Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)
mitgekriegt, warum Elke nach Australien ausgewandert und wer der Vater von Danielas Zwillingen ist – oder umgekehrt). Aber als der Name Moni fällt, bin ich plötzlich wieder hellwach.
»Mit dr Moni isch des scho so a Sach«, meint Conny bedeutsam. »Mir hend au immer denkt, dass sie dr Uli heiratet, aber des isch dann ja doch ausanandergange. Bloß mir hend nie rauskriegt, worum. Do kannsch frage, bis dir d’ Lapp raushängt.« Sie prostet mir zu. »Dann hot d’ Moni eba den Ritchie genommen und ...«
»Den Ritchie Schneider?«, unterbreche ich sie. »Der wollte nach dem Abi doch unbedingt einen Bauernhof kaufen. Entschuldige mal, aber Moni und Ritchie , das ist wie ... wie die Faust aufs Auge.«
»Es isch au danebegange, d’ Moni auf ma Hof, des isch an Witz! I glaub, die isch mit Highheels zum Melke marschiert. Dr Ritchie hat sie nausgschmisse, und etzt sucht sie wieder oin. Am liebschta an Millionär, weil dr Ritchie doch nix zahlt. Abr etzt erzähl du amol von dir. Was machsch du denn überhaupt? I han ghört, dass du in Berlin bisch.«
»Da gibt’s nicht viel zu sagen«, wehre ich ab, und weil inzwischen bei uns dreien eine allgemeine Ermattung eingetreten ist, gibt Conny sich damit zufrieden. Regina sowieso; sie sitzt mit geschlossenen Augen da, summt leise vor sich hin. Jetzt fällt mir ein, dass sie schon immer etwas sonderbar war.
Ich sitze strategisch so günstig, dass jeder, der von der Hauptstraße zum Schloss will, an mir vorbeimuss. Von Rudolf und Moni ist weit und breit immer noch nichts zu sehen, was mir aber auch ganz recht ist. Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl, dass ich im Moment nicht in allerbester Verfassung bin. Mit den Synapsen in meinem Kopf scheint irgendetwas nicht ganz in Ordnung zu sein.
»Dr Uli kann jeden Dag a Kerz azünde, dass er domols der Moni grad no entkomme isch.« Conny reißt die Augen auf. »Des hett bschdimmt a Oglück gäbe. Der arme Kerle.«
»Der arme Kerle«, echot Regina.
Jetzt kann ich es mir einfach nicht mehr verkneifen: »Was macht er eigentlich so?«
Vermutlich habe ich die Frage zu betont desinteressiert gestellt, denn Conny antwortet nicht. Stattdessen ist sie aufgestanden, blickt sich suchend um, schirmt dabei die Augen mit der Hand gegen die grelle Sonne ab. Als sie sich wieder setzt, lacht sie.
»Ha, frog ihn doch selber, dahinte sitzt er doch«, und ehe ich irgendetwas erwidern kann, ist sie schon wieder aufgesprungen und brüllt über die Bänke hinweg: »Uli, komm amol her zu uns! Doro isch do und will wisse, was du so machsch!«
Mein Fluchtversuch scheitert an Reginas Handtasche, die sie höchst fahrlässig auf den Boden gestellt hat. Ich bleibe mit dem Fuß im Schulterriemen hängen und stolpere ... direkt in Ulis Arme.
»Hoppla«, sagt er. »Alles im Lot bei dir?«
»Mhm«, mache ich mit geschlossenem Mund.
Mein Gott, ich habe garantiert eine mordsmäßige Fahne, denke ich, aber dann ist mir auf einmal alles so was von egal, und Uli hält mich immer noch fest und sieht mich an mit diesem Blick, dass mir schon wieder ganz heiß und kalt wird, und am liebsten möchte ich meine Augen schließen und meinen Kopf an seine Schulter legen und ...
»Gut, dass i di no entdeckt hab!«, kreischt Conny neben mir begeistert. »Du hasch verhindert, dass die Doro sich de Fuaß bricht. Koi Wundr bei denne Schua, dia sind zwar schee, aber au ganz schee gfährlich. Uli, sag, magsch di it zu uns setze? Dann schwätze mir a bitzle. Mi tät’s nämlich au interessiere, was bei dir so goht.«
»Mi au«, murmelt Regina, immer noch mit geschlossenen Augen.
Ich versuche mich vorsichtig von Uli zu lösen, was aber völlig aussichtslos ist, denn er lässt mich einfach nicht mehr los.
»Ich bring dich heim«, sagt er ruhig.
»Oh, des isch jetzt aber scho arg schad.« Conny hebt ihr Glas, prostet uns zu, dreht sich zu Regina: »Aber du bleibsch no do. So jung kommet mir nimmer zsamme.«
Meine Verabschiedung besteht darin, dass ich den beiden zuwinke, mit der linken Hand, die rechte hält Uli fest.
»Dorle, was machst du denn auch für Sachen«, sagt er und grinst dabei. Er legt den Arm um meine Schultern und schiebt mich durch die Reihen, bis wir das schlimmste Gedränge hinter uns gelassen haben; erst dann lässt er mich los.
»Ich will bloß heim«, murmle ich mit Anstrengung. »Kommst du mit?«
Er antwortet nicht. Schweigend gehen wir den Weg, den wir früher nach der Schule immer genommen haben, unseren Umweg durch den Stadtpark, weil wir so zehn
Weitere Kostenlose Bücher