Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt
ab.
»Guter Einwand. Ich sehe, daß eine ganze Anzahl von Ihnen sprechen möchte, aber wenn Sie erlauben, fahre ich fort, damit wir mit dieser Sitzung nicht die nächsten drei Wochen verbringen. Die Zeit drängt.«
Er machte eine Pause und wartete, bis die kleinen Lämpchen erloschen, als man seine Entscheidung, zumindest vorübergehend, hinnahm. Befriedigt sprach er weiter.
»Unsere zweite Möglichkeit besteht darin, Verbindung mit Brazil aufzunehmen und zu versuchen, mit ihm zu einer Einigung zu gelangen. Wenn es ihm gelingt, den Schacht zu erreichen, und er wütend auf uns ist, könnten wir uns zu einer Prophezeiung verleiten lassen, die sich selbst erfüllt. Muß er kämpfen, um hinzugelangen, dann wird er verdammt zornig auf uns alle und in der Lage sein, die Rechnung zu begleichen. Das müssen wir bedenken. Wenn er es schaffen kann , verwendet er vielleicht nur die Neulinge, falls er ohne Mühe hingelangt, oder er benützt uns , wenn wir ihm die ganze Zeit über Widerstand leisten, seinen Leuten Verluste zufügen und so weiter.«
»Könnten wir denn mit ihm überhaupt zu einer Einigung kommen?« fragte jemand.
»Vermutlich«, antwortete Ortega. »Wir könnten uns sein Wort geben lassen – das bisher immer Gültigkeit hatte. Aber wir könnten nicht erzwingen , daß er es hält. Als er das letztemal hier war, versuchten das einige von uns, wissen Sie. Wir gelangten in den Schacht, aber für uns war er damals so unverständlich, wie er es heute ist. Schlimmer noch, er war in Markoviergestalt und vollkommen in der Lage, praktisch alles mit dem Riesencomputer zu machen, was er wollte, einfach durch eine Art geistigen Kontakts.«
»Würden Sie ihm trauen?« warf jemand ein.
Ortega überlegte.
»Ja. Aber ich würde nicht unbedingt darauf vertrauen, daß er fähig wäre, sein Versprechen zu halten, aus den Gründen, die wir eben aufgeführt haben. Mit dem Schacht einige Einzelpersonen zu behandeln, ist eine Sache; den ganzen Computer zu reparieren und dann mit ihm auf das komplette Universum einzuwirken, eine völlig andere. Er ist ein kecker kleiner Halunke – ich bin überzeugt davon, er glaubt, daß er das kann. Aber ich bin nicht sicher, ob ich das auch glaube.«
Einen Augenblick lang flammten keine Lichter auf, als die anderen sich durch die Köpfe gehen ließen, was Ortega gesagt hatte. Dann versuchten alle gleichzeitig zu sprechen, und er mußte sie wieder unterbrechen.
»Die dritte Alternative, mit der Brazil rechnet, ist die, daß wir uns ihm widersetzen – ihn um jeden Preis daran hindern, daß er den Schacht erreicht. Seine Helfer sind schon hier, organisieren die Neuankömmlinge und nutzen die nationalen Eigeninteressen einer Anzahl verwundbarer Sechsecke, die ihn von sich aus unterstützen könnten. Seine Armee wird jetzt eingeschleust und steht im Begriff, sich um diese Organisatoren zu scharen. Wenn wir versuchen, ihn aufzuhalten, müssen wir uns mit verschiedenen nachteiligen Tatsachen befassen. Erstens können wir ihn gefangennehmen, einsperren, ihm alles mögliche Üble zufügen, aber töten können wir ihn nicht. Der Schacht läßt das nicht zu, gleichgültig, wie sehr wir uns anstrengen. Es geschieht immer etwas, das ihm einen Ausweg läßt. Deshalb sprechen wir von praktisch unbegrenzter Gefangenschaft. Zweitens haben wir es in einem solchen Fall mit einem schier unvorstellbaren Kampf zu tun. Wir sind uns noch nicht sicher, wo er ist, und bis jetzt ist er noch nirgends aufgetaucht. Letzteres ist vermutlich nur gut, weil wir wissen, daß er ein Typ 41 ist, wir kennen seine generelle äußere Beschreibung, und früher oder später würden wir es wissen. Er würde entdeckt werden, und wenn er sich dort befindet, wo er verwundbar ist, sagen wir, auf dem Meer, könnte man ihn sofort festnehmen. Wir müssen davon ausgehen, daß er irgendwo in oder bei Glathriel oder Ambreza ist, obwohl wir ihn dort bisher vergeblich gesucht haben. Er ist nicht so dumm, nicht für ein fast narrensicheres Versteck gesorgt zu haben. Wir müssen also warten, bis er sich zeigt. Er wird darauf warten, daß seine Armee oder Armeen ihn zum Handeln veranlassen, daß sie ihm die Kraft verleihen, nach Norden zu marschieren. Das heißt, es muß eine multinationale, vielrassige Gruppe von Armeen aufgestellt werden, verteilt an strategischen Orten, bereit, sich bei jeder Wendung gegen sie zu stellen. Da er sich den Weg aussucht, sind wir in der Logistik noch mehr im Nachteil als er, aber uns kommt die reine Zahl ebenso
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