Seegrund
lächeln Sie mal ein bisschen, sonst erschrickt Ihre Frau ja, wenn sie das Geschenk auspackt und Sie auf dem Bild wie ein Verbrecher ausschauen.«
Lodenbacher lächelte gequält. Ihm war es sichtlich unangenehm, dass Kluftinger mitbekam, dass er die Arbeitszeit und die Gerätschaften der Polizei für private Zwecke nutzte. Wo er doch seine Mitarbeiter regelmäßig darauf hinwies, genau das nicht zu tun. »Dös is Staatseigentum und so muaß ma damit aa umgeh«, pflegte er dann immer zu sagen. In Zukunft würde er diese Gardinenpredigt im breiten niederbayerischen Idiom Lodenbachers wohl etwas seltener hören, dachte Kluftinger. Er begann, die Situation zu genießen.
Mit einem Seufzen lehnte er sich im Schreibtischstuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Es sah wirklich komisch aus: Der Chef der Polizeidirektion saß auf demselben Hocker, auf dem sonst die schweren Jungs Platz nahmen, und blickte in dieselbe Kamera, in die auch sie ihre missmutigen Gesichter hielten. Lodenbacher trug eines seiner marineblauen Sakkos mit Goldknöpfen und seidenem Einstecktuch.
»Vielleicht moch ma oafoch nochher weida. Sie homm bestimmt wichtige Sochan zum Beredn, Herr Renn«, wollte Lodenbacher die Fotositzung beenden und erhob sich.
»Nix da, Sie bleiben sitzen. Und keinen Mucks, sonst wird das hier nix. Also, jetzt geben S’ sich noch mal ein bisschen Mühe und schauen S’ nett. Dass Ihre Frau auch sieht, dass Sie sie lieb haben und vermissen, während Sie auf der Arbeit sind! Und jetzt noch mal ganz freundlich: Kriminalpolizeiiiiiiiiiiiii …«
Über das tiefbraune Gesicht Lodenbachers legte sich ein verzerrtes Lächeln, gepaart mit einem gewollt romantischen Blick, und der Mann im dunklen Anzug und dem schneeweißen Haar verlor auf einmal jeden Anflug von Seriosität, um die er sonst immer so bemüht war.
Ein anerkennendes Grinsen huschte über Kluftingers Gesicht. So traute sich außer Willi Renn keiner mit dem Chef zu reden. Renn nahm eben nie ein Blatt vor den Mund, das hatte er selbst auch schon oft genug zu spüren bekommen.
Renn blickte prüfend auf das Display der Digitalkamera auf dem Stativ und schüttelte den Kopf: »Ein letztes Mal noch, dann hammer’s. Und bitte ganz freundlich: Sayonaraaaaaaaaaa!«
Der Kommissar setzte sich sofort kerzengerade hin. Das galt ihm, da gab es keine Zweifel. Willi hatte die Sache mit der »Schwiegertochter« also noch nicht vergessen.
Eilig erhob sich Lodenbacher, legte seine Hand auf die Türklinke und drehte sich noch einmal um. »Sogn S’ amoi, Herr Kluftinga, wia steht’s? Homm S’ Eana Archiv jetzt scho in Ordnung? Und san Sie in der Soch scho weidakemma, de wos i Eahna gemm hob, letzte Woch? Wissn S’ scho, dös mit dem Schneider, der d’Leit ausgschmiert hot mit dene Moßanzüg?«
Kluftinger seufzte. Er wusste nicht, was Lodenbacher mit dieser Betrugssache hatte. Seit letzter Woche nervte er ihn jeden Tag damit. Ein neu eröffnetes Bekleidungshaus hatte damit geworben, für Discountpreise Maßanzüge anzufertigen, und einige modebewusste und gutgläubige Allgäuer hatten nach dem Maßnehmen auch eifrig ihre Kreditkarten gezückt und im Voraus bezahlt. Die Firma jedoch war auf einmal geschlossen, die Betreiber hatten sich abgesetzt und die Kunden hatten mit langen Gesichtern dagestanden. Kluftinger wusste von seiner Frau, dass auch der Mann von Erikas bester Freundin, Doktor Langhammer, der Altusrieder Arzt und Kluftingers Intimfeind, zu den Betrugsopfern gehörte. Auch deshalb fand er die Sache nicht so dramatisch. Der Kommissar vermutete aber, dass entweder ein Bekannter Lodenbachers, ein wichtiger Politiker oder er selbst zu den Geschädigten gehörten, weil es der Polizeidirektor gar so wichtig damit hatte.
»Herr Lodenbacher, ich hab’s doch bei der Morgenlage gesagt, dass das nicht so schnell geht.« Kluftinger gebrauchte absichtlich dieses Wort, weil er wusste, dass sein Chef den vermeintlich schickeren Begriff »Jour Fixe« bevorzugte. »Ich bin doch auch noch an der Fussener Sache dran.«
»Wos, i hob scho gheat. Dös is doch blos a Unfoih, needwohr? Do kennan se de Kolleng voa Oat drum kimman!«
»Unfall? Also, da haben Sie wohl was falsch verstanden. Oder, Willi?«
»Ja, Herr Lodenbacher, Unfall kann ich nach meinen Ergebnissen und auch nach dem Bericht der Ärzte aus dem Klinikum ausschließen. Die Wunde am Kopf kann sich der Mann … wisst ihr eigentlich schon, wer es ist?«
Kluftinger schüttelte den Kopf.
»Also, die Wunde
Weitere Kostenlose Bücher