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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Einschätzung, wie
sich sogleich herausstellte.
    »Sie sind auf dem falschen Dampfer, Lady. Ich gehöre
gewissermaßen zum Inventar dieser Hütte«, erwiderte der Mann und lachte
verhalten. »So, und jetzt lassen Sie uns reingehen. Wundern Sie sich nicht gar
zu sehr, wenn der Empfang etwas frostig ausfällt.«
    Also hatte die ehrenwerte Gesellschaft einen
Jagdhelfer als Aufpasser abgestellt. Karin hätte sich ohrfeigen können! Wieso
hatte sie das nicht einkalkuliert? Während sie sich noch den Kopf nach einem
Ausweg zermarterte, spürte sie, dass der Mann seinen Griff etwas lockerte, um
sie in Richtung Hütteneingang zu bugsieren. Eine winzige Chance – und sie
nutzte sie. Blitzschnell hob sie die Spraydose, die sie die ganze Zeit über in
der rechten Hand gehalten hatte, und drückte ab. Zwei, drei Sekunden lang ertönte
ein zischendes Geräusch, der Mann stieß einen gellenden Schrei aus und presste
beide Hände vor die Augen, ehe er langsam in die Knie ging.
    Doch das bekam Karin schon nicht mehr mit. So schnell
es die Dunkelheit zuließ, rannte sie den Weg zurück, den sie gekommen war.
Schon ertönten hinter ihr Stimmen; das Gebrüll des Jagdhelfers hatte die
Teilnehmer der Runde aus der Hütte gelockt.
    Mitten im Lauf kramte Karin ihre Lampe aus der
Umhängetasche und knipste sie an. Nun sah sie den Weg deutlich vor sich. Dass
man damit von der Hütte aus auch ihren Fluchtweg verfolgen konnte, war in
dieser Situation zweitrangig – dachte sie wenigstens. Bis hinter ihr ein Schuss
krachte und Schrotkörner wie wilde Hummeln durch das dichte Laub rauschten. Ein
paar davon bohrten sich wie spitze Nadeln in Karins verlängerten Rücken. Wie
wild, den brennenden Schmerz ignorierend, rannte sie den Waldweg entlang und
betete, dass sie ihr Auto erreichen würde, bevor die Männer sie erwischten.
    ***
    Von
der Terrasse aus beobachtete Philip gleichermaßen beunruhigt wie fasziniert das
Geschehen im Wohnzimmer. Der geplatzte Beutel und die ringsum verstreuten
Pillen hatten den Kampfeswillen der beiden Kontrahenten noch angefacht. Zwar
setzte sich der Einbrecher nach Kräften zur Wehr, doch lagen die Vorteile
eindeutig auf Hajeks Seite. Er war der Kräftigere, der Austrainierte, und
Philip konnte sich leicht ausrechnen, wie die Sache enden würde. Hier ging es
um mehr als nur um Peanuts. Wenn die Polizei das Crystal fände, wäre Hajek
geliefert. Der Einsatz war hoch. Zu hoch? Aus Hajeks Sicht könnte das womöglich
jedes Mittel rechtfertigen.
    Philip musste dringend etwas unternehmen! Aber was? Er
saß auf dieser windigen Terrasse fest, zu allem Unglück hatte es auch noch zu
nieseln begonnen. So rasch es ging, zog er sich von der Tür zurück, schob sich
tiefer zwischen die großen Terrakottatöpfe. Er nahm sein Handy und drückte die
Kurzwahltaste mit Hapes Nummer.
    Hape
fluchte erleichtert. Seit über einer halben Stunde saßen er und Doc in diesem
verdammten Blechkäfig fest. Immer wieder hatten sie zu dem Penthouse
hochgestarrt, hatten verschiedentlich einen schwachen Lichtschein zu sehen geglaubt,
der durch die Räume geisterte – bis vor wenigen Augenblicken völlig unvermutet
die volle Beleuchtung aufgeflammt war. Da hielt es Hape kaum noch auf seinem
Sitz. Nur mit Mühe hatte Doc verhindern können, dass er hinaussprang und zu dem
Haus hinüberrannte.
    Für Hape war das Vibrieren seines Handys die reinste
Erlösung. Rasch riss er das Gerät hoch und flüsterte ein heiseres: »Ja?« Er
hörte kurz zu, um schließlich hastig »Ich komme!« hervorzustoßen und den
Aus-Knopf zu drücken.
    »Hajek ist oben«, informierte er Doc, »da geht’s
anscheinend voll zur Sache. Irgendein Kampf mit einem Einbrecher …«
    »Wie … mit Philip?«
    »Nein, ein dritter Mann, soweit ich verstanden habe.
Weiß der Henker, was da vor sich geht.«
    »Versteh ich nicht. Niemand hat das Haus betreten, das
hätten wir gemerkt.«
    »Es muss einen zweiten Zugang geben. Ich geh
jedenfalls rauf. Du rufst die Polizei.« Hape stieg aus, schloss leise die
Wagentür und lief zum Hauseingang hinüber.
    Er hatte kaum die andere Straßenseite erreicht, als
wie aus dem Boden gewachsen zwei dunkel gekleidete Männer über ihn herfielen.
Hatten die Kerle noch alle Latten am Zaun? Sekunden später war der ungleiche
Kampf auch schon entschieden: Wehrlos lag Hape am Boden, einer der beiden
Angreifer kniete auf seinem Rücken.
    Doc sprang aus dem Wagen und rannte über die Straße.
»Was geht hier vor? Lassen Sie ihn sofort los, oder ich rufe die

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