Seekers 03: Auf dem Rauchberg
zurückweichen.
»Flachgesichter«, flüsterte er. Regentropfen liefen ihm über die Nase, und er schüttelte den Kopf, um die Augen freizubekommen. »Eine Flachgesichterhöhle.«
»Hier draußen?«, fragte Kallik ungläubig. »Aber es ist so weit weg von … von allen Flachgesichterdingen! Das nächste Höhlengebiet ist Himmelslängen entfernt. Und ich kann keine Schwarzpfade riechen.«
»Tja, trotzdem ist sie hier«, erklärte Toklo unbeirrt und deutete mit der Schnauze auf eine kleine Lichtung. Lusa spähte an ihm vorbei und sah die Umrisse einer Höhle, die aus Holz bestand und von Bäumen dicht umgeben war. Rauch stieg aus einem Loch im oberen Teil.
»Lasst uns verschwinden«, sagte sie ängstlich. »Hier gibt es für uns nichts zu holen.« Toklo nickte und machte Anstalten, sich ins Dickicht zu schlagen, um die Lichtung zu umgehen.
»Warte«, hielt ihn Ujurak zurück.
»Warum?«, rief Lusa. Am liebsten hätte sie den Kopf in einen großen Laubhaufen gesteckt oder wäre auf den höchsten Baum des Waldes geklettert und nie wieder heruntergekommen. Irgendetwas an diesem Ort war nicht geheuer, das fühlte sie mit jedem Fellhaar ihres Körpers. Ihrer Ansicht nach gab es nur eine Möglichkeit: weg von dieser Höhle!
Ujurak aber tappte durch die Bäume geradewegs darauf zu.
»Was hat er jetzt wieder vor?«, brummte Toklo missmutig.
»Tja, wir können ihn nicht allein auf Erkundungstour gehen lassen«, erwiderte Kallik. »Also los.« Und schon setzte sie dem kleinen Braunbären nach.
»Komm, Lusa, hab keine Angst.« Toklo stieß die Freundin mit der Schnauze an.
Lusa versuchte die Stimme in ihrem Kopf auszuschalten, die kreischend rief: Lauf weg! Lauf, so schnell du kannst!
Direkt vor der Höhle holten sie Ujurak ein. Er stand auf den Hinterbeinen, um durch eine Öffnung an der Seite zu spähen. Helles Licht ergoss sich aus der Höhle und für einen Moment war Lusa so geblendet, dass sie nichts anderes sehen konnte.
Dann aber erkannte sie, dass sich im Innern vier Flachgesichtermännchen aufhielten, die um ein Feuer saßen. Sie lachten und sprachen mit lauten, lärmenden Stimmen. Zwei von ihnen hielten Behälter in den Tatzen, die Lusa mehrfach bei den Flachgesichtern gefunden hatte. Sie rochen fürchterlich und enthielten meistens eine klebrige Flüssigkeit, von der Lusa immer ganz schwindelig geworden war, wenn sie sie aufgeleckt hatte.
Diese Flachgesichter aber waren anders als die mit der roten und der blauen Höhle, von denen sie das Fressen gestohlen hatten. Diese hier waren größer und lauter, und sie hatten Feuerstöcke, wie Lusa sogar von ihrem Standort aus erkennen konnte. Es gab mehrere davon, sie lehnten an den Wänden oder hingen über dem Feuer. Sie ließ ihren Blick über den Holzboden zur anderen Seite der Höhle schweifen. Dort ragte ein Kopf aus der Wand. Ein Bärenkopf!
Seine glasigen Augen starrten blicklos ins Leere. Ihr war klar, dass Flachgesichter ihn getötet hatten. Vielleicht sogar diese vier Flachgesichter? Dann hatten sie ihm den Kopf abgehackt und ihn an die Wand gehängt.
»Oh, ihr Bärenseelen«, wimmerte Lusa.
»Wie … Warum …« Kalliks Stimme erstarb. Sie presste ihre Nase an die Öffnung, als hoffte sie, dass sich so der Anblick dahinter veränderte.
Toklo sagte gar nichts, aber Lusa sah, wie seine Krallen zuckten und seine Augen schmal wurden.
Ujurak ließ sich auf alle viere fallen und begann zur Vorderseite der Höhle zu schleichen.
»Ujurak!«, zischte Lusa. »Wo willst du hin? Wir müssen hier weg!«
Er verschwand um die Ecke, als habe er sie nicht gehört. Hatte er vielleicht auch nicht. Wind und Regen wüteten so stark, dass man sein eigenes Wort kaum verstand.
Toklo und Kallik blieben stehen, Lusa aber eilte Ujurak nach. Wozu nur wollte er diesen Ort noch näher erkunden?
Als sie um die Ecke bog, sah sie ihn mit gefletschten Zähnen vor dem Eingang der Höhle stehen. Sie folgte seinem Blick hinauf zu dem Aufbau, der die Höhle von oben abdichtete.
Ihr war, als würde ihr das Herz in der Brust gefrieren.
An der Abdeckung hingen, im stürmischen Wind schaukelnd, drei leere, blutige Bärenhäute.
20. KAPITEL
Toklo
Trotz des Sturms hörte Toklo Lusas entsetzten Schrei. Er raste er zur Vorderseite der Höhle, Kallik dicht hinter ihm.
Er sah Lusa gerade noch zwischen den Bäumen verschwinden. Ihre kleinen schwarzen Tatzen jagten wie von Sinnen über den Boden.
»Was …?« Atemlos wandte er sich zu Ujurak um.
Der Freund stand wie gebannt vor der
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