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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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mehrere Wochen in seiner lebhaftesten Form sichtbar war und dann zu einer silbrigen Narbe in Form eines verblichenen Vollmonds verblasste.

17
    Als ich vierzehn war, entdeckte ich, wohin mein Vater ging, wenn er ohne Erklärung weg war. Die Wahrheit war seltsamer als meine schlimmsten Vorstellungen. Eine Zeit lang hatte Frances die Fantasie gehegt, er sei ein russischer Spion.
    »Er war doch in Cambridge, oder?«, lautete ihre Argumentation. »Und Latein ist eine nützliche Fähigkeit für Code-Knacker.«
    »Und für Lateinlehrer«, sagte ich.
    Sie ignorierte mich. »Und er geht immer weg - wahrscheinlich trifft er sich in einem Park mit dem KGB-Chef, um Geheimnisse an ihn weiterzugeben.«
    »Mein Vater ist kein Kommunist. Er wählt die Konservativen«, protestierte ich.
    »Ich glaube nicht, dass die Kommunisten im nordwestlichen Kent einen Kandidaten ins Feld schicken«, sagte Rad, der auf dem Boden Patiencen legte und unserer Diskussion zuhörte. Seit Nickys Einführung in den Haushalt schien Rad geselliger geworden zu sein. Obwohl er sich Frances‘ und meinen Aktivitäten nicht richtig anschloss, hielt er sich jetzt öfter außerhalb seines Zimmers auf und konnte, wenn nötig, ein Gespräch - selbst ein belangloses aufrechterhalten.
    »Man weiß ja nicht, was er wirklich wählt, wenn er erst mal in dieser kleinen Wahlkabine ist«, sagte Frances. »Es ist eine perfekte Tarnung - er ist ein solch ehrenhafter Bürger, dass ihn sogar die eigene Tochter nicht verdächtigen würde.«
    »Wenn ich das mal so sagen darf, dein Vater kann genauso gut ein Spion sein wie meiner. Ich meine, er kann den ganzen Tag herumhängen und sich mit Leuten im Park treffen oder was sie auch immer tun.« Ihre Anspielungen wurmten mich langsam.
    Sie sah mich verächtlich an. »Dad? Sei doch nicht albern. Dem würde niemand auch nur fünf Minuten lang ein Geheimnis anvertrauen.« Es folgte ein Schweigen, in dem ich anerkennen musste, dass das der Wahrheit entsprach. »Wieso verfolgst du ihn nicht mal mit dem Fahrrad?«, fragte sie schließlich.
    »Oh nein, das könnte ich nicht tun. Was wäre, wenn ich ihn bei etwas wirklich Schlimmem erwischte - zum Beispiel bei einem Bordellbesuch?« Ich war mir nicht ganz sicher, wie ich ein Bordell erkennen würde, es sei denn, es wäre durch ein Neonschild gekennzeichnet. »Und was wäre, wenn er mitkriegen würde, dass ich ihn sehe?«
    Frances gab zu, dass das schwierig sein könnte. Wie sich herausstellte, brauchte ich gar keine ausgefeilten Pläne zu schmieden, um meinen Vater bei der Ausführung seines verbotenen Hobbys zu erwischen.
    Es war an einem Sommerabend im Juni, und Frances und ich waren auf dem Weg zu einer Party. Wir hatten den Nachmittag damit verbracht, verschiedene Kostüme aus ihrem und Lexis Schrank anzuprobieren und wieder zu verwerfen. Ich war bereits mit einem engen schwarzen Rock ausgestattet, den meine Mutter mir trotz einiger Bedenken genäht hatte. Mir war es nur gelungen, ihn davor zu bewahren, zu einem Stück anständiger Bürokleidung zu werden, das eine Bibliothekarin gefahrlos tragen konnte, indem ich nach einer Anprobe die Nadeln nach innen versetzt hatte. Auf Frances‘ Vorschlag hin hatte ich meinen BH mit Taschentüchern ausgestopft und trug nun stolz ein Paar harter und ziemlich klumpiger Brüste unter meinem T-Shirt. Frances, die sehr oft Flohmärkte besuchte, hatte sich für etwas entschieden, das offensichtlich ein gestreiftes Männernachthemd war, am Kragen ausgefranst, sie trug es halb offen mit einem Gürtel über einem tief ausgeschnittenen Unterhemd. Sie brauchte nichts auszustopfen. Ich übte gerade, in Lexis Stilettos zu laufen, die mir eine Nummer zu groß waren; ich hatte sie ebenfalls mit Taschentüchern ausgestopft, um sie nicht zu verlieren. Allmählich kam ich mir wie eine Stoffpuppe vor.
    »Hmm. Ich glaube, dein Problem ist, dass der Schlitz in deinem Rock nicht hoch genug geht«, sagte Frances, als ich x-beinig an ihr vorbeiwankte, den Blick starr auf meine Füße gerichtet. Jahrelanges Anprobieren von Lexis Schuhen hatte sie zu einer selbstbewussten Spezialistin in der Kunst gemacht, mit hochhackigen Schuhen hinter Bussen herzulaufen. »Soll ich ihn für dich ändern?«
    »Tja ...« Ich zögerte. Der Haupteinwand meiner Mutter gegen diese Mode hatte gelautet, dass der Schlitz die Trägerin billig aussehen ließ. Und ich hatte Frances noch nie für eine große Schneiderin gehalten. Bevor ich dazu kam, das Angebot abzulehnen, hatte sie sich den

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