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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Philip
überrascht seinen Griff. Was hatte dieser Dreckskerl da eben gemeint?
Verständnislos sah er seine Freunde an. Dachten sie, was er dachte? Plötzlich
rückten alle drei wie auf Kommando vor, drohend blickten sie auf den vor Angst
schrumpfenden Olaf hinab. Der zog vor der Phalanx seiner Gegner den Kopf
zwischen die Schultern, nahm schon mal schützend die Arme hoch und starrte mit
flackerndem Blick abwechselnd von einem zum andern – wie das sprichwörtliche
Kaninchen vor der Schlange, schoss es Philip durch den Kopf. Unvermittelt ließ
er Olafs Schopf los, packte ihn am Kragen und zog ihn langsam zu sich heran,
mit der Hand eine halbe Drehung vollführend, sodass sein Gegenüber wie in einem
Schraubstock langsam, aber sicher rot anlief. »Was soll das heißen, du weißt
Bescheid? Was weißt du von Tamara? Los, antworte!« Philip war immer lauter
geworden, hatte die letzten Worte förmlich geschrien, während das Frettchen
sich verzweifelt bemühte, den Würgegriff zu lockern.
    »Das weiß doch jeder«, quetschte Olaf zwischen den
Zähnen hervor. »Steht ja schon in der Zeitung von deiner Schwester, diesem
Flittchen …«
    Philips freie Hand klatschte Olaf ins Gesicht.
    Hape versuchte, seinen Freund zu beruhigen. »Das
bringt doch nichts, Philip. Lass mich mal …« Mit sanftem Druck schob er den
Freund zur Seite und packte Olaf drohend am Arm. »Jetzt mal Klartext, Jungchen …«
    Nun platzte Doc endgültig der Kragen. »So geht das
nicht, Leute!«, rief er und drängte sich seinerseits vor das Frettchen. »Wie
soll er mit uns reden, wenn er sich gleichzeitig vor Angst in die Hosen macht,
könnt ihr mir das mal sagen?«
    Doc war als Gegner jeglicher Gewalt bekannt – wofür
sonst hätte Gott ihnen Verstand gegeben, pflegte er bei solchen Gelegenheiten
zu sagen. Obwohl noch immer außer sich vor Wut, konnte Philip sich Docs Einwand
nicht völlig verschließen, ja, er musste dem Freund insgeheim recht geben. Was
brachte es, sich das Frettchen zum Feind zu machen? Natürlich, im Moment waren
sie die Stärkeren, hatten ihn im wahrsten Sinne des Wortes in der Hand.
Irgendwann aber würde sich das Blatt wieder wenden. Dann würde er obenauf sein und alles daransetzen, ihnen die erlittene
Schmach heimzuzahlen. Vielleicht war es wirklich klüger, an sein Verständnis zu
appellieren, ihm klarzumachen, dass es hier nicht um persönliche Animositäten
ging.
    »Also, Olaf …«, setzte Doc an, doch er kam nicht weit.
    »Spar dir dein Einschleimen, von mir erfährst du
nichts«, unterbrach ihn das Frettchen brüsk.
    Philip, der in der Zwischenzeit ein paar Schritte hin
und her gegangen war und sich etwas beruhigt hatte, fuhr erneut herum. Schön!
Wenn der Bursche auch auf diesem Ohr taub war, dann mussten sie eben andere
Saiten aufziehen. Er trat vor Olaf, ging leicht in die Knie, um auf gleicher
Höhe mit ihm zu sein, und sagte mit sachlicher, beinahe teilnahmsloser Stimme:
»Unser letztes Angebot: Entweder du redest – oder wir binden dich hier fest,
ziehen dich aus und dekorieren die Pornoseiten um deinen Alabasterkörper. Dann
holen wir die Mädchen dazu. Ich garantiere, die lachen sich halb tot über dich.
Mal sehen, ob du dann nicht gesprächiger wirst. Also, du hast die Wahl: Sag
uns, was du weißt, oder wir machen dich zum Gespött der ganzen Schule.«
    Jeder im Internat wusste, dass der Schüler Olaf von
Perdelwitz noch nie, auch nicht nach einer Sportstunde, in einer
Gemeinschaftsdusche gesehen wurde, ganz zu schweigen davon, dass er je etwas
mit einem Mädchen gehabt hätte. Er wäre vor Scham in den Boden versunken, hätte
ihn jemand im Adamskostüm gesehen. Noch dazu die Mädchen …!
    »Das traut ihr euch nicht …«, nuschelte Olaf unsicher.
Den entschlossenen Gesichtern der Jungs war jedoch anzusehen, dass es ihnen mit
ihrer Drohung bitterernst war.
    »Noch einmal: Was weißt du über Tamara?«, hakte Philip
nach.
    In Olafs Gesicht arbeitete es. Unruhig glitt sein
Blick hin und her, offenbar suchte er verzweifelt nach einem Ausweg. Dann
übermannte ihn Wut. »Ihr glaubt wohl, ihr wäret etwas Besseres, ihr hättet die
Moral mit Löffeln gefressen, hä? Weiß der Geier, was da an Bord abging, aber
koscher war das garantiert nicht!«
    »Wieso an Bord? Was meinst du? War Tammy an Bord eines
Schiffes?«, fragte Doc ruhig.
    »Was weiß denn ich!«
    »Du weißt es. Ich will wissen, was für ein Schiff du
meinst.«
    »Ach, scheiß auf dein Schiff …«
    Jetzt war Philip nicht mehr zu halten. Mit

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