Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
nächsten Eisscholle ankamen, fühlten sich Kalliks Beine an, als würden sie gleich abfallen. Sie hätte gern gewusst, ob Silaluk sich ähnlich fühlte, wenn sie wieder und immer wieder um den Wegweiserstern herumrennen musste.
Kallik packte das Eis mit den Vordertatzen und versuchte sich nach oben abzudrücken, indem sie heftig mit den Hinterbeinen ausschlug. Es war jedoch ein tüchtiger Stoß von unten, der sie aufs Eis hinaufbeförderte. Sofort drehte sie sich um und grub ihre Zähne in Taqqiqs Fell, um auch ihm auf festen Boden zu helfen.
Nisa kam neben ihnen aus dem Wasser geklettert und machte ein zufriedenes Gesicht. »Seht ihr? Ihr schwimmt schon wie die Robben!« Kallik bemerkte aber, dass ihre Mutter zitterte, und sie war sich nicht sicher, ob das nur von der Kälte kam.
Immerhin war diese Eisscholle viel größer als die vorige. Hier konnten sie eine ganze Weile über den Schnee laufen, was viel leichter war, als zu schwimmen. Der Himmel war jedoch grau und bewölkt, und ausnahmsweise wünschte sich Kallik, dass die Sonne schien. Sie hatte das Gefühl, der eiskalte Wind würde mit spitzen, kleinen Zähnen an jedem einzelnen ihrer nassen Fellhaare ziehen. Sie hielt den Kopf gesenkt, damit der Schnee ihr nicht in die Nase wehte, und drückte sich eng an die Seite ihrer Mutter, um möglichst viel Schutz vor dem Wind zu finden. Von der anderen Seite drängte sich Taqqiq an sie, sodass sie sich gegenseitig ein wenig wärmen konnten.
Die Wolken ballten sich in Massen über ihnen. Am Geruch konnte Kallik erkennen, dass es keine Schneewolken waren. Dafür war es auch zu warm, selbst wenn sie sich im Moment kein bisschen warm fühlte. Nein, das waren Regenwolken, und wenn es erst anfing zu regnen, würde alles noch schlimmer werden. Ein einziges Mal hatte Kallik bisher Regen erlebt. Damals war alles unglaublich rutschig geworden, und jetzt, wo das Eis ohnehin schon am Schmelzen war, konnte man sich ausrechnen, dass das Gehen bei Regen sehr viel schwieriger werden würde.
Die Zeit des Sonnenuntergangs war fast gekommen, als Nisa an einer weiteren breiten Wasserrinne stehen blieb. Sie starrte hinüber zu dem blauweißen Funkeln des Eises auf der anderen Seite. Für Kallik sah es so aus, als wäre es Himmelslängen entfernt.
»Müssen wir schon wieder schwimmen?«, fragte sie. »Können wir nicht weiter auf dem Eis gehen?«
»Wir müssen in diese Richtung«, erklärte Nisa. »Dort ist das Festland. Kannst du es nicht riechen?«
Kallik versuchte es, doch der Geruch des Wassers war zu stark. »Nein, und außerdem bin ich müde«, jammerte sie.
»Ich auch«, stimmte Taqqiq ihr zu. »Ich möchte hier einfach liegen bleiben, bis ich meine Tatzen wieder fühlen kann.«
»Ich werde euch einzeln nach drüben bringen«, erklärte Nisa. »Ihr müsst nur dicht bei mir bleiben, ich helfe euch.«
Kallik wusste, dass sie tapfer sein musste. Ihre Mutter würde den Weg dreimal schwimmen, und wenn sie bereit war, diese Anstrengung auf sich zu nehmen, dann wollte Kallik ihr zeigen, dass auch sie stark sein konnte.
»Fang du an«, sagte Taqqiq, ließ sich aufs Eis sinken und legte den Kopf auf die Tatzen.
»Okay«, sagte Kallik. »Ich schaffe das, das weiß ich.«
»Ich bin sehr stolz auf dich«, flüsterte Nisa. Ihr warmer Atem strich über Kalliks Ohr. »Alles wird gut werden, wenn wir erst auf dem Festland sind, das verspreche ich euch.«
Kallik und Nisa sprangen ins Wasser. Kallik schnaufte entzückt über den riesigen Platscher, den sie beide machten. Sie versuchte, die geschmeidigen Schwimmbewegungen ihrer Mutter nachzuahmen und genauso elegant dahinzugleiten wie sie, aber immer wieder bekam sie Wasser in die Nase und musste husten und prusten.
Das Meer erstreckte sich dunkel und endlos in alle Richtungen. Die Wellen waren so hoch, dass Kallik das Eis, das sie ansteuerten, nicht sehen konnte, und selbst der Kopf ihrer Mutter entschwand einige Male aus ihrem Blickfeld. Ihre Klauen kribbelten vor Angst, als ein alarmierender Geruch in ihre Nase drang – ein Geruch von Blut und kalter Bedrohung.
Sie wirbelte im Wasser herum, schlug hektisch auf die Wellen ein, um zu sehen, was da vorging. Da! Eine gewaltige schwarze Flosse durchschnitt das Wasser und kam auf sie zu, viel schneller, als sie davonschwimmen konnte.
Nisa brüllte auf, Wut und Angst mischten sich in ihrem Schrei. »Orcas!«, rief sie. »Kallik, schwimm, so schnell du kannst!«
Kallik ruderte wild mit den Vorderbeinen und wollte sich mit den
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