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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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Turm noch nie betreten, seit er erbaut wurde.«
    »Was war in Jerusalem?« Ich tastete nach der Stelle, an der sonst Matthews silberner Sarg hing.
    »Meine Geliebte, ich muss mir deinen Rücken ansehen.«
    »Okay«, hauchte ich benebelt. Mein Geist machte sich auf die Suche nach einem Apfelbaum und der Stimme meiner Mutter.
    »Leg dich für mich auf den Bauch.«

    Noch allzu deutlich spürte ich an Brust und Beinen die kalten Steine der Burg, wo Satu mich an den Boden gezwungen hatte. »Nein, Matthew. Du glaubst, dass ich etwas vor dir geheimhalte, aber ich weiß nichts über meine Magie. Satu sagte …«
    Matthew fluchte. »Hier ist keine Hexe, und deine Magie interessiert mich im Augenblick nicht.« Seine kalte Hand hielt meine kraftvoll und beschützend. »Beug dich einfach nach vorn über meine Hand. Ich halte dich.«
    Auf seinem Schenkel sitzend, beugte ich mich vor und ließ meine Brust auf unseren verschränkten Händen ruhen. Dadurch dehnte sich die Haut auf meinem Rücken höllisch, trotzdem war das immer noch besser als die Alternative. Ich spürte, wie Matthew erstarrte.
    »Deine Fleecejacke klebt an deiner Haut. So kann ich kaum etwas erkennen. Wir werden dich doch in die Badewanne stecken müssen, damit wir sie abziehen können. Kannst du Wasser einlassen, Ysabeau?«
    Seine Mutter verschwand ohne ein weiteres Wort, und gleich darauf war das Rauschen des Wassers zu hören.
    »Nicht zu heiß«, rief er ihr leise hinterher.
    »Was war damals in Jerusalem?«, fragte ich wieder.
    »Später«, sagte er und richtete mich behutsam wieder auf.
    »Wir sollten keine Geheimnisse mehr voreinander haben, Matthew. Erzähl es ihr, und mach schnell.« Ysabeaus Stimme drang scharf aus der Badezimmertür. »Sie ist deine Frau und hat ein Recht, es zu erfahren.«
    »Es muss etwas Schreckliches gewesen sein, sonst hättest du nicht den Lazarussarg getragen.« Ich drückte leicht auf die Stelle über seinem Herzen.
    Matthew sah mich kurz verzweifelt an, dann erzählte er mir die Geschichte. Sie brach in kurzen Stakkatosätzen aus ihm heraus. »In Jerusalem habe ich eine Frau getötet. Sie stand zwischen Baldwin und mir. Es gab ein großes Blutvergießen. Ich habe sie geliebt, und sie …«
    Er hatte noch jemanden getötet, aber einen Menschen, keine Hexe. Ich legte einen Finger auf seine Lippen und brachte ihn zum Schweigen. »Das reicht vorerst. Und es ist schon so lange her.« Ich hatte wieder
zu zittern begonnen und hätte keine weiteren Enthüllungen ertragen.
    Matthew hob meine linke Hand an seine Lippen und drückte einen festen Kuss auf meine Fingerknöchel. Seine Augen verrieten mir, was er nicht aussprechen konnte. Schließlich gab er meine Hand wieder frei und sagte: »Wenn du dich wegen Baldwin sorgst, machen wir es anders. Wir können das Fleece mit Kompressen durchtränken, bis es sich löst, oder du könntest duschen.«
    Wenn ich nur daran dachte, dass Wasser auf meinen Rücken prasseln oder dass jemand Kompressen darauf drücken könnte, riskierte ich lieber, dass Baldwin durstig werden könnte. »Ich würde lieber baden.«
    Matthew senkte mich voll bekleidet und mitsamt meinen Laufschuhen in das lauwarme Wasser. Aufrecht in der Wanne sitzend, damit mein Rücken das Email nicht berührte, begann ich, während das Wasser langsam das Fleece durchweichte, ganz bewusst loszulassen, bis sich meine unter Wasser tanzenden und zuckenden Beine beruhigten. Jedem Muskel und jeder Nervenfaser musste ich einzeln befehlen, sich zu entspannen, und einige davon verweigerten hartnäckig den Gehorsam.
    Während ich einweichte, verarztete Matthew mein Gesicht und betastete behutsam meinen Wangenknochen. Bekümmert sah er mich an und rief leise nach Marthe. Sie erschien mit einem großen schwarzen Arztkoffer in der Hand. Matthew holte eine kleine Taschenlampe heraus und leuchtete mir, die Lippen fest zusammengepresst, prüfend in die Augen.
    »Ich bin mit dem Gesicht auf den Boden geschlagen.« Ich zuckte zusammen. »Ist etwas gebrochen?«
    »Ich glaube nicht, mon cœur, das sind wohl nur schwere Blutergüsse.«
    Marthe riss ein Päckchen auf, und eine Alkoholschwade umwehte meine Nase. Als Matthew das Verbandspäckchen auf die klebrige Stelle an meiner Wange hielt, krallte ich mich am Wannenrand fest, Tränen schossen in meine Augen. Als er das Pad wieder wegnahm, war es hellrot verfärbt.

    »Ich habe mich an einem Stein aufgeschnitten.« Ich sagte das möglichst sachlich, um die Erinnerungen an Satu zu verdrängen, die mit

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