich nicht widerstehen konnte.«
»Ich muß dorthin«, sagte sie entschieden. »Ich muß bald hin. Ich habe noch anderes zu tun. Aber ich kenne das Hex nicht, die Pfade nicht, habe keinen Führer oder Kredit für Vorräte und dergleichen. Ich brauche dringend Ihre Hilfe. Und ich bin Ihre beste Aussicht, die Gedemondaner kennenzulernen.«
Zu dem letzten Satz nickte er.
»Also gut, ich besorge, was Sie brauchen. Sie können uns begleiten.«
Sie seufzte. Auftrag halb ausgeführt.
»Wie viele sind Sie?«
»Fünf, wenn man Sie mitzählt. Alles Dillianer.« Er feixte übertrieben. »Bis auf Sie alles Männer. Stört Sie das?«
»Ich komme schon zurecht«, antwortete sie tonlos.
Er grinste und nickte anerkennend.
»Davon bin ich sogar
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