Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
einen Besprechungsraum zur Verfügung
gestellt und Philip, Hape und Doc geholt. Abwartend setzten sich die Schüler
den Polizisten gegenüber. Sie versuchten gar nicht erst, ihre Unlust zu
verbergen, und je länger Wolf sie zappeln ließ, desto abweisender wurden ihre
Gesichter.
    Endlich wies er auf Hanno: »Das ist mein Kollege
Vögelein. Mich kennen Sie ja bereits.« Abermals machte er eine kleine Pause.
»Haben Sie eine Idee, warum wir Sie noch einmal sprechen wollen?«
    Während Philip nur stumm den Kopf schüttelte, zeigten
die beiden anderen keine Reaktion.
    »Nun, Sie haben sicher vom Tod des Autohändlers Bert
Hohnisch gehört. In diesem Zusammenhang müssen wir Ihnen eine Frage stellen.
Kein Grund, zu erschrecken, reine Routine. Also: Wo waren Sie – und ich meine
Sie alle drei – am Montagabend zwischen zwanzig und zweiundzwanzig Uhr?«
    Die Schüler sahen sich an. Als Erster sprach Philip.
»Stellen Sie uns diese Frage im Ernst? Denken Sie, wir könnten etwas mit dem
Tod dieses Mannes zu tun haben?« Er lächelte spöttisch. Seine Freunde rutschten
derweil unruhig auf ihren Stühlen hin und her.
    »Wie gesagt, reine Routine. Vielleicht akzeptieren Sie
meine Frage eher, wenn ich Ihnen sage, dass wir sie noch einigen anderen
Personen stellen werden.«
    »Gut. Um diese Zeit haben wir für den
Triathlonwettkampf unserer Schule trainiert.«
    »Alle drei?«
    »Klar. An diesem Abend war Laufen dran. Wir sind um
neunzehn Uhr gestartet. Da bei den Internatswettkämpfen nur jeweils die Hälfte
der offiziellen Streckenlängen bewältigt werden muss – beim Laufen sind das
immer noch einundzwanzig Kilometer – waren wir fast drei Stunden unterwegs.
Zumindest die, die’s geschafft haben.«
    »Gehörten Sie dazu?«
    »Ja.«
    »Ich nehme an, dafür gibt’s Zeugen.«
    »Klar. Haben Sie was zum Schreiben da – und Zeit?«
    »Zeit?«
    »Sie müssen immerhin sechzig Namen notieren.«
    Wolf lächelte. »Drei genügen.«
    Philip nannte, ohne zu überlegen, drei Namen und die
jeweilige Klasse dazu. Wolf fiel auf, dass kein Lehrer darunter war. Absicht
oder Zufall?
    »Danke, meine Herren, das war’s auch schon.« Er erhob
sich. Einer Eingebung folgend, zog Wolf den Zettel hervor, den er von Karin
Winter erhalten hatte. »Sagen Ihnen diese Namen etwas?«
    Philip studierte die Liste, ehe er den Zettel an seine
Freunde weitergab.
    »Nun?«, hakte Wolf nach.
    Jetzt ergriff Doc das Wort: »Klar kennen wir die,
wenigstens die meisten davon. Zum Beispiel aus der Zeitung. Stößt man immer
wieder drauf, aus unterschiedlichen Anlässen.«
    »Zu diesen Anlässen zählt nicht zufällig der Tod Ihrer
Schwester?« Diese Frage war direkt an Philip gerichtet.
    »Ich verstehe nicht …«, stieß Philip hervor.
    Hape erhob sich. »Hören Sie, was soll das? Reden Sie
nicht um den heißen Brei herum, sagen Sie klipp und klar, was Sie von uns
wollen.«
    »Würde ich gerne. Aber im Moment kann ich Ihnen aus
ermittlungstaktischen Gründen nicht mehr sagen, tut mir leid. Ach ja, eine
allerletzte Frage noch: Hatte Tammy eigentlich einen Freund?«
    »Nein«, erwiderte Philip einsilbig und machte ein
abweisendes Gesicht.
    Plötzlich bekam Wolf ein schlechtes Gewissen. Was,
wenn er die Schüler zu sehr unter Druck setzte? Immerhin hatte er sie mit
seinen Fragen in eine ominöse Rächerrolle gedrängt, für die es zwar gewisse
Anhaltspunkte, aber keine Beweise gab. Vom Verhalten der Jungs jedenfalls ließ
sich nichts Belastendes ableiten, und dass Philip von der Rolle war und auf
bestimmte Sachverhalte nicht wie gewohnt reagierte, war ja wohl verständlich,
schließlich befand er sich in einem emotionalen Ausnahmezustand. Der Tod seiner
Schwester ging ihm stärker an die Nieren, als es zuerst den Anschein hatte.
    Im Grunde rührte Wolfs Unbehagen aus der anhaltenden
Unkenntnis über die Hintergründe der Tat. Fünf Tage schon zogen sich die
Ermittlungen hin, ohne dass sich auch nur der kleinste konkrete Verdacht
abzeichnete. Zuweilen schien es, als läge ihre einzige Chance darin, dass dem
Täter irgendwann ein Fehler unterlief, dass er sich selbst verriet – was
voraussetzte, dass er weitermachte. Das wiederum war das Letzte, was Wolf sich
wünschte.
    Auf
dem Flur lief ihnen Gregor Hajek über den Weg. »Gut, dass wir Sie treffen«,
empfing Wolf Philips Lehrer und stellte ihm Vögelein vor.
    »Gibt’s was Neues in Tammys Fall?«, wollte Hajek
wissen.
    »Leider nein. Aber wir wollten Sie um eine kurze
Bestätigung bitten, reine Formsache. Es

Weitere Kostenlose Bücher