Seefeuer
verhärteten sich. Er schluckte. »Woher
haben Sie die Nachricht? Wissen Sie, was genau diese Leute planen?« Angespannt
neigte er sich nach vorn, seine Selbstsicherheit war wie weggeblasen.
»Beruhigen Sie sich«, erwiderte Wolf, »für Sie besteht
keine direkte Gefahr, vorausgesetzt, Sie halten sich strikt an unsere
Anweisungen. Wenn der Plan klappt, haben wir eine Chance, den Mörder endlich zu
fassen. Daran müssten gerade Sie besonders interessiert sein.«
»Und ob ich das bin! Was hab ich zu tun?«
»Nichts. Bleiben Sie den morgigen Tag über und vor
allen Dingen morgen Nacht einfach hier im Haus und gehen Sie auch nicht ans
Telefon. Das ist alles, worum wir Sie bitten.«
Höflich machte große Augen. »Und auf diese Weise
wollen Sie den Mörder fassen?«
Wolf ging nicht näher darauf ein.
»Darf ich fragen, ob Sie ein eigenes Boot besitzen?«,
wollte Marsberg stattdessen wissen.
»Ein Boot? Ja, aber was hat das damit zu tun?«
»Ein Segelboot?«
Als Höflich bejahte, fuhr Marsberg fort: »Uns schwebt
Folgendes vor: Morgen früh lancieren wir einen Artikel im ›Seekurier‹, in dem
die eingegangene Morddrohung als makabrer Einfall eines Spinners, eines
Trittbrettfahrers, dargestellt wird. Weiter wird es heißen, dass Sie sich durch
eine solche Drohung nicht beeindrucken lassen, sondern den Abend und die Nacht
wie von Ihnen geplant auf Ihrem Boot verbringen werden. Dort übernimmt einer
unserer Kollegen, der Ihnen zumindest von Weitem zum Verwechseln ähnlich sieht,
Ihre Rolle. Er ist auf einen Anschlag vorbereitet und wird den Täter gebührend
empfangen. Zu seiner Unterstützung schaffen wir heimlich zwei weitere Beamte an
Bord, die sich dort versteckt halten werden. Etwas weiter draußen auf dem See
wird ein neutrales Boot der Wasserschutzpolizei liegen. Und natürlich sind auch
an Land genügend Kräfte verteilt. So sieht, wenigstens in groben Zügen, unser
Plan aus. Wichtig dabei ist, dass Sie nicht gesehen werden und auch nicht ans
Telefon gehen.«
»Sind Sie damit einverstanden, Herr Höflich?«, fragte
Wolf.
Der Winzer hatte währenddessen die Pfeife weggelegt.
Sein Gesicht drückte erhebliche Zweifel aus. Abwechselnd sah er auf den Boden
und an die Decke. Endlich entschloss er sich zu einer Antwort: »Hab ich eine Wahl,
meine Herren?«
»Ehrlich gesagt, nein!«, beschied ihn Wolf. »Tut uns
leid, dass wir Ihnen das zumuten müssen. Wir werden natürlich zu Ihrem Schutz
auch hier im Haus einen Beamten abstellen. Wenn Sie wollen, schon heute Nacht.
Außerdem überwachen wir Ihr Telefon.«
»Das mit dem Telefon, damit bin ich einverstanden.
Aber einen Aufpasser in meinem Haus … nein, das können Sie vergessen, das will
ich nicht!«
Die beiden Beamten sahen sich an. Dann meinte Wolf:
»Wir können Sie nicht dazu zwingen, Herr Höflich. Aber dass Sie das Haus
vorerst nicht verlassen, darauf müssen wir bestehen.«
»Gut! Dann muss ich mich wohl fügen. Ungern zwar, aber
ich tu’s.«
Marsberg streckte seine Hand aus. »Würden Sie uns
bitte den Schlüssel zu Ihrem Boot geben?«
Nachdem ihm Höflich den Schlüssel ausgehändigt hatte,
sprachen sie noch eine halbe Stunde lang über verschiedene Details. Wolf
schloss mit der Ermahnung, Höflich solle unbedingt seine Familie einweihen.
Dann verabschiedeten sie sich.
Vor dem Haus steckte sich Wolf eine Zigarette an. »Ich
denke, mehr können wir heute nicht tun, Rolf. Ich werde jetzt mit den
›Seekurier‹-Leuten die Details besprechen. Und dann will mir die Winter noch
etwas über Pohl und Konsorten erzählen.« Er sah auf die Uhr. »Mein Gott, so
spät schon! Ich muss los.«
9
»Kommst du? Und wo bleibt Hanno?« Wolf stand
mit kaum verhohlener Ungeduld in der Verbindungstür zu Jos und Vögeleins Büro.
»Rief vor ein paar Minuten an. Lässt sich
entschuldigen, sagt, er müsse zum Hautarzt. Wenn ich das richtig verstanden
habe, hat sich eine seiner Sommersprossen bedrohlich vergrößert oder so
ähnlich.«
»Über Nacht?«
»Das müssen Sie ihn schon selbst fragen.«
Wolf seufzte. Er war drauf und dran, selbst zu
erkranken. An einer Allergie zum Beispiel – gegen Vögelein!
»Wir fangen an, Hanno kommt später«, sagte er, als er
an den Besprechungstisch in seinem Büro zurückkehrte.
Links von ihm nahm Jo Platz, ihnen gegenüber saßen
Marsberg und dessen engster Mitarbeiter, Hartmut Preuss. Ursprünglich hatte
auch Sommer an der Besprechung teilnehmen wollen, doch inzwischen machte »die
Meute der Sensationsreporter«, wie
Weitere Kostenlose Bücher