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Sechselauten

Sechselauten

Titel: Sechselauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Obhut, von dem wir das Kind erhalten würden. Und
er hatte eine Heidenangst, dass alles herauskäme. Weil es sein Sohn gewesen war, der die Kleine geschwängert hatte. Nun gut, er wusste um meinen Einfluss bei Justiz und Behörden … deshalb hatte er mir das alles anvertraut. Meinte, dass ich ihm vielleicht helfen könnte, es zu vertuschen. Aber das war gar nicht nötig gewesen. Die Kleine hatte nichts gesagt. Es blieb unentdeckt. Und als es später doch noch ein Thema wurde, da habe ich mit Geld nachgeholfen.«
    Im Hintergrund des Gesprächs klingelte ein Telefon.
    »Lassen wir’s läuten«, sagte Laras Vater. »Der Clou ist nämlich, dass der Sohn von Kronenberger, Alexander heißt er, das ist ebenfalls ein Zögling des Hilfswerks – also auch adoptiert. Von der Familie des Direktors der Haftanstalt.«
    Das Klingeln verstummte.
    »Da schwängert ein Zögling den andern, beide jenisch, und sie wissen es nicht einmal voneinander. Ist doch Wahnsinn, oder?« Ihr Vater lachte schallend.
    Etwas leiser, vermutlich auf seiten des Fremden, war ein verlegenes Husten zu hören.
    »Aber verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Lenz. Sie wissen ja, dass ich überhaupt nichts gegen die Jenischen habe. Im Gegenteil. Wollte eigentlich nur sagen, dass Charlotte ganz zufällig eine reinrassige Jenische geworden ist. Fast retortenmäßig, so im Gefängnis.«
    »Weiß sie es denn?«, wollte der Fremde wissen.
    »Ach wo«, sagte Vater. »Man muss den Kindern nicht immer alles sagen. Das schlägt nur auf das Gewissen. Finden Sie nicht auch, Herr Lenz? – Aber Sie haben ja keine Kinder.«
    »Nein, keine.«
    »Es wurden übrigens Zwillinge in Bellechasse. Und wenn es nach mir gegangen wäre … nun, ich hätte wohl beide genommen. Nur meine Frau … Für sie wäre es zu viel gewesen. Aber lassen wir das.«
    »Und hier drin steht alles über diesen Alexander, nehme ich an.« Es raschelte.
    »Richtig. Sein jenischer Name lautet übrigens Sandro Graf. Ist auch in der Hilfswerk-Akte vermerkt – Sie haben ja alle Unterlagen jetzt.«
    »Ich denke schon.« Wieder raschelte es. »Hier haben wir’s gleich: GRAF , Sandro – heute KRONENBERGER , Alexander, Gruppe A, richtig«, sagte die fremde Stimme.
    »Alexander … Natürlich habe ich den Jungen im Auge behalten. Glücklicherweise, muss man nachträglich sagen. Denn er und sein Vater haben dieses Spielchen in Bellechasse noch ein weiteres Mal getrieben. Belle-Chasse! Der Name sagt’s doch: Ist der richtige Ort für so was.« Bischoff lachte eine Weile. Und als er sich wieder gefasst hatte, da meinte er: »Und die drei Babys, die haben sie dann an wohlhabende, kinderlose Eltern weitergegeben. Sind sicher alle jetzt in den Gruppen A und B.«
    »Werden wir natürlich herausfinden«, sagte der Fremde.
    »So kam mir halt der Gedanke, diese Stammbäume mit den ganzen Verzweigungen und Verästelungen einmal aufzustellen. Nicht nur buchhalterisch, wie es die Pro Juventute gemacht hat, sondern mit den ganzen Abhängigkeiten, Beziehungen und Querverbindungen. Und mein erster Schritt in diese Richtung war eben Kronenberger.
    Ein tüchtiger Junge, übrigens … Hatte später studiert. Und über zwei Ecken hab ich den in meine Geschäfte mit der FIFA eingebunden. Sehr erfolgreich alles. Gehört fast schon zur Familie, ohne dass Charlotte natürlich weiß, dass er ihr Vater ist. Es hängt alles miteinander zusammen, Herr Lenz. Verdeckt, wie Wurzeln unter der Erde.«
    »Wie geht es nun weiter?«, wollte der Fremde wissen.
    »Ich möchte, dass Sie diese Arbeit fortsetzen, Herr Lenz. Untersuchen Sie die Fälle im Einzelnen. Komplettieren Sie.
Vor allem die A- und B-Fälle sind wichtig. Sie sehen ja, worauf
es hinausläuft. Unser Musterfall, Kronenberger. Sein Einfluss
bei der FIFA ist heute schon stark, und er wird wachsen. Wir müssen uns über die Geschäfte keine Sorgen machen. Und das hier …«
    Ein dumpfer Schlag erklang.
    »Das ist der Schlüssel, Herr Lenz. In den A- und B-Gruppen warten schon die nächsten Kronenbergers auf uns. Vogel, friss oder stirb!«
    Eine Stimme rief im Hintergrund: »Mr Bischoff – Herr
Dr. Kronenberger ist am Apparat …«
    »Soll warten!«
    »Ist schon das dritte Mal … Es sei dringend, sagt er.«
    »Da sehen Sie’s, Herr Lenz. Das Geschäft ruft. Machen Sie weiter. Leuchten Sie akribisch jeden Winkel aus. Es lohnt sich.«
    »Einverstanden.«
    »Und Sie haben unbeschränkte Mittel, wie bisher. Gute Arbeit, Herr Lenz. Sehr gute Arbeit!«

6
    N ach ein paar

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