Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
leichten Zucken des Kopfes deutete sie auf einen Punkt am Ufer des gefrorenen Flusses, und Toklo begriff, dass sich dort Kissimis Versteck befand.
Da ist er also. Ich muss Unalaq in die andere Richtung locken.
»Ihr könnt nicht sämtliche Robben im Meer für euch beanspruchen«, knurrte er, indem er ein paar Schritte auf den Strand zumachte. »Und ihr habt ja nicht einmal erkannt, dass es die Robben waren, von denen ihr krank geworden seid. Ich glaube kaum, dass ihr das Recht habt, uns von hier zu vertreiben.«
»Ja, ihr solltet uns lieber dankbar sein!«, warf Lusa ein.
»Dankbar?« Unalaq drehte sich voller Zorn zu Lusa um. »Agas Kopf ist vernebelt, wenn sie glaubt, dass eine Schwarzbärin uns retten könnte, so ein kläglicher Fellklumpen wie du.«
Helle Empörung stand in Lusas Augen, und Toklo befürchtete schon, sie würde sich im nächsten Moment auf den großen Eisbären stürzen.
»Wir haben euch sehr wohl gerettet, Dummkopf!«, fauchte er. »Wir haben euch beigebracht, wie man Moschusochsen jagt. Und wir haben die Robben an einen Ort gebracht, wo das Meer sauber ist.«
Unalaq stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Den Robben ging’s gut, wo sie waren«, erwiderte er, während er Toklo noch dichter auf den Pelz rückte und ihm jetzt tatsächlich die Schnauze ins Gesicht stieß. » Ich habe sie gefressen und bin nicht krank geworden. Wenn schwache Bären daran sterben, ist das ihr Problem.«
Toklo wich noch ein paar Schritte weiter zurück und Unalaq ging ihm nach. Richtig so, dachte Toklo. Folge mir nur, weg von Kallik und ihrem Jungen.
»Wow, da sieht man aber, wie viel dir an deinen Freunden liegt«, rief Toklo dem Eisbären spöttisch zu. »Warst bestimmt untröstlich, als Sura gestorben ist.«
»Sura hat immer nur rumgejammert«, gab Unalaq zurück. »Bauchweh. Nicht genug Schnee. Zu viel Schnee. Und dann noch ihr elendes Balg. Geschieht ihnen nur recht, dass sie gestorben sind, wenn sie sich nicht mal selbst mit Beute versorgen konnten.«
Weiter zurückweichend, fühlte Toklo plötzlich einen Felsen im Rücken. Oje! Ich wollte mich nicht in eine Falle manövrieren! Ihm war bewusst, dass er wesentlich kleiner war als der voll ausgewachsene, stämmige Unalaq und nach seiner langen Wanderung übers Eis auch dünner. Er spannte die Muskeln an, um im geeigneten Moment zur Seite auszuweichen und das Weite zu suchen. Er wusste, dass ein Kampf mit Unalaq die Probleme nur verschärfen würde. Und wenn er mir nachjagt, kann Kallik inzwischen mit Kissimi entkommen.
Bevor Toklo jedoch seinen Plan umsetzen konnte, reckte Unalaq ein weiteres Mal die Nase in die Luft. »Ich bin mir sicher, dass ich ein Junges wittere«, erklärte er. Seine Augen verengten sich, während sein Blick über die Neuankömmlinge strich. »Vielleicht ist Suras Junges gar nicht gestorben? Vielleicht wisst ihr etwas, das ich nicht weiß?«
Toklo sah, wie Kalliks Augen sich vor Schreck weiteten, und ihm war klar, dass Unalaq das Junge jeden Moment entdecken konnte. Das durfte nicht geschehen!
Mit einem Brüllen warf sich Toklo auf Unalaq, schlug seine Krallen in die Schultern des Eisbären und zog sie über seinen Rücken. Unalaq heulte auf, vor Schmerz und Wut zugleich. Er stieß Toklo rückwärts gegen den Felsen und verpasste ihm mit seiner gewaltigen Tatze einen Schlag gegen den Kopf.
»Dir werd ich’s zeigen, dich hier einzumischen«, knurrte er.
Ein stechender Schmerz durchfuhr Toklo und für einen Moment sah er nichts als Dunkelheit. Blinzelnd erblickte er dann Unalaqs weit aufgerissenes Maul, das drauf und dran war, sich um seinen Hals zu schließen.
Toklo senkte den Kopf, um ihn mit voller Wucht gegen Unalaqs Brust zu stoßen. Er hörte das Keuchen des Eisbären und streckte die Vorderbeine vor, um seine Krallen in das Fleisch seines Widersachers zu stoßen.
»Verzieh dich!«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen.
Unalaq wich ein Stück zurück, sodass Toklo sehen konnte, wie Ujurak und Lusa sich näherten, bereit, in den Kampf einzugreifen. »Bleibt weg!«, knurrte er, wohl wissend, dass Unalaq viel zu stark für die beiden war. »Ich werde schon mit diesem Fellhaufen hier fertig.«
Mit einem wütenden Fauchen schlug Unalaq Toklos Tatzen weg und schleuderte ihn zurück gegen den Felsen, dass ihm die Luft wegblieb. Als er benommen aufblickte, sah Toklo, dass Kallik im Schnee am Flussufer grub. Gleich darauf brachte sie Kissimi zum Vorschein und trat, das Junge im Maul, die Flucht an.
Unalaq richtete
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