Seehaie
weißt
hoffentlich, worauf du dich da einlässt. Ich kenne Hohmann. Egal, ob sich dein
Verdacht bestätigt oder nicht – wenn er spitzkriegt, dass du hinter ihm
herschnüffelst, hast du es mit einem beinharten Gegner zu tun.« Nachdenklich
fügte er hinzu: »Andererseits … krumme Dinger dieser Art trau ich ihm
eigentlich nicht zu; für das Treffen in Zürich kann es viele Gründe geben.«
»Klingt nach ›Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht
nass‹.«
»Wie dem auch sei – lass dich auf keinen Fall
erwischen! Ein Prozess mit Hohmann wäre das Letzte, was wir jetzt brauchen
könnten.«
»Manchmal kannst du einen so richtig schön aufbauen«,
kam es ironisch zurück.
***
Wolf
war ziemlich erledigt, als er endlich den vereinbarten Treffpunkt erreichte.
Der Höhenunterschied zwischen See und Burgberg war größer, als er gedacht
hatte. Außerdem hatte er ja noch sein Fahrrad im Schlepptau. Tja, er war eben
keine dreißig mehr. Oder hing seine Kurzatmigkeit vielleicht doch mit dem
Rauchen zusammen?
Dass Ernst aber auch ausgerechnet das Parkhotel
Leonhard oben am Berg vorschlagen musste! Nun ja, immerhin konnte man auf der
Hotelterrasse gemütlich sitzen und vorzüglich essen, vom traumhaften Seeblick
einmal ganz abgesehen. Ernst war aber wohl etwas anderes wichtiger gewesen:
Eher beiläufig hatte er bemerkt, dass dieses exklusive Plätzchen kaum von Kollegen
und Bekannten frequentiert würde und darum für einen »konspirativen Treff«
geradezu prädestiniert sei. Wolf glaubte, einen ironischen Unterton herausgehört
zu haben – oder täuschte er sich? Na ja, man würde sehen.
Ernst Sommer war bis zu seiner Pensionierung vor zwei
Jahren Kriminalrat und Leiter der Überlinger Kripo gewesen. Er und Wolf waren
Duzfreunde seit Urzeiten, und ums Haar hätte Wolf damals aus reiner Sympathie
ebenfalls den Dienst quittiert – »weil selten etwas Besseres nachkommt«, wie er
hellseherisch äußerte. Tatsächlich hatte der neue Kriminalrat seine schlimmsten
Befürchtungen noch übertroffen, denn gekommen war der kleine Giftzwerg
Patzlaff, von dem niemand so recht wusste, wer oder was ihn auf diesen Stuhl
gehievt hatte.
Sommer war zwar gleich nach seinem Ausscheiden in die
Landeshauptstadt verzogen, deshalb aber noch lange nicht weg vom Fenster. Wie
Wolf war er Witwer, doch einfach die Hände in den Schoß zu legen und auf das
eigene Ende zu warten, das war seine Sache nicht. Dank ausgezeichneter Kontakte
zum Regierungspräsidium und zum LKA hatte er
erreicht, dass man ihn – Ruhestand hin oder her – häufiger, als ihm lieb war,
zu bestimmten Sondereinsätzen rief.
Wolf
schloss sorgfältig sein Fahrrad ab und betrat die Terrasse. Er entdeckte den
Kriminalrat a.D. an einem der vorderen Tische, die bei weitem den schönsten
Seeblick boten. Die Begrüßung war herzlich. Zum wiederholten Mal musste Wolf
feststellen, dass sein Freund kaum zu altern schien. Trotz seiner
fünfundsechzig Jahre war er mit seiner Größe, seiner stattlichen Figur und den
weißen Stoppelhaaren noch immer eine imposante Erscheinung.
»Also«, begann Wolf, nachdem sie bestellt hatten, »was
treibt dich an deine frühere Wirkungsstätte zurück? Gib’s endlich zu, dir fällt
zu Hause die Decke auf den Kopf, hab ich recht?« Ein leichter Wind war
aufgekommen, und vorsorglich rückte er sein Barett zurecht.
Sommer lachte. »Langweilig ist mir ganz gewiss nicht,
Leo, im Gegenteil. Aber reden wir von dir. Du bist da an einer Sache dran, die
mich interessiert. Ich meine den Doppelmord an den beiden Bauarbeitern. Wie
kommst du voran?«
Wolf schilderte ihm den Stand der Ermittlungen. »Warum
interessierst du dich dafür?«
»Kann ich dir nicht sagen …«, versuchte Sommer
abzuwiegeln.
»Du meinst, du kannst es mir noch
nicht sagen? Das macht mich neugierig!«, hakte Wolf nach.
»Nein, es interessiert mich ganz allgemein. Außerdem
kenne ich Hohmann recht gut …«
»Wie kommst du auf Hohmann? Den hab ich doch überhaupt
nicht erwähnt?« Plötzlich war Wolf hellhörig geworden.
Sommer überging die Frage. »Nicht dass wir uns
besonders schätzen würden, Hohmann und ich. Wir hatten bei verschiedenen
Gelegenheiten miteinander zu tun. Aber ich bewundere, was er in einem Jahrzehnt
aus dem Boden gestampft hat. Man könnte es fast ein Wunder nennen.«
»Höre ich da eine gewisse Skepsis heraus? Ist bei
diesem Wunder etwa nicht alles mit rechten Dingen zugegangen?«
»Lass es gut sein. Wie kommst du eigentlich mit deinem
Chef zu
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