Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)
Frau Lina (verkörpert von Helga Blumer, die in diesem Jahr die silberne Ehrenmedaille für fünfzehn Jahre Mitgliedschaft in der Laienspielgruppe erhielt), die besonders in der Schlussszene mit dem Nachbarn (Wolfgang Schütterle) zur Höchstform auflief. Das gilt auch für Renate Schmidtlein-Schütterle, die in diesem Jahr zum ersten Mal auf der Bühne stand und ihr anfängliches Lampenfieber souverän meisterte. In weiteren Rollen brillierten Alfons und Josef Bäuerle, die als komisches Brüderpaar so manchen Szenenapplaus verbuchen konnten. Verstärkt wurde die hervorragende schauspielerische Leistung durch das Bühnenbild, das vom Architekturbüro
Uli Röckler Architektur und Design
mit sehr viel Liebe zum Detail angefertigt wurde. Weiter gehören dem Team an: Saskia Baldauf als Souffleuse, Angelika Henriss zeichnet für die Kostüme verantwortlich, Rüdiger Schächtle als ...
Ich stocke. »Soll ich weiterlesen? Ich hab ja nicht gewusst, dass ihr alle Theater spielt.«
»Dich in deim Berlin hätt des doch gar it intressiert«, sagt Renate spitz. »I mach etzt no amol an Kaffee. Ihr wellet beschtimmt au oin.«
Frieda schüttelt den Kopf, als ich etwas sagen will. »Lass mich zuerst weitererzählen, bitte. Vielleicht habe ich mir anfangs alles zu einfach vorgestellt. Man könnte mir natürlich auch vorwerfen, dass ich Theater und Wirklichkeit verwechselt habe. Aber bei allem ging es nur um dich und Uli und ...«
»Du kannsch ruhig zugäba, dass der scho so was wie ein Ziehsohn für dich isch«, wirft Renate ein. »Moinsch im Ernscht, dass dr Wolfgang und i des it merket? Wahrscheinlich schtoht er scho in deim Teschtament.«
»Jetzt hör endlich auf damit!«, schimpft Wolfgang. Genervt steht er auf. »So weit ist jetzt alles klar, ich glaube, wir können uns verabschieden. Wir werden nämlich tatsächlich noch ein paar Tage in Urlaub fahren. Dieses Mal aber richtig. Macht’s gut, du vor allem, Doro.«
Bei diesen Worten wuschelt er mir durchs Haar. Ich weiß, es ist liebevoll gemeint. Renate mault noch ein bisschen, sie wolle erst noch einen Kaffee trinken, der sei doch gleich fertig. Aber Wolfgang bleibt unerbittlich. »Nein. Wir verschwinden jetzt.«
»Könnte mir jetzt endlich jemand erklären, was hier gespielt wird!«, rufe ich.
»Bei allem ging’s, wie gesagt, nur um dich und Uli«, nimmt Frieda den Faden und auch ihren Spaziergang wieder auf, nachdem die beiden gegangen sind. »Von deinen unglücklichen Liebschaften, liebe Dorothea, habe ich ja so einiges mitgekriegt. Ich erinnere nur an Michael, an Oliver, und wie hieß dieser Rechtsverdreher aus Bielefeld nochmal?«
»Mein Liebesleben ist jetzt aber ganz bestimmt nicht das Thema!«, entgegne ich empört.
Ich merke, ich bin schon wieder völlig nüchtern. Und vor allem habe ich nicht die geringste Lust, womöglich noch über Uli zu reden. Denn dieses Kapitel ist für mich abgeschlossen. »Jetzt geht es nämlich ganz allein um das, was hier passiert ist. Zum Beispiel hätte ich gern eine Erklärung für das hier!« Triumphierend hole ich das Foto aus meiner Hosentasche und knalle es auf den Küchentisch.
»Oh«, macht Frieda, als sie sich setzt und das Foto anschaut. »Hut ab, das hätte ich euren Nachbarn nicht zugetraut, das ist ja eine ganz neue Qualität der Nachbarschaftsüberwachung. Stützles sind ...«
»Stützles sind mir jetzt so was von egal«, falle ich ihr ins Wort. »Also? Was war hier los?«
Fahrig schiebt Frieda ihre Kaffeetasse hin und her. »Von Uli wusste ich lange Zeit nur, dass er geschieden war.«
»Mich interessiert nicht im Geringsten, was mit Uli ist«, sage ich mit schneidender Stimme und tippe mit dem Zeigefinger auf das Foto. »Ich will endlich wissen, was ihr hier gemacht habt. Herr Stützle hat übrigens alle eure Treffen dokumentiert. Mit Fotos, Beweisfotos sozusagen.«
Frieda seufzt. »Bitte einen Moment Geduld; du wirst gleich alles erfahren. Aber dazu muss ich weiter ausholen. Wie gesagt, ich wusste also, dass Uli geschieden ist. Als ich ihn dann für meinen Hausumbau engagiert habe, hat er irgendwann erzählt, dass er ein paar Semester in Berlin studiert hat, und da war es doch naheliegend, das ich auch von dir gesprochen habe. Schon nach kurzer Zeit hat er sich mir anvertraut. Ich habe gleich gespürt, dass da etwas bei ihm ist, etwas, das es nur einmal im Leben gibt.« Sie macht eine effektvolle Pause und sieht mich erwartungsvoll an. Als ich nicht reagiere, meint sie: »Na ja, und plötzlich hatte ich das
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