Seefeuer
Sie. Wollen Sie selbst mit ihr
sprechen?«
»Gib her!« Er meldete sich. »Sie wissen, verehrte Frau
Winter, wie sehr ich Sie und Ihre Informationen schätze, aber es geht jetzt
nicht, ich muss weg. Bin mit meinem Mitarbeiter auf dem Burgberg verabredet.«
»Genau um diesen Fall handelt es sich. Wie wäre es,
wenn Sie auf dem Weg dorthin einen kurzen Schlenker bei mir vorbei machen? Ich
hab etwas wirklich Interessantes für Sie, dauert auch nicht lange.«
Wolf war hin- und hergerissen. Meinte sie den Brand in
der Halle oder Tammys Tod mit der nachfolgenden Mordserie? Egal, in beiden
Fällen war er für jeden Hinweis dankbar, und eine Stippvisite in der Redaktion
des »Seekurier« kostete ihn nicht viel Zeit.
»Gut. Bin in einer Viertelstunde da.«
Er bat Jo, Vögelein über die Verzögerung zu
informieren, und machte sich auf den Weg.
***
»Es
geht um den Fall des toten Partygirls, Herr Wolf …«
»Ihr Lieblingsthema, das ›Rosarote Ballett‹?«
»So hab ich es genannt, ja. Heute Morgen erwähnte ich
eine Theorie, Sie erinnern sich? Dabei dachte ich an den möglichen Tatort …«
»Sie wollen mir aber jetzt nicht die ›Crown of St.
Gallen‹ andienen, oder?« Nur mit Mühe konnte er sich ein Schmunzeln verkneifen.
»Hoppla, Sie sind ja weiter, als ich dachte«,
erwiderte sie nach kurzer Pause anerkennend. »Dann wissen Sie auch schon, wer
an den Partys beteiligt war?«
»Sagen wir so: Wir haben eine gewisse Vorstellung.
Allerdings ist unsere Liste der verdächtigen Personen nicht vollständig, falls
Sie das meinen.«
»Jetzt ist sie es.« Mit diesen Worten legte sie ein
Blatt vor ihn hin.
Wolf starrte erst die Liste, dann Karin Winter an.
»Wie kommen Sie an die Namen?«
Die Reporterin feixte. »Hat mich ein schönes Stück
Arbeit gekostet, das können Sie mir glauben.« Sie schilderte kurz ihre Tour
durch die Überlinger Lokale, bei der sie Weselowskis Umgang recherchiert hatte.
»Das war mir allerdings zu vage. Also bin ich nach dem Brand auf der ›Crown of
St. Gallen‹ nach Romanshorn gefahren.«
»Züngli«, sagte Wolf mehr zu sich selbst.
»Ja, zu Züngli. Wie ich hörte, ist er seinen
Brandverletzungen erlegen. Stimmt das?«
»Wenn Sie’s eh schon wissen«, bestätigte er indirekt.
Wolf war sauer. Wieder einmal hatte jemand nicht dichtgehalten! »Was ist nun
mit Romanshorn?«
»Informationsquellen ohne Ende: Zünglis Nachbarn, das
Eidgenössische Hafenamt, sein Schiffsausrüster, die Werkstatt. Ganz zu
schweigen von den beiden Angestellten in seinem Hafenbüro. Ich kenne die beiden
Damen gut; der ›Seekurier‹ hat ja, wie Sie wissen, unlängst einen Bericht über
Zünglis Unternehmen gebracht. Eines allerdings war merkwürdig: Ich war wohl
nicht die Einzige, die sich für Zünglis Kunden interessiert hat.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»In sein Büro wurde in der Nacht von Sonntag auf
Montag eingebrochen. Nach Aussage einer Angestellten waren die Täter eindeutig
nicht auf Wertsachen, sondern auf bestimmte Informationen aus. Dreimal dürfen
Sie raten, welche Charterfahrten das betraf.«
»Kann’s mir schon denken«, seufzte Wolf. »Und von
dieser Angestellten haben Sie auch die Namen, richtig?«
»Sagen wir so: Die Dame war so freundlich, für kurze
Zeit ihr Büro zu verlassen. Da konnte ich einfach nicht widerstehen …«
»Und wie der Zufall so spielt, stand ganz in der Nähe
ein Kopierer.«
»Sie haben’s erfasst. Trotzdem gestaltete sich die
Recherche schwieriger als erwartet. Sehen Sie die vier unterstrichenen Namen
auf der Liste? Die gehörten vergangenen Donnerstag so gut wie sicher zu den
Partygästen auf dem Schiff. Weselowski, die Nummer eins, kennen wir bereits.
Dann kommt Dr. Pohl, Anwalt in Überlingen …«
»Auch bekannt. Weiter.«
Karin stutzte kurz, ehe sie fortfuhr: »Pohl hat sich
bei dieser Fahrt in das Catering eingemischt, nur deshalb stand sein Name in
den Unterlagen. Danach war’s wie abgeschnitten: kein weiterer Name mehr. Aber
zwei Telefonnummern. Über die bin ich dann auf Trost und Höflich gestoßen.«
»Soso, sind Sie. Und was berechtigt Sie zu der
Annahme, dass die Inhaber der Telefonnummern zu den Teilnehmern der
Schiffsparty vom letzten Donnerstag gehören, wenn ich fragen darf?«
»Nun enttäuschen Sie mich aber, Herr Wolf. Die Namen
herauszukriegen, die hinter den Nummern stehen, ist heutzutage ein Kinderspiel,
da sind wir uns ja wohl einig. Nun bin ich nicht so blauäugig, die fraglichen
beiden Herren sofort und automatisch
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