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Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Titel: Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann
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manchmal den Eindruck gehabt, dass hier irgendwas nicht stimmt. Der Motorschaden zum Beispiel kam ein bisschen plötzlich.«
    Frieda verdreht die Augen. »Erinnere mich bitte nicht daran«, stöhnt sie. »Was meinst du, was es mich kostet, dass Herr Huber das Spiel mitgemacht hat? Das war nichts anderes als eiskalte Erpressung; ich musste ihm versprechen, dass er in meinem nächsten Stück die Hauptrolle bekommt. Wenn ich gewusst hätte, wie professionell du das Auto schrottest, hätte ich mir das sparen können. Na ja, ich werde auch Herrn Huber überleben. Mit untalentierten Schauspielern habe ich ja inzwischen einige Erfahrungen gesammelt.«
    Papa zieht grinsend den Kopf ein. »Ich fürchte, unsere liebe Frieda denkt dabei auch an mich. Zugegeben, in dieser Rolle war ich hundsmiserabel. Etwas mehr Aktion hätte mir besser gefallen. Ich bin ja schließlich noch im besten Alter.«
    »Ach, da fällt mir ein: Wer ist eigentlich Gisela?, frage ich neugierig.
    »Gisela? Keine Ahnung. War aber sehr wirkungsvoll, wie ich an deinem Gesicht erkannt habe.«
    »Ja, sehr wirkungsvoll«, seufze ich und stehe auf. »Danke, dass ihr mich zum Abschluss so nett über alles aufgeklärt habt. Frieda, vielleicht kannst du das Drehbuch ja für die nächste Aufführung verwenden? Dann war es wenigstens nicht umsonst, und Herr Huber könnte die Rolle von Herrn Huber übernehmen. Und ich verabschiede mich schon mal. Ich geh hoch und packe. Mein Zug fährt nämlich morgen schon sehr früh.«
    »Du kannst jetzt auf gar keinen Fall fahren!«, ruft Frieda entsetzt. »Mein Drehbuch ist doch noch nicht zu Ende.«
    »Danke, kein Bedarf«, erwidere ich müde. »Ehrlich gesagt, Frieda, mir reicht es jetzt.«
    »Aber ich sagte doch eben, das Drehbuch ist noch nicht zu Ende. Uli ...«
    »Du meinst, ich sollte auch seine schauspielerische Qualität beurteilen?«, unterbreche ich sie. »Es wird dich freuen, ich kann ihm eine glatte Eins geben, er war so was von überzeugend. Zumindest so lange, bis Moni sein wunderschönes Lügengebäude zum Einsturz gebracht hat. Nein, Frieda, sag nichts, jetzt bin ich dran! Wenn ihr es unbedingt wissen wollt: Ja, ich war kurz davor, mich wieder in Uli zu verlieben. Aber es hat nicht sollen sein. Und nun will ich nie mehr enttäuscht werden, versteht ihr das? Nie wieder! Ich ertrage es einfach nicht mehr. Habt ihr verstanden? Also bitte kein einziges Wort mehr!«
    »Du machst gerade einen kapitalen Fehler, meine Liebe,
den
Fehler deines Lebens. Uli ist der Einzige hier, der nicht Theater gespielt hat!«, ruft Frieda mir nach, als ich aus der Küche flüchte.

18. Kapitel
    Behutsam ziehe ich die Haustür hinter mir zu. In der Nacht scheint es geregnet zu haben, der Plattenweg ist noch feucht, und ich fröstle einen Moment in der morgendlichen Kühle. Leise maunzend kommt mir am Gartentor Jeanny entgegen und reibt ihren Kopf an meinen Beinen. Ihr nächtlicher Ausflug scheint zu Ende zu sein. Ich streichle sie ein letztes Mal, murmle: »Mach’s gut und pass mir auf Papa auf.«
    Als ich mich noch einmal umwende, einen kurzen Blick zurückwerfe, glaube ich, ihn oben am Fenster zu sehen. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Wir haben uns schon gestern Abend voneinander verabschiedet; lange sind wir noch draußen gesessen, haben miteinander geredet wie seit Jahren nicht mehr. Und dann fiel von Papa der Satz, der alles erklärte.
    »Du weißt, Frieda und ich haben deiner Mutter vor ihrem Tod versprochen, dass wir alles tun, damit du glücklich wirst. Sie hat sich doch ihr Leben lang Sorgen um dich gemacht.«
    »Aber ich bin erwachsen, Papa. Ich muss selbst für mein Glück sorgen.«
    Ja, das muss ich, denke ich. Und zwar schleunigst! Gleich heute Nachmittag, wenn ich wieder in Berlin bin, fange ich damit an.
    Die einzigen Geräusche in der menschenleeren Straße sind das Stakkato meiner neuen Peep-Toe-Pumps und das Schleifen des immer noch kaputten Rollkoffers, den ich mühsam hinter mir herziehe. Ein Taxi wäre jetzt nicht schlecht, vor allem, weil ich gewaltig zu schleppen habe, mein Rucksack drückte schon nach wenigen Metern, und die Reisetasche ist schwerer als gedacht. Aber Konstantinos hat mich leider versetzt. Ich hätte es wissen können, denn er klang gestern Abend am Telefon schon so ungewohnt reserviert; vermutlich hat Rudolf nicht ohne Gegenwehr das Geld herausgerückt.
    Von der Pfarrkirche schlägt es halb sechs, und ich weiß, ich muss dringend noch einen Zahn zulegen. Meine Erfahrung sagt mir

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