Seefeuer
das sein?«
»Herwig Trost, Druckereibesitzer. Sein Betrieb liegt
in der Abigstraße. Sagen Sie bloß, die kennen Sie auch nicht.«
»Wird das jetzt eine Lektion in Heimatkunde, oder was?
Was hab ich mit diesem Mist zu tun?«
»Genau das wüssten wir gerne«, übernahm nun wieder
Wolf das Heft. »Herwig Trost ist heute Abend vor seinem Betrieb in der
Abigstraße getötet worden.«
»Na und?«
Wolf beschloss, härtere Saiten aufzuziehen. »Ihre Kaltschnäuzigkeit
nehm ich Ihnen nicht ab. Der Tatort lag keine hundert Meter von dem Punkt
entfernt, an dem Sie der Streife aufgefallen sind. Das sah verdammt nach Flucht
aus! Oder wie würden Sie das nennen, wenn sich unmittelbar nach einem Mord ein
Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit von einem Tatort entfernt?«
»Das ist komplett gesponnen, entschuldigen Sie. Noch
einmal: Ich bestreite nicht, zu schnell gefahren zu sein, auch nicht, die
Abigstraße passiert zu haben – rein zufällig, wohlgemerkt …«
»Von wo kamen Sie?«, schoss Marsberg dazwischen.
»Vom Andelshofer Weiher. Da halt ich mich in letzter
Zeit öfter auf, oder ist das auch verboten?«
»Sie lügen! Fakt ist, dass Sie das Industriegebiet an
der Abigstraße gar nicht schnell genug verlassen konnten. Warum eigentlich,
wenn Sie so unschuldig sind, wie Sie tun? Ich will es Ihnen sagen: Sie waren
bei Trost. Und jetzt haben Sie Angst, in den Mordanschlag – nennen wir das Kind
ruhig beim Namen! – mit hineingezogen zu werden. Vielleicht saßen Sie ja selbst
am Steuer des Lotus? Das wird unsere Spurensicherung schnell herausfinden.«
»Lotus?« Zum ersten Mal schien Philip Reich ehrlich
verunsichert.
»Sie kennen den Wagen?«
»Wie sollte ich!«
»Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht, dass es sich
dabei um das Fahrzeug Ihres Lehrers Gregor Hajek handelt.«
Philips Kopf fuhr hoch, doch er ging nicht darauf ein.
»Wie ist das abgelaufen bei Trost? Wollen Sie es uns
nicht erzählen?«, hakte Marsberg noch einmal nach.
»Lassen Sie mich doch mit Ihrem Trost in Ruhe. Ich
kenne keinen Trost!«
»Und was ist das hier?« Wolf hielt Philips Notizbuch
hoch.
»Wo haben Sie das her?« Wütend sprang der Junge auf
und versuchte, Wolf das Büchlein zu entreißen. Der zog gerade noch rechtzeitig
die Hand zurück.
»Sie haben meine Privatsachen durchsucht! Das dürfen
Sie nicht, nicht ohne richterliche Genehmigung. Dafür werde ich Sie anzeigen,
das gibt eine saftige Dienstaufsichtsbeschwerde, verlassen Sie sich drauf.« Mit
jedem Wort wurde seine Stimme lauter.
»Immerhin geben Sie damit zu«, entgegnete Wolf ruhig,
»dass es sich bei dem Notizbuch um Ihr Eigentum handelt. Das ist doch schon
was. Dann dürfen wir mit Recht davon ausgehen, dass Ihnen der Name Trost nicht
unbekannt ist.« Wolf schlug eine bestimmte Seite auf. »Hier stehen drei Namen:
Weselowski, Pohl und Trost. Weselowski ist tot. Das dürfte der Grund sein,
weshalb sein Name durchgestrichen ist. Saßen Sie am Steuer des gestohlenen
Audi, mit dem Weselowski getötet wurde? Waren Pohl und Trost als Nächste an der
Reihe? Hätten Sie heute Abend den Namen Trost durchgestrichen, wenn wir Sie
nicht festgenommen hätten?«
»Aber wieso denn, um Gottes willen?« Nun war es mit
Philips aufgesetzter Ruhe endgültig vorbei. Erneut war er aufgesprungen. Mit
beiden Armen stützte er sich Halt suchend auf den Tisch, den Mund verzerrt, die
Augen aufgerissen.
»Das kann ich Ihnen sagen«, erwiderte Wolf scheinbar
gelassen. »Immerhin werden diese drei ehrenwerten Herren verdächtigt, die Nacht
von letzten Donnerstag auf Freitag auf der ›Crown of St. Gallen‹ verbracht zu
haben – zusammen mit Ihrer Schwester.«
»Sie wollen mir allen Ernstes einen Mord
unterstellen?«, antwortete Philip ungläubig und ließ sich wieder auf seinen
Stuhl fallen.
»Und Sie wollen uns weismachen, das sei alles Zufall?
Nein, nein, da läuft etwas ganz anderes, und ich sag Ihnen auch, was: Sie,
Verehrtester, wissen von den Sexpartys auf der ›Crown of St. Gallen‹, und Sie
wissen, wer daran beteiligt war. Sie sind dermaßen vom Tod Ihrer Schwester
angefressen, dass Sie sich auf einen gefährlichen Rachetrip begeben haben.
Rache, das ist es, worum es Ihnen geht, Rache an den vermeintlichen Mördern
Ihrer Schwester – so ist es doch, oder? Ich meine, irgendwie kann ich Sie sogar
verstehen. Da laufen genau die Männer, die nach Ihrer Meinung für den Tod Ihrer
Schwester verantwortlich sind, noch immer frei herum und machen sich einen
schönen Lenz. Weil
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