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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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von Carlfeld und steckte das Büchlein ein.
»Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wo sich Philip Reich aufhält?«
    Von Carlfeld schüttelte den Kopf. Man sah ihm an, dass
er die beiden Besucher am liebsten hinauskomplimentiert hätte.
    Wolf nahm sein Handy und wählte die Nummer der
Zentrale. »Gebt eine Fahndung raus. Wir suchen einen Schüler des
Bodensee-Internats, Name: Philip Reich, Alter: achtzehn. Sportliche Figur,
Größe knapp eins achtzig, dunkelblond. Meldungen bitte an das D1 oder D3.«
    Er hatte kaum sein Handy eingesteckt, als der
Diensthabende von der Zentrale zurückrief. »Auf Wunsch wird gehext, Kollege. Wir
haben eine Meldung von der Verkehrsleitstelle hereinbekommen. Vor einer knappen
halben Stunde fiel einer Streife ein Verkehrsteilnehmer wegen stark überhöhter
Geschwindigkeit auf. Dabei handelt es sich um einen VW Polo, Halter: Philip Reich. Könnte das euer Mann sein?«
    »Sieht ganz so aus. Wo war das?«
    »Abigstraße. Industriegebiet.«
    »Ist dort in der Nähe nicht das Druckhaus Trost?«
    »Genau.«
    »Danke, Kollege. Bitte versucht, die Streife hinter
dem Polo herzuschicken, vielleicht erwischen sie ihn ja noch. In diesem Falle
Festnahme und Überstellung an das D1.«
    Mit knappen Worten gab Wolf den Inhalt des Gesprächs
an Marsberg weiter. Sie wandten sich zum Gehen.
    Nun konnte von Carlfeld, der die Vorgänge um ihn herum
verständnislos verfolgt hatte, nicht mehr an sich halten. »Entschuldigen Sie,
aber was hat das alles zu bedeuten? Nennen Sie das Routine? Ich verlange
Aufklärung, meine Herren!«
    »Nichts für ungut, Herr von Carlfeld, aber wir müssen
dringend weg. Ich verspreche Ihnen, Sie eingehend zu informieren«, rief Wolf im
Weggehen über die Schulter zurück.
    Draußen schlugen die beiden Kommissare die Kragen hoch
und machten sich auf den Weg zu ihrem Wagen. Es schüttete kaum weniger als
zuvor, im Gegenteil. Doch inzwischen machte es ihnen nichts mehr aus.
    In
Hajeks Dachgeschosswohnung in der Mühlbachstraße rührte sich auch nach
mehrfachem Klingeln nichts. Der Vogel schien ausgeflogen zu sein.
    »Warten wir?«, fragte Marsberg.
    »Zu unsicher, wer weiß, wann er zurückkommt«, winkte
Wolf ab. »Kümmern wir uns besser um Philip Reich. Scheint so, als hätten wir
endlich eine handfeste Spur, was meinst du?«
    Marsberg nickte und folgte Wolf zum Wagen. Schon auf
dem Weg dorthin hörten sie das Funkgerät quäken.
    »Ich hab für heute die Schnauze voll«, brummte Wolf.
Trotzdem nahm er den Hörer ab.
    »Wir haben ihn«, trompetete der Kollege in der
Einsatzzentrale.
    »Ihr habt wen?«
    »Philip Reich. Festgenommen auf dem Weg zum
Schlossberg. Kommt ihr gleich her, oder sollen wir ihn über Nacht in U-Haft
nehmen?«
    »Wir müssen nur schnell die Klamotten wechseln. Sind
in zehn Minuten bei euch. Ende.«
    ***
    Auf
Höhe des Bahnhofs Wiestorstraße fiepte Wolfs Handy. Er sah auf das Display –
und wäre am liebsten im Boden versunken. Kleinlaut drückte er die
Empfangstaste.
    »Sagen Sie mal, wo bleiben Sie denn?«, drang eine
vorwurfsvolle Frauenstimme in sein Ohr. »Ich bin bereits beim zweiten Glas
Wein. Wenn Sie nicht bald hier aufkreuzen, kann ich Sie während des Essens nur
noch lallend unterhalten, fürchte ich.«
    »Ich bin untröstlich, Frau Winter, aber Sie müssen
sich ohne mich betrinken. Wir haben einen weiteren Toten …«
    »Was? Sagen Sie das noch mal … wer ist es?«, fuhr ihm
die Reporterin ernüchtert ins Wort.
    »Trost.«
    »Stand der nicht auch auf meiner Liste?«
    »Sie sagen es.«
    »Lassen Sie mich raten: Von einem Auto angefahren?«
    »Stimmt! Na ja, war nicht besonders schwer.« Wolf
lachte verhalten.
    »Hören Sie, Herr Wolf, ich muss da etwas loswerden.
Eigentlich wollte ich es Ihnen beim Essen sagen, aber wie’s aussieht, klappt
das ja heute nicht mehr. Also: Wo kann ich Sie treffen? Es ist wichtig!«
    Wolf zögerte. Ehe sie sich um Philip Reich kümmerten,
musste er im Büro trockene Kleidung anziehen. In solchen Fällen zahlte es sich
aus, dass er als eingefleischter Radfahrer stets einen Satz Wechselwäsche für
unvorhersehbare Wetterstürze mit sich führte.
    »Sind Sie noch dran?«, drängte Karin.
    »Ein alter Mann ist kein D-Zug. Also gut: Kommen Sie
in mein Büro. Fünf Minuten, mehr geht beim besten Willen nicht.«
    »Sie wissen ja, ich bin von der schnellen Truppe.«
    Kaum
hatte er sich umgezogen, klopfte es an der Tür. »Kommen Sie rein«, rief er und
räumte seine feuchten Sachen beiseite.
    Er entschuldigte sich noch

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