Seehaie
Versicherten ab. Bei Ihnen arbeitet doch
ein gewisser Starek.«
»Starek? Warten Sie bitte …« Es folgte eine längere
Pause. » Wie soll der Mann heißen?«
»Starek, S-T-A-R-E-K .«
»Wie ist denn sein Vorname?«
»Augenblick …« Geräuschvoll schob er einige Blätter
hin und her. »Hier hab ich’s: Bruno. Bruno Starek.«
Erneute Pause. Als er eben nachfragen wollte, ob sie
noch in der Leitung sei, antwortete die Frau: »Tut mir leid, aber einen Bruno
Starek gibt es bei uns nicht.«
»Sind Sie ganz sicher?«
»Hören Sie, wenn wir im Personalbüro das nicht wüssten … Von wo, sagten Sie, rufen Sie an?«
Kalfass überhörte ihre Frage, er hatte erfahren, was
er wissen wollte. »Gut, das war’s dann. Vielen Dank und einen schönen Tag
noch.«
Kein Starek. Hatte er die Prügel am Ende nur geträumt?
Eine Sekunde lang war Kalfass versucht, Wolf alles zu beichten. Doch als ihm
einfiel, welche Komplikationen das heraufbeschworen hätte – von den
Auswirkungen auf seine Beurteilung ganz zu schweigen – ließ er es sein.
***
Ganz
gegen seine sonstige Gewohnheit war Wolf an diesem Morgen als Letzter bei der
Arbeit erschienen. Zwar war der Himmel noch in der Nacht aufgerissen, sodass
blaue Flecken durch die schüttere Wolkendecke blitzten und den Beginn einer
längeren Schönwetterperiode ankündigten. Aber noch waren die Straßen feucht,
und speziell der Uferweg von Nussdorf nach Überlingen war mit Pfützen übersät.
Sie hatten Wolf, der seine helle Hose nicht ruinieren wollte, eine Slalomfahrt
abverlangt, in deren Verlauf er bei einem zu scharf ausgeführten
Ausweichmanöver in hohem Bogen von seinem Fahrrad geflogen war. Sowohl er als
auch sein Drahtesel hatten den Sturz weitgehend unbeschadet, aber leider nicht
ganz spurlos überstanden. Eben diese Spuren – beziehungsweise deren Beseitigung – hatten Zeit gekostet. Sei’s drum, inzwischen hatte er sich für einen langen
Bürotag eingerichtet und seine beiden Mitarbeiter zu sich gerufen.
»Also, wie sieht’s aus, Leute? Wer beginnt?«
Kalfass und Jo sahen sich einen Moment lang
unentschlossen an, um dann gleichzeitig ihren Bericht zu starten. Mit einer
Handbewegung brachte Wolf sie beide zum Schweigen. »Bitte streng nach dem
Alphabet, und da kommt Louredo vor Onkel Lu.«
Mit einem entschuldigenden Achselzucken in Richtung
Kalfass begann Jo ihre Ausführungen: »Ich habe die finanzielle Situation der
Plocs, speziell der letzten vier Wochen, noch einmal überprüft. Wie wir bereits
wissen, existiert ein Girokonto bei der Volksbank Ludwigshafen. Außer den
regelmäßigen Gehaltsüberweisungen für beide gibt es keine weiteren Zugänge,
auch kein Sparguthaben. Wenn die Ploc nach dem Tod ihres Mannes Geld erhalten
hat, dann bar.«
»Gut. Dann müssen wir die Frau wohl ab sofort härter
anfassen. So hart und so lange, bis wir wissen, mit wessen Geld sie in
Weingarten untergetaucht ist. Wem gehört übrigens die neue Wohnung?«
»Einer Genossenschaft. Keinerlei Verbindungen zu
Hohmann, falls Sie das meinen.«
»Wäre auch zu schön gewesen. Jo, du fährst noch mal
nach Weingarten und setzt die Ploc so lange unter Druck, bis sie ihre
Geldquelle preisgibt. Droh ihr mit Beugehaft, schleppe sie notfalls hierher,
alles, was du für erforderlich hältst. Nun zu dir, Ludger.«
»Also, zuerst zur Spurensicherung im Todesfall Ploc: Weder
auf dem Seil noch an dem Campingstuhl haben sich bei der KTU irgendwelche Fingerabdrücke oder sonstige
verwertbare Spuren ergeben. Ein sichergestellter Fußabdruck war leider
unbrauchbar. Der einzige, allerdings sehr unkonkrete Hinweis bezieht sich auf
die Schlinge am Seil, mit dem Ploc aufgeknüpft wurde. Die soll mit einem recht
ungewöhnlichen Knoten geknüpft worden sein. Das war’s dann auch schon.«
Umständlich rückte Kalfass seine Brille zurecht.
»Und diese Kunststoffschlaufe, die am Tatort unter dem
Laub gefunden wurde?«
»Richtig, hätt ich fast vergessen. Soll bei
Wanderausrüstungen Verwendung finden, bei Rucksäcken, Gerätegurten und so. Auch
dort keine Spuren. Bei Juratovic sieht’s ähnlich aus: Zwar habe ich die
Apotheke ausfindig gemacht, bei der er regelmäßig seine Medikamente gekauft
hat, und das bei ihm gefundene Nitrospray stammt zweifelsfrei von dort. Eine
Manipulation an dem Behälter war jedoch nicht feststellbar, außerdem wurden nur
Fingerabdrücke von Juratovic selbst gefunden. Trotzdem würde das zu unserer
Annahme passen, dass das Spray vom Täter auf die übliche Art und Weise
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