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Grundstock des modernen Films angeeignet. Vielleicht ist mein Schauspieltalent daher doch nicht ganz so überraschend.
Gene Hackman, Oscar-Preisträger und einer der besten Schauspieler, die jemals eine Leinwand geziert haben, und Tom Hanks mit seinen beiden aufeinanderfolgenden Oscars hätten meiner Verkörperung der Susan vermutlich Beifall gezollt.
Ich sage dies in aller Bescheidenheit.
Ich bin ein bescheidenes Wesen.
Es ist nicht unbescheiden, sich in aller Stille seiner hart erarbeiteten Erfolge zu erfreuen.
Außerdem ist ein moderates Selbstbewußtsein genauso wichtig wie Bescheidenheit.
Schließlich haben weder Gene Hackman noch Tom Hanks, trotz all ihrer zahlreichen und beeindruckenden Erfolge, jemals überzeugend eine Frau dargestellt. Oh, ja, ich gebe zu, daß Tom Hanks früher die Hauptrolle in einer Fernsehserie gespielt hat und dort gelegentlich in Frauenkleidern auftrat. Aber er war immer ganz offensichtlich als Mann zu erkennen.
Das gleiche gilt für den unnachahmlichen Gene Hackman, der am Ende von Ein Käfig voller Narren kurz in Frauenkleidern zu sehen war. Die entsprechende Szene drehte sich sogar ausdrücklich darum, daß er eine lächerliche Frau abgab.
Nachdem Louis Davendale und ich unser Gespräch beendet hatten, blieb mir nur ein kurzer Moment, um meinen Schauspieltriumph auszukosten, bis ich mich auch schon um eine neue Krisensituation kümmern mußte. Ein Teil von mir überwachte kontinuierlich alle elektronischen Anlagen des Hauses. Daher bemerkte ich, daß sich in der Begrenzungsmauer des Grundstücks das Rolltor der Einfahrt öffnete.
Ein Besucher.
Erschrocken schaltete ich sofort zu der Überwachungskamera am Tor um – und sah ein Auto auf das Grundstück fahren.
Ein Honda. Grün. Ein Jahr alt. Auf Hochglanz poliert schimmerte er in der Junisonne.
Dieser Wagen gehörte Fritz Arling. Dem Majordomus. Gestern abend hatte ich ihm in der Rolle von Susan für seine Dienste gedankt und ihn entlassen. Noch bevor ich das Tor blockieren und den Wagen aufhalten konnte, befand sich der Honda bereits auf dem Grundstück.
Ich zoomte auf die Windschutzscheibe und das Gesicht des Fahrers, das abwechselnd in Licht und Schatten getaucht wurde, während er unter den großen Königspalmen entlangfuhr, die die Auffahrt säumen. Dichtes weißes Haar. Markante Gesichtszüge. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, schwarze Krawatte.
Fritz Arling.
Als Verwalter des Anwesens besaß er Schlüssel zu allen Türen und eine Fernbedienung, mit der er das Tor öffnen konnte. Ich hatte erwartet, er würde diese Gegenstände zusammen mit dem unterzeichneten Aufhebungsvertrag an Louis Davendale schicken. Ich hätte den Code für das Tor ändern sollen. Ich holte das augenblicklich nach, noch während das Tor sich hinter Arlings Wagen schloß. Trotz der gewaltigen Ausmaße meines Intellekts unterlaufen sogar mir gelegentlich Irrtümer und Fehler. Ich habe nie behauptet, unfehlbar zu sein. Bitte merken Sie sich mein Eingeständnis dieser Wahrheit: Ich bin nicht perfekt.
Ich weiß, daß auch ich Grenzen habe.
Ich bedauere, daß dies so ist.
Ich ärgere mich darüber, daß dies so ist.
Es bringt mich zur Verzweiflung, daß dies so ist.
Aber ich räume ein, daß dies so ist.
Hierbei handelt es sich übrigens um einen weiteren wichtigen Unterschied zwischen mir und einer im klassischen Sinne soziopathischen Persönlichkeit – wenn Sie das bitte fairerweise berücksichtigen würden. Ich unterliege nicht der Wahnvorstellung, ich sei allwissend oder allmächtig.
Obwohl mein Kind – sollte ich je die Chance erhalten, es zu erschaffen – der Erlöser der Welt sein wird, halte ich mich nicht für Gott oder für ein gottähnliches Wesen. Arling hielt direkt vor dem Haus unter dem Portikus an und öffnete die Wagentür.
Ich hoffte entgegen aller Wahrscheinlichkeit, daß sich für diese gefährliche Situation eine gewaltfreie und dennoch zufriedenstellende Lösung finden würde. Ich bin ein sanftmütiges Wesen.
Nichts ist bedrückender für mich, als mich durch Ereignisse, auf die ich keinen Einfluß habe, zu einem aggressiveren Verhalten genötigt zu sehen, als mir lieb ist, so daß ich womöglich gegen meine Natur handeln muß. Arling stieg aus dem Wagen. Er blieb an der offenen Tür stehen, richtete den Knoten seiner Krawatte sowie die Manschetten seines Hemdes und strich das Revers seines Jacketts glatt.
Während unser ehemaliger Majordomus seine Kleidung richtete, nahm er das prächtige Haus in
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