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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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Kluftinger sachlich. Ihm war im Moment nicht nach irgendwelchen Spielchen zumute.
    »Das dürften sie sein! Eine schwarze Limousine, Ostallgäuer Kennzeichen, mit fünf Senioren drin! Scheinbar haben sie eine Fahrgemeinschaft gebildet. Interessant. Hol die anderen, Eugen, es geht los!«
    Kluftinger schloss den Lammellenvorhang in seinem Büro wieder. Er hatte diesem Treffen den ganzen Vormittag entgegengefiebert. Unten stiegen die fünf Männer aus dem großen BMW. Alle trugen schwarze oder dunkelblaue Mäntel. Alle außer Tassilo Wagner, der gerade aus einem Sportwagen stieg und die anderen mit großem Hallo begrüßte. Der Architekt trug wie immer sein Cape und seinen Hut. Ruhig gingen die sechs in Richtung Eingang.
    Kluftinger trat zum Waschbecken und kämmte sich. Er kam sich vor wie in einem dieser Mafiafilme, wenn der »Große Rat der Familie« zusammentritt, um eine Entscheidung zu fällen. »Die Mauer des Schweigens« hatte Bartenschlager, der ehemalige Hütebub, es genannt. Und je mehr Kluftinger mit den alten Männern zu tun hatte, desto klarer wurde ihm, was der alte Martl damit gemeint hatte. Bisher war der Kommissar bei keinem von ihnen weitergekommen. Er atmete tief durch und machte sich auf den Weg zur Vernehmung.
    »Ich weiß nicht, was daran sonderbar sein sollte, Herr Kluftinger! Wir haben eine Fahrgemeinschaft gebildet, na und?« Hans Röck lief von der ersten Frage Kluftingers nach ihren Gemeinsamkeiten zu Hochform auf. Er wirkte überlegener denn je.
    Kluftinger warf Strobl, Maier und Marx, die ebenfalls mit im Vernehmungszimmer saßen, einen Blick zu. Es würde mindestens so schwer werden, wie erwartet. Seine Kollegen sagten nichts; sie hatten vereinbart, dass er die Unterredung leiten würde.
    »Diese Frage hätten wir also geklärt«, versuchte Kluftinger ruhig zu entgegnen, auch wenn es in ihm brodelte. »Ihre gemeinsame Vergangenheit werden Sie aber nicht abstreiten, oder?«
    »Keineswegs«, antwortete nun Tassilo Wagner. »Wie Sie sicher bereits wissen, waren wir Kriegskameraden. Das verbindet. Können Sie nicht nachvollziehen, junger Mann!« Auch in Wagners Worten lagen Hochmut und Arroganz. Er hatte noch vor wenigen Tagen anders auf seine Fragen reagiert. Sicher hatten sie ihr Vorgehen abgesprochen.
    Aber auch Kluftinger hatte sich für dieses Verhör eine Strategie zurechtgelegt. So explizit tat er das nur selten. Heute jedoch hatte er bereits kurz nach dem Aufwachen einige Szenarien im Geiste durchgespielt. Dass es eine harte Nuss werden würde, die es da zu knacken galt, lag auf der Hand. Deshalb hatte er beschlossen, vorzugehen wie beim Schafkopf, seinem Lieblings-Kartenspiel: Er wollte nicht alle guten Trümpfe gleich am Anfang vergeuden. Immer abwechselnd, erst hoch, dann tief.
    »Wir wissen, dass Sie einem Ihrer Kameraden das Altersheim bezahlen. Warum tun Sie das?«, spielte der Kommissar seinen ersten Trumpf aus.
    Der Mann, der sich Kluftinger als Josef Blank vorgestellt hatte, antwortete ohne Umschweife: »Haben Sie eine Ahnung, was Kameradschaft bedeutet? Wahrscheinlich nicht, sonst würde Ihnen diese Frage gar nicht in den Sinn kommen. Alfons ist unverschuldet in Not geraten – ist es da eine Frage, dass wir als seine Freunde, denen es gut geht, helfen? So etwas schwört man sich, wenn man zusammen dem Tod mehr als einmal ins Auge gesehen hat. Wir sind wie Brüder!« Blank, ein bulliger Riese mit Schweinsäuglein, sah hinüber zu Wagner, der nickte. Josef Gmeinder, der Verleger, wie sich Kluftinger erinnerte, zuckte nur mit den Achseln. Sie machten den Eindruck, als würden sie nicht den geringsten Sinn in Kluftingers Fragen sehen, geschweige denn in der ganzen kollektiven Vernehmung.
    Kluftinger aber war es nicht entgangen, dass einer der sechs in seinem Auftreten ein klein wenig von den anderen abwich: Appel blinzelte nervös, wusste nicht recht, wohin mit seinen Händen. Schweißtropfen hatte sich auf seiner Oberlippe gebildet.
    Nun war es Zeit für einen hohen Trumpf. Nicht gerade den Eichel-Ober. Der Herz-Unter sollte fürs Erste genügen: Kluftinger zog unter dem Tisch das Nageleisen hervor, das der Tauchroboter vom Seegrund geholt hatte und legte es vor den Alten auf den Tisch.
    »Herr Appel, was ist das? Hat es mit Ihrer Tätigkeit im Krieg irgendwas zu tun?«
    Appel wurde kreidebleich und setzte dann zur Antwort an: »Gut, wir … wir haben dort oben …«
    »Wir haben dort oben nie etwas zu tun gehabt, richtig«, fiel ihm blitzschnell Blank ins Wort und ließ Appel

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