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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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abwandte. Das passierte mir nie, wenn ich allein war. Sie hatte auch ein Talent, mit fremden Männern Gespräche anzufangen. An der Bushaltestelle standen immer ein paar Jungs, mit denen sie spöttisch plänkelte, und wenn jemand Neues dabei war, hob sie in einer Art ihre Stimme, die deutlich machte, dass ihr Gespräch, selbst mit mir, eine Vorstellung nur für ihn war. Ich ertappte mich dabei, wie ich in dieser Zeit nur allzu oft auf mein »gefrorene Erbsen«-Mantra zurückgriff.
    Ab und zu arrangierte Frances ein Stelldichein mit einem der besser aussehenden Bushaltestellen-Kavaliere. Treffpunkt war normalerweise ein beschlagenes Café in der Fußgängerzone, mit zerrissenen PVC-Sitzen, Ketchup-Spendern in Tomatenform auf den Tischen und einer Teemaschine, die den ganzen Tag vor sich hin brodelte. Zu diesen Gelegenheiten wurde ich mitgeschleppt - ähnlich einem Sekundanten bei einem Duell und mit ähnlich geringen Hoffnungen auf einen angenehmen Ausgang. Der entsprechende Junge brachte vielleicht ebenfalls seinen Adlatus mit, und dann saßen wir in einer Nische vor unseren Tassen mit schaumigem Tee, während Frances und Baz oder Gaz oder Jez Pfeffer in die Zuckerdose rührten oder die Ketchupklumpen von der Spritzdüse der Plastiktomate pulten und nach der althergebrachten Methode, Beleidigungen auszutauschen und sich ihre gegenseitige Verachtung zu erklären, miteinander flirteten.
    Ihr neuester Schwärm war jedoch ein Freund von Rad namens Nicky, der etwa einsneunzig groß war, lockiges Haar, eine dicke Brille und Akne hatte. Es muss seine Angst vor ihr gewesen sein, was sie attraktiv fand. Rad brachte nicht oft Freunde mit nach Hause, weil die meisten von ihnen im Norden Londons wohnten, näher bei seiner Schule, aber Nicky schien bereit zu sein, die lange Reise in die südlichen Vororte auf sich zu nehmen, und war bald ein regelmäßiger Gast im Haus. Lexi adoptierte ihn sogar bald als eine Art Handwerker. Er wurde ständig aufgefordert, Sachen von den höchsten Regalen zu holen, hohe Fenster zu öffnen und zu schließen, Spinnen von Bilderleisten zu retten und unzugängliche Äpfel von Fish und Chips‘ überhängendem Baum zu stehlen. Da er noch mehr Angst vor Lexi als vor Frances hatte, erhob er keinen Einspruch dagegen. Bei seiner Einführung in die Radley-Familie verursachte er versehentlich eine Krise.
    Untypischerweise war die gesamte Familie versammelt: Die Zentralheizung hatte den Geist aufgegeben, und wir saßen alle im Wohnzimmer, wo das Gasfeuer auf höchster Stufe brannte. Selbst Auntie Mim war herunter gekommen und saß eingewickelt in einer Decke auf der Couch.
    Lexi blätterte gerade ihr Adressbuch durch. »Wen kennen wir denn, der einen Boiler reparieren kann?«, fragte sie. Die Frage, sich an einen Fachmann zu wenden, stellte sich nicht - kleinere Wartungsarbeiten wurden ausnahmslos von Freunden erledigt oder von Freunden von Freunden, oder von Bekannten von Freunden wenn nötig. Ich war mir nicht ganz sicher, welche Dienste im Austausch dafür offeriert wurden. Vielleicht bot Mr. Radley ihnen an, sie nackt zu zeichnen. »Ich habe erst vor kurzem mit jemandem gesprochen, der jemanden kannte, der seine eigene Zentralheizung eingebaut hat. Wer war das denn noch? Verdammt.«
    »Dein Vater ist kein Klempner, oder, Nicky?«, fragte Mr. Radley.
    »Nein, er ist Geburtshelfer.«
    »Hmm, für so was haben wir nicht mehr viel Bedarf«, sagte Mr. Radley. »Ein Tierarzt - ja.«
    »Meine Mutter ist Rechtsanwältin«, fügte Nicky hilfsbereit hinzu.
    »Anwältin«, sagte Lexi. »Das muss ich aufschreiben ich glaube nicht, dass wir so was haben.«
    »Und Blushs Vater unterrichtet Latein, deshalb ist er nutzlos«, sagte Mr. Radley.
    »Nicky Rupp - Geburtsh. und Anw.«, sagte Lexi beim Schreiben.
    »Ich nehme nicht an, dass er den Beruf ergriffen hat, um dir von Nutzen zu sein«, sagte Rad, der meinen Vater verteidigte.
    »Als ob du so nützlich bist«, fügte Frances hinzu.
    »Tja, das ist nur allzu wahr«, gab Mr. Radley gutmütig zu.
    »Ich habe einen Onkel, der ein bisschen Ahnung von Autos hat«, warf Nicky schnell ein. Er war noch nicht an die Respektlosigkeiten gewöhnt, mit denen Vater und Kinder sich in diesem Haus bedachten.
    »Oh fantastisch«, sagte Lexi. »Wohnt er in der Nähe?«
    »Harrogate. Vor allem von Oldtimern.«
    »Lass Rad um Gottes willen nicht in ihre Nähe.« Qualvolle Signale seines Sohnes ignorierend fuhr er fort: »Er hat mich in Frankreich fast umgebracht, als er einem toten Igel

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