Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)
dich? Sie hat mal gegenüber im Reisebüro gearbeitet, sich dann selbstständig gemacht und soll jetzt ganz erfolgreich damit sein. Das könntest du doch mal versuchen. Soll ich vielleicht gleich einen Termin ausmachen? Du, Abayomi hat hervorragende Referenzen, sie kommt aus Südafrika und ...«
»Nein, lass mal«, stoppe ich Yasemins Begeisterung. »Voodoo ist eigentlich nichts für mich. Aber du kannst dich ja trotzdem mal erkundigen, wie schnell so ein Zauber wirkt. Und vor allem, was der Spaß kostet.«
»Ich hab damals schlappe hundertfünfzig bezahlt.«
Ich schlucke. »Du hast Voodoo gemacht? Ehrlich? Weshalb denn das? Damit deine U-Bahn endlich pünktlich fährt?«
Yasemin schüttet sich aus vor Lachen. »Das wäre bestimmt um einiges teurer gewesen. Nein, natürlich eine Beziehungskiste. Wenn du es genau wissen willst, mit Daniel. War leider schlecht angelegtes Geld. Aber wer konnte das schon wissen ...«
Ich hab’s gewusst!, könnte ich sie jetzt unterbrechen, und ich habe es ihr auch oft genug gesagt. Aber sie wollte mir nicht glauben, nicht einmal, als Daniel mit einer anderen im Urlaub war, während sie seine Wohnung hütete, seine Fische fütterte und versehentlich seine Kakteen ertränkte. Zum ersten Mal überhaupt hatten Yasemin und ich uns gestritten, und es dauerte drei Tage, bis sie wieder bei mir auftauchte, Tränen in den Augen, in der einen Hand eine Flasche Sekt und in der anderen ein Messer, um an Daniels Sportwagen die Reifen zu zerstechen.
»Vielleicht ist Daniel nicht gerade das beste Beispiel für erfolgreiches Voodoo«, gibt sie zu, als nun ich hartnäckig schweige. »Aber am Anfang hatte ich ziemlich viel Spaß mit dem Typen. Das zumindest war die hundertfünfzig schon wert. Ich kann mir übrigens nicht vorstellen, dass es bei Rudolf teurer wird. Warte einen Moment, ich schau mal nach.«
Sie schimpft leise vor sich, ich vermute, dass sie im Durcheinander auf ihrem Schreibtisch wieder mal nichts findet, aber dann schreit sie begeistert: »Ich wusste doch, ich hab diesen Flyer aufbewahrt! Also, hör zu, hier steht was von
Partnerzusammenführung nach einer Krise
... Kostet aber leider fünfhundert Euro. Dann gibt es da noch das Paket für zuhause, Voodoo zum Selbermachen, wenn ich das richtig verstehe. Scheint wesentlich günstiger zu sein. Momentchen, ich rechne es dir mal aus und ...«
»Vergiss es!«, falle ich ihr ins Wort. »Bei mir klappt nichts mit Selbermachen. Ich krieg ja nicht mal Marmelade hin.« Von Hefeteig ganz zu schweigen, füge ich in Gedanken hinzu.
»Man kann alles lernen«, belehrt Yasemin mich. »Aber natürlich kannst du es auch auf die herkömmliche Art versuchen. Mach Rudolf eine gewaltige Szene, heul ein bisschen rum. Denk aber dran, wasserfeste Mascara ist dafür ein absolutes Must. Rotgeheulte Augen mit verschmierter Wimperntusche gehen auf gar keinen Fall. Oder du machst ihn eifersüchtig, das wirkt immer. Aber bei allem, was du tust, vergiss nicht, dass ...«
Dummerweise erfahre ich dann doch nicht mehr, was ich keinesfalls vergessen soll. Eine energische Stimme ruft im Hintergrund: »Jetzt aber an die Arbeit, meine Liebe, da sind wir!«, und Yasemin legt sofort auf. Mara scheint wieder im Land zu sein, hoffentlich mit dem dicken Fisch im Schlepptau. Meine Freundin kann beruhigt sein. Zumindest für heute existiert unsere Firma noch.
Kurze Zeit später bekomme ich eine SMS:
Musste auflegen, der Drachen ist aufgetaucht. Mit Fisch! Was ich dir noch sagen wollte: In Berlin gibt es genauso viele nette und gutaussehende Männer deiner Altersklasse wie angenehme, gutbezahlte Jobs und verständnisvolle Chefinnen – auf gut Deutsch: NULL!
Drei Smileys runden diese sehr ermutigende Botschaft ab, wobei ich vermute, dass Yasemin die falschen Tasten getroffen hat, denn es ist eher zum Heulen. Und es tröstet mich auch nur wenig, als eine halbe Stunde später ihre nächste SMS kommt:
Der Fisch hat unterschrieben. Wir gehen feiern!
Gerade kippe ich den inzwischen kalt gewordenen Kaffee in den Ausguss, da klingelt Rudolfs Handy. Ramón oder Moni? Ich tippe stark auf Moni – und habe natürlich recht.
»Halllöööleee!«, jubelt sie, schaltet dann aber sofort um, als sie merkt, dass ich am Telefon bin. Von Schwäbisch vor Schreck kein Ton mehr, stelle ich verblüfft fest, als sie sagt: »Ich wollte bloß hören, ob der Zopf gut angekommen ist. Und ob er geschmeckt hat.«
»Ist gut angekommen und hat gut geschmeckt. Zumindest mir.« Hier lege ich eine
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