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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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Fleisch. Schließlich kam meine Energie bebend in seiner hohlen Hand zu liegen.
    »Was ist das?«, fragte er und vergaß über der flirrenden Masse in seiner Hand seinen Jagdtrieb.
    »Das bin ich«, sagte ich nur. Matthew sah mich wie hypnotisiert an; seine Pupillen verschlangen die graugrüne Iris in einem tiefen schwarzen Loch. »Du wirst mir nicht wehtun. Ich werde dir auch nicht wehtun.«
    Der Vampir wog meinen Mikrokosmos sorgsam in der Hand, um keinesfalls einen Tropfen zu verschütten.
    »Ich weiß immer noch nicht, wie ich mich wehren soll«, sagte ich traurig. »Ich kann nur wegfliegen.«
    »Das ist die wichtigste Lektion für jeden Krieger, Hexe.« Matthews Mund verwandelte das, was unter Vampiren eine Beleidigung war, in ein Kosewort. »Du musst lernen, deine Schlachten auszuwählen, und jene meiden, die du nicht gewinnen kannst, um sie ein andermal zu schlagen.«
    »Fürchtest du dich vor mir?«, fragte ich. Ich schwebte immer noch.
    »Nein«, sagte er.
    Mein drittes Auge kitzelte. Er sagte die Wahrheit. »Obwohl ich das in mir habe?« Mein Blick zuckte zu der glühenden, zappelnden Masse in seiner Hand.
    Matthews Miene blieb wachsam und distanziert. »Ich bin schon öfter mächtigen Hexen begegnet. Allerdings wissen wir immer noch nicht, was alles in dir steckt. Das werden wir herausfinden müssen.«

    »Dabei wollte ich das nie wissen.«
    »Warum, Diana? Warum solltest du diese Gaben nicht haben wollen?«
    »Angst? Verlangen?«, sagte ich leise und legte die Fingerspitzen an seine Wange, von Neuem erschrocken, wie mächtig meine Liebe zu ihm war. Mir fiel wieder ein, was sein Dämonenfreund Bruno im sechzehnten Jahrhundert geschrieben hatte. »Das Verlangen treibt mich, dieweil die Angst mich zügelt. Erklärt das nicht alles, was auf der Welt passiert?«
    »Alles außer dir«, erwiderte er mit belegter Stimme. »Für dich gibt es keine Begründung.«
    Meine Zehen berührten den Boden, ich nahm die Finger von seiner Wange und öffnete langsam meine Hand. Meinem Körper war die geschmeidige Bewegung vertraut, nur mein Geist registrierte sofort, wie eigentümlich sie war. Das Stück meiner selbst, das ich Matthew gegeben hatte, sprang von seiner Hand in meine. Meine Finger schlossen sich darum, und gleich darauf hatte ich die Energie wieder absorbiert. Ich spürte die Kraft einer Hexe kitzeln und erkannte, dass es meine eigene war. Aus lauter Angst vor der, in die ich mich verwandelte, ließ ich den Kopf hängen.
    Matthews Fingerspitzen öffneten meinen Vorhang aus Haar. »Vor dieser Magie kannst du dich nicht verstecken  – weder hinter deiner Wissenschaft, noch durch Willenskraft oder reine Konzentration. Sie wird dich immer finden. Und vor mir kannst du dich auch nicht verstecken.«
    »Genau das hat meine Mutter unten im Verlies gesagt. Sie wusste über uns Bescheid.« Aus nackter Angst vor der Erinnerung an La Pierre schloss sich mein geistiges Auge. Mich schauderte, und Matthew zog mich an seine Brust. In seinen kalten Armen war es zwar nicht wärmer, aber ich fühlte mich viel sicherer.
    »Vielleicht hat ihnen das Wissen, dass du nicht allein bleiben würdest, den Weg erleichtert«, meinte Matthew leise. Seine Lippen waren kühl und fest, und meine öffneten sich wie von selbst, weil ich ihn noch intensiver spüren wollte. Er barg sein Gesicht in meinem Nacken, und ich
hörte, wie er meinen Duft einatmete. Dann löste er sich widerstrebend, strich mein Haar zurück und zog den Parka schützend um mich.
    »Wirst du mich im Kampf ausbilden wie einen deiner Ritter?«
    Matthews Hände kamen zur Ruhe. »Die wussten schon lange bevor sie zu mir kamen, wie sie sich verteidigen müssen. Natürlich habe ich Krieger ausgebildet  – Menschen, Vampire, Dämonen. Sogar Marcus, und der war weiß Gott ein hartes Stück Arbeit. Aber noch nie eine Hexe.«
    »Gehen wir heim.« Mein Knöchel pochte immer noch, und ich fiel vor Müdigkeit beinahe um. Nach ein paar zögerlichen Schritten hob Matthew mich wie ein Kind auf seinen Rücken und brachte mich huckepack durch die Dämmerung nach Hause, während ich mich mit beiden Händen an seinem Hals festhielt. »Danke noch mal, dass du mich gefunden hast«, flüsterte ich, als unser Haus in Sicht kam. Er wusste, dass ich diesmal nicht von La Pierre sprach.
    »Ich hatte schon lange aufgehört zu suchen. Aber dann sah ich dich an Mabon in der Bodleian Library sitzen. Eine Historikerin. Und noch dazu eine Hexe.« Matthew schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Das macht es

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