Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
Robben ausmachen. Freude durchströmte sie.
Ujurak, du hast es geschafft!
»Die Robben sind tatsächlich umgezogen!«, gab Yakone Kalliks Gedanken wieder. »Und die Luft riecht hier ganz anders … Keine Spur von diesem widerlichen Gestank.«
Seine Begeisterung war ansteckend und Kallik hatte richtig gute Laune. Spielerisch stieß sie ihren Kopf in Yakones Flanke. Mit einem freudigen Brummen wirbelte das junge Männchen herum und versetzte ihr einen Knuff mit der Tatze. Im Nu wälzten und balgten sie sich im Schnee.
Kallik wand sich zur Seite, als Yakone sie am Boden festzuhalten versuchte. Er war zwar größer als sie, wie sie jetzt bemerkte, aber die lange, beschwerliche Reise hatte ihren Muskeln Kraft verliehen. Als er sich erneut auf sie stürzte, drückte sie ihn mit den Hinterbeinen weg und ließ ihn einen Purzelbaum in den Schnee machen. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte, warf sie sich auf ihn und stemmte ihm eine Tatze in den Nacken.
»Wow! Bist du stark!«, keuchte Yakone.
Erfreut, dass sie ihn beeindruckt hatte, gab Kallik den Jungbären frei und trat zurück.
»Wo hast du gelernt, so gut zu kämpfen?«, fragte er, während er sich einige Schneeklumpen aus dem Pelz schüttelte.
Kallik wollte lieber nicht über ihre Wanderung reden. »Komm, lass uns jagen!«, schlug sie stattdessen vor.
Zusammen zogen die beiden Bären hinaus aufs Eis. Die Robben, die sie dort gesehen hatten, glitten sofort ins Wasser zurück, als Kallik und Yakone sich näherten.
»Riechst du das?«, fragte Kallik, als sie, Seite an Seite, in das erste Atemloch hinabstarrten. »So muss sauberes Meerwasser riechen.«
Yakone schnupperte ausgiebig. »Es riecht gut. Viel würziger als das Wasser in unserem alten Jagdrevier.«
»Jetzt müssen wir warten, bis eine Robbe kommt.« Kallik ließ sich nieder und machte es sich neben dem Loch bequem. »Aber sie darf nur nach klarem Wasser riechen, nach nichts anderem.«
Yakone nickte und kauerte sich neben sie. Kallik kam nicht umhin zu bemerken, wie seidig sein rötliches Fell schimmerte. Von plötzlichem Mut ergriffen, streckte sie die Tatze aus und strich leicht über sein Bein.
Ist das weich!
Als Yakone sie überrascht ansah, wurde sie furchtbar verlegen. »Ähm … da war irgendetwas an deinem Bein.«
Yakones Augen funkelten amüsiert. Er gab Kallik einen spielerischen Klaps und sie knuffte ihn zurück.
So viel Spaß habe ich nicht mehr gehabt, seit Taqqiq und ich klein waren!, dachte Kallik. Ich will nicht hier sitzen und geduldig sein.
»Wir werden nie eine Robbe fangen, wenn wir weiter Quatsch machen.« Yakone stieß sie mit dem Kopf an. »Wir sollten uns konzentrieren.«
Kallik musste zugeben, dass er recht hatte. Also hielt sie ihr Hochgefühl im Zaum, starrte unverwandt in das Loch und widerstand der Versuchung, zu Yakone hinüberzuschielen.
Die Augenblicke schleppten sich zäh dahin. Kallik lauschte dem Flüstern des Windes, der über die Eisfläche blies, und fragte sich, wie es wohl Kissimi in seinem Unterschlupf erging. Sie hatte das Geplänkel mit Yakone so genossen, dass sie gar nicht mehr an ihr Junges gedacht hatte. Jetzt kribbelten ihr langsam die Tatzen vor Ungeduld, zu ihm zurückzukehren.
Wer weiß, vielleicht mit einem guten, gesunden Stück Robbenfleisch, das er fressen kann?
Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da entdeckte Kallik ein Kräuseln im Wasser, und gleich darauf erschien ein Robbenkopf. Schneller als Yakone hatte sie die Tatze ausgestreckt und packte die Robbe, als sie an die Oberfläche stieß. Gleichzeitig beschnupperte sie sie sorgfältig.
»Die hier ist in Ordnung«, sagte sie zu Yakone, während sie die zappelnde Robbe aufs Eis zog und ihr den tödlichen Hieb in den Nacken versetzte.
»Das war toll!« Yakone machte große Augen vor Bewunderung. »Du jagst genauso gut wie Unalaq, und er ist der Beste.«
»Es ist gar nicht so schwer«, brummte Kallik voller Stolz. »Man muss sich einfach ganz still verhalten und bereit sein zuzuschlagen, sobald man die Robbe zum Atmen hochsteigen sieht. Versuchen wir’s noch mal und dann kannst du die nächste fangen.«
Diesmal schien nicht so viel Zeit vergangen zu sein, als wieder eine Robbe sich dem Atemloch näherte und ihren bärtigen Kopf aus dem Wasser hob. Yakone war bereit, doch Kallik stieß seine Tatze beiseite, bevor er zuschlagen konnte. Die Robbe holte einmal tief Luft und verschwand sofort wieder.
»He!«, rief Yakone empört. »Die hätte ich kriegen können.«
»Ich
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